Coronavirus Mann reist aus Schottland an, um Mutter zu besuchen - und wird von Heim abgewiesen

Wuppertal · Friedrich König reist aus Schottland an, will ans Sterbebett seiner dementen Mutter (86). Das Heim sagt: Der Patientin geht es gut.

Mann reist aus Schottland an, um Mutter zu besuchen - und wird von Heim abgewiesen
Foto: Schwartz, Anna (as)

Friedrich König sagt: „Das ist wahrscheinlich meine letzte Chance, mich von meiner Mutter zu verabschieden.“ Er sitzt am Mittwoch seit 10 Uhr morgens auf dem Schusterplatz vor dem Lutherstift. Das will ihm diese Chance nicht geben. Das verstoße gegen die Regeln zur Abwehr des Coronovirus.

Der 48-Jährige ist aus Schottland angereist, wo er seit 16 Jahren als Physiker arbeitet. Um das Ansteckungsrisiko zu minimieren, flog er nicht über London, sondern nach Amsterdam, nahm ein Mietauto, das er mit Desinfektionstüchern auswischte.

Nach der Nacht bei seiner Schwester fuhr er zum Lutherstift. Aber dort hieß es, er könne nicht zu seiner Mutter. Ihr gehe es besser, sie gelte „nicht mehr“ als Palliativ-Patientin. Und als jemand, der aus Großbritannien einreise, könne er erst Recht nicht ins Haus. Sozialdezernent Kühn widerspricht dieser Schilderung. Königs Mutter sei überhaupt nicht palliativ versorgt worden.

Von Schottland aufgemacht hatte sich König, nachdem seine Schwestern ihn über die Aussage des Hausarztes informierten, es könne mit der Mutter zu Ende gehen. Der Arzt habe erklärt, in diesem Fall könnten sie die Mutter besuchen. König sagt, der Arzt habe ihn am Telefon unterstützt in dem Wunsch, seine Mutter noch einmal zu sehen.

Laut Stadt ist es in Wuppertals Pflegeheimen üblich, dass es Angehörigen in Sterbefällen ausnahmsweise erlaubt wird, in Schutzkleidung und unter Aufsicht das Heim zu betreten. Doch ein solcher Fall liege nicht vor.

Michael Lehnen als Chef der Heimaufsicht hat sich im Heim erkundigt, kommt dann zu Friedrich König und seiner Schwester Anna Brunschoen auf den Schusterplatz: „Es liegt kein Indiz vor, dass Frau König palliativ behandelt werden muss.“ Das habe ihm das Heim gesagt. Auch der Arzt habe das bestätigt. Friedrich König kann das nicht glauben: „Ich komme doch nicht einfach so aus Schottland!“ Er habe noch am Morgen mehrfach mit dem Arzt telefoniert. Der habe für ihn erreichen wollen, dass er seine Mutter wenigstens von fern sehen kann. Aber auch daraus wurde nichts. Der Arzt war für eine Stellungnahme gegenüber der WZ nicht erreichbar.

Lehnen erklärt, das Heim handle richtig. Man könne keine Besucher ins Haus lassen: „Das sind lauter Hochrisiko-Patienten.“ Da sei keine Ausnahme möglich. Sollte es der Mutter schlechter gehen, werde der Besuch erlaubt. Diese Möglichkeit werde es für ihren Bruder womöglich nicht geben, sagt Anna Brunschoen. Am Donnerstag müsse er zurückfliegen und ab Karfreitag müssten Einreisende aus dem Ausland in eine 14-tägige Quarantäne.

Am Abend findet sich eine Chance: Über eine private Handy-Verbindung kann König einen Blick auf seine schlafende Mutter werfen. „Das ist mehr als nichts“, freut er sich.

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