Natur Krefelds Fichten sterben

Krefeld · Ein extremes Wetter-Jahr hat dem Wald zu schaffen gemacht. In den kommenden Wochen wird gefällt.

Stadtförster Jens Poschmann markiert die Bäume, die in den kommenden Wochen gefällt werden müssen.

Stadtförster Jens Poschmann markiert die Bäume, die in den kommenden Wochen gefällt werden müssen.

Foto: NN

Ein kritischer Blick, dann nimmt Jens Poschmann die Kappe seiner roten Sprühdose ab. Unter leisem Zischen markiert der Stadtförster die Fichten von mehreren Seiten. Sie müssen fallen. Die roten Striche signalisieren den Mitarbeitern der Abteilung Forst im Kommunalbetrieb Krefeld (KBK), dass an diesem Baum die Säge angesetzt werden muss. Es sind dutzende im gesamten Stadtgebiet, die in den kommenden Wochen fallen werden. „Ich gehe davon aus, dass es noch zwei bis drei Jahre dauert, dann gibt es in Krefeld keine Fichten mehr“, sagt Poschmann.

Der 34-Jährige ist seit Anfang August im Amt. Vorgänger Arno Schönfeld-Simon war im Frühjahr in Rente gegangen. Kurz nachdem Orkantief „Friederike“ zu Beginn des Jahres in Deutschland für Verwüstungen gesorgt hatte. „Rund 600 Festmeter Holz sind damals in Krefelds Wäldern gefallen“, sagt Poschmann. Ein Festmeter, das entspricht rund einem Kubikmeter fester Holzmasse. Zum Vergleich: Laut Wirtschaftsplan sind für das Jahr 2018 zum Verkauf rund 2300 Festmeter Holz vorgesehen gewesen. „Das Sturmholz zieht die Preise runter“, erklärt der Stadtförster. 20 bis 30 Euro weniger würde für Schnittholz derzeit in Folge der Wetterkapriolen aus dem Frühjahr gezahlt.

Besorgniserregender sei laut Poschmann aber die Tatsache, dass es immer noch nicht in ausreichendem Maße geregnet habe. „Fehlt das Wasser, sind die Bäume viel anfälliger für andere Probleme.“ Besonders betroffen seien die Nadelbäume, die als Flachwurzler mit der Absenkung des Grundwasserspiegels zu kämpfen hätten. Ist die Wasserversorung unterbrochen, droht der Baum im schlimmsten Fall zu vertrocknen. Einmal geschwächt, sind die Bäume ein leichtes Ziel für Schädlinge wie den Borkenkäfer.

Hunderttausende Borkenkäfer befallen die Bäume

Kupferstecher und Buchdrucker heißen die für Fichten problematischen Arten. Tausende Tiere sitzen in den Rinden der Nadelbäume im Stadtwald. Die meisten der Bäume sind von Poschmann bereits markiert worden. „Besonders gut zu erkennen ist der Verfall daran, dass die Bäume kaum noch grüne Nadeln haben.“ Hinzu kommen von Gräben durchzogene Baumrinden. Die befallenen Fichten sehen regelrecht gelöchert aus. Ein weiblicher Borkenkäfer hat etwa 60 Nachkommen pro Generation. Ein Weibchen kann bei drei Generationen pro Jahr rein rechnerisch also weit über 100 000 Nachfahren in einem Jahr produzieren. Rund 200 Käfer würden laut Poschmann schon ausreichen, um eine Fichte innerhalb weniger Wochen zum Absterben zu bringen. Zwei Millionen Bäume in NRW sollen von der Käferplage betroffen sein. Der Landesbetrieb Wald und Holz spricht von einer besonderen Bedrohung der Fichten.

In Krefeld gibt es derzeit auf einer Fläche von zwei bis drei Hektar noch rund 80 bis 100 Fichten schätzt der Stadtförster. Die ersten von ihnen werden in den kommenden zwei Wochen fallen. Nachpflanzungen sind längst getätigt worden. So wachsen im Fichtenbereich im Stadtwald – unweit des Kleingartenvereins Hüttenhof – Douglasien empor. „Fichten wird es hier nicht mehr geben“, ist sich Poschmann sicher.

Generell sei das Jahr 2018 für den Wald ein kompliziertes gewesen. „Für den Einstieg war das schon irre. Der Klimwandel macht den Wäldern zu schaffen“, sagt der 34-Jährige. Doch nicht nur das Wetter birgt Gefahren für die hiesigen Bäume. Eschen, Rosskastanien und Plantanen hätten mit Pilzbefall zu kämpfen. Der Bergahorn in Krefeld ist von der Rußrindenkrankheit befallen.

Ab November
wird nachgepflanzt

Ab November wird im gesamten Stadtgebiet nachgepflanzt. „Ich orientiere mich dabei an den Empfehlungen des Landesbetriebs“, sagt Poschmann. Die Mischung würde die Qualität und Lebensfähigkeit eines Waldes ausmachen. Möglicherweise sei aber auch das ein oder andere Experiment erlaubt. Speziell der Stadtwald sei ein gutes Beispiel dafür, welche Vorteile artenreiche Wälder bieten könnten. „Hier wurde ja viel probiert.“ Fichten wird es dort bald keine mehr geben. Dafür sollen zukünftig Douglasien, Lärchen, Küstentannen und Co. als Nadelbäume im Stadtwald als Ersatz vermehrt vorzufinden sein. In der Hoffnung, dass die Baumarten von Pilz- und Schädlingsbefall verschont bleiben.

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