Serie : Novelle über Treffen von Friedrich II. und Voltaire
Serie Wir empfehlen an dieser Stelle Krefelder Kultur, die man trotz Corona-Krise konsumieren kann. Diesmal: „Schloß Moyland“ von Otto Brües.
„Am Sonntag werde ich mich unweit Kleve in einem kleinen Ort aufhalten, wo Sie zu meiner Freude ganz der Meinige sein könnten.“ Mit diesen Zeilen lud Friedrich II (der Große) von Preußen den französischen Philosophen Voltaire zu einem Treffen an den Niederrhein ein. Im September 1740, wenige Monate nach seiner Thronbesteigung, hielt sich der junge König in der Gegend auf, die damals preußischer Besitz war. Der „kleine Ort“ ist Schloss Moyland, wo die historische Begegnung dann wenige Tage später auch stattfand.
Es war das erste Treffen der beiden Männer und der Beginn einer langen und konfliktreichen Freundschaft. Friedrich stand mit Voltaire bereits länger in brieflichem Kontakt, er verehrte das Werk des Philosophen und wünschte sich schon länger eine persönliche Begegnung. Voltaire reiste aus Brüssel an und hatte sein jüngstes Werk, ein Theaterstück über den Propheten Mahomet, mit im Gepäck. Während seines dreitägigen Aufenthalts in Moyland las er dem König das Stück vor. Mehr ist zu dieser Begegnung nicht überliefert.
Für einen historisch interessierten Literaten ein guter Anlass, daraus eine Geschichte zu entwickeln. Der Krefelder Schriftsteller Otto Brües (1897-1967) griff den Stoff bereits in den 1930er-Jahren auf und verarbeitete ihn zu der Novelle „Schloß Moyland“ Das lange vergriffene Buch ist 2017 vom Verein Literatur in Krefeld neu herausgegeben worden. Was es heute noch lesenswert macht, ist die Art und Weise, wie Brües aus den wenigen historischen Fakten eine spannende Geschichte entwickelt.
Der Krefelder sah sich in der literarischen Tradition des späten 19. Jahrhunderts. Zu seinen Vorbildern zählten Autoren wie Wilhelm Raabe und Theodor Fontane. Entsprechend detailreich ist seine Erzählweise. Ausführlich beschreibt er die Reise der beiden Männer, schildert dabei die niederrheinische Landschaft, aber auch die damals beschwerlichen Reiseumstände.
Aussage ist heute noch von großer Aktualität
Sehr lebendig zeichnet er die Charaktere der beiden Männer. Die ersten Seiten widmet er dem jungen König, der vom Fieber geschwächt in der Festung Wesel im Bett liegt. In seinen Fieberträumen setzt er sich mit der schwierigen Beziehung zu seinem Vater, dem Soldatenkönig Friedrich Wilhelm, auseinander. Der Vater verabscheute die geistigen Interessen seines Sohnes, erst sein Tod ermöglichte es Friedrich, sich frei zu entfalten. Zugleich spürt der junge Mann die Last der Verantwortung als neuer Herrscher. Im Gegensatz zu der zerrissenen Persönlichkeit des Königs zeigt Brües mit Voltaire einen sehr von sich überzeugten und geistig brillanten Dichter. Die Begegnung der beiden erstreckt sich über mehrere Tage, und die Atmosphäre steigert sich sehr subtil, bis es am letzten Abend zu einer dramatischen Auseinandersetzung kommt.