Operette Musik ist die heimliche Hauptdarstellerin

Krefeld · Mit einer behutsam modernisierten Neufassung hat Regisseur Carsten Süss das Stück „Die Faschingsfee“ entstaubt und einige Schwächen getilgt.

„Die Faschingsfee“ feierte am Samstag Premiere im Stadttheater.

„Die Faschingsfee“ feierte am Samstag Premiere im Stadttheater.

Foto: Matthias Stutte

In vier Wochen am 11.11. startet der Karneval. Mit der Premiere der Operette „Die Faschingsfee“ konnte man sich im Theater Krefeld bereits jetzt auf den Karnevalstrubel einstimmen. Während draußen noch sommerliche Temperaturen herrschten, fielen auf der Bühne Schneeflocken.

In einer im Keller gelegenen Künstlerkneipe herrscht buntes Faschingstreiben. Der Maler Victor Ronai (Mark Adler) feiert dort seinen Preis, den er bei einem Künstlerwettbewerb gewonnen hat. Er trifft auf die schöne und elegante Alexandra (Janet Bartolova), von der er sofort fasziniert ist. Auch sie findet schnell an ihm Gefallen, gibt aber ihre wahre Identität nicht preis. Sie bezeichnet sich als „Faschingsfee“ und verschwindet so geheimnisvoll, wie sie gekommen ist. Doch im Atelier des Malers kommt es zu einer erneuten Begegnung, die in einer Liebesnacht endet. Erst am nächsten Morgen erfährt der Künstler, dass seine Geliebte, deren Namen er immer noch nicht weiß, mit einem honorigen Rittmeister verlobt ist. Nach einigen Konflikten und Missverständnissen entscheidet sich die Faschingsfee im letzten Akt für einen der beiden Männer.

Die Handlung dieser selten gespielten Operette von Emmerich Kálmán ist ganz auf den Standesunterschied des Liebespaares zugeschnitten. Mitten im Ersten Weltkrieg uraufgeführt, wirkte das Stück damals schon nicht mehr ganz zeitgemäß. Der Komponist konnte mit diesem Werk nicht an den Welterfolg seiner zwei Jahre zuvor entstandenen „Csárdásfürstin“ anknüpfen.

Zwischen Filmplakaten tummeln sich die Funkenmariechen

Mit einer behutsam modernisierten Neufassung hat Regisseur Carsten Süss das Stück entstaubt und einige Schwächen getilgt. Die „Faschingsfee“ spielt jetzt um 1950. Der Zweite Weltkrieg ist noch in den Köpfen präsent, die Menschen feiern ausgelassen und trotz der schlechten Zeiten mit viel Fantasie. Bereits im ersten Akt spiegelt sich das in der Ausstattung sehr schön wieder (Bühnenbild Siegfried E. Mayer, Kostüme Dietlind Konold).

Zwischen Filmplakaten mit Marilyn Monroe und Sophia Loren tummeln sich Funkenmariechen und viele andere kuriose Gestalten. Der Mäzen Dr. Lothar Mereditt (Juan Carlos Petruzziello), der Victor Ronai den Preis stiftet und Alexandra übel belästigt, ist jetzt ein Kulturminister nach dem Vorbild von Joseph Goebbels geworden. Die hier angesprochene Kritik an der Nachkriegszeit, in der viele Ämter immer noch mit entsprechend belastetem Personal besetzt waren, fügt sich gut ein, ohne aufgesetzt zu wirken. Etwas an der Grenze zum guten Geschmack ist Mereditts Tanznummer im letzten Akt. Allerdings wird sie von Petruzziello mit so viel dämonischem Charme dargeboten, dass der Unterhaltungswert überwiegt.

Die Kritik am Zeitgeist, die großen Gefühle des Liebespaares und der liebenswürdige Humor, der vor allem durch das lustige zweite Liebespaar (Gabriela Kuhn und Markus Heinrich) ins Spiel kommt, fügen sich zu einem Abend von kurzweiliger Unterhaltung zusammen. Wie sich Kuhn und Heinrich als ewig zankendes Paar die Bälle zuspielen und ihre Versöhnung am Ende in eine schwindelerregende Tanzszene münden lassen, zählt zu den Höhepunkten des Abends. Janet Bartolova überzeugt als charmante Faschingsfee Alexandra, deren tiefe Gefühle sie im letzten Moment doch noch die richtige Entscheidung treffen lassen. Als feinfühliger Künstler, der um seine Liebe kämpft, ist Mark Adler ein ebenbürtiger Partner. Eine feine Charakterstudie zeigt Michael Grosse als strenger Rittmeister von Grevlingen. In einem an „Dinner for one“ erinnerndem Ambiente findet seine Verlobungsfeier mit Alexandra statt. Ein Bild, das klar macht, was sie in dieser Ehe erwartet.

Heimliche Hauptdarstellerin des Abends ist aber die Musik, die mit ihren eingängigen Walzermelodien und temperamentvollen Csardasklängen eine Qualität zeigt, die hinter anderen Kálmán-Kompositionen nicht zurücksteht. Unter ihrem Kapellmeistermeister Diego Martin-Extebarria bringen die Niederrheinischen Sinfoniker diese Musik mit vielseitigem Tempo zum Funkeln. Stimmlich und darstellerisch bestens aufgelegt ist auch der Chor (Einstudierung Michael Preiser), der in den ersten beiden Akten quirlige Faschingslaune verbreitet. Das Publikum ließ sich im Lauf des Abends immer mehr von dieser Stimmung mitreißen und feierte das Ensemble mit viel Applaus.

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