Leseförderung Wenn eine Tasche die Geschichte erzählt

Krefeld · Die Autoren-Lesereihe für Kinder „Ohren aufgeklappt“ von Mediothek und Kulturbüro geht in der Pandemie neue Wege.

 Bibliotheks-Pädagogin Katja Wiefel zeigt die Lese-Tasche samt Inhalt zu „Ohren aufgeklappt“.

Bibliotheks-Pädagogin Katja Wiefel zeigt die Lese-Tasche samt Inhalt zu „Ohren aufgeklappt“.

Foto: Andreas Bischof

Wer je bei goldwarmem Licht im kuscheligen Bette liegend von Mutter oder Vater eine Gute-Nacht-Geschichte hat vorgelesen bekommen, der weiß um den Zauber. Der weiß um die Magie, die es in einem, vor allem, aber nicht nur, wenn man noch ganz jung ist, auszulösen vermag, wenn man Geschichten hört. Wenn Worte durch das Ohr in den Geist schleichen und in der Fantasie sich zu fantastischen Welten formen.

Doch manchmal bleibt das Vorlesen, selbst die bündige Gute-Nacht-Geschichte, auf der Strecke. So kommt es, dass die hohe Kunst des Geschichtenerzählens oder Lesens nicht immer so sehr zum Alltag der Kinder, vor allem auch besonders wichtig bei denen, die gerade Lesen und Schreiben lernen, gehört. Hier muss Schule Abhilfe schaffen. Wenngleich nichts über das heimische Vorlesen geht. Aber immerhin gibt es ja die so wunderbare Institution des gemeinsam Zuhörens, die Lesung. Und in Krefeld gibt es hier mit „Ohren aufgeklappt“ in Kooperation von Kulturbüro der Stadt und Mediothek eigentlich schon zum 18. Mal zusätzliche Unterstützung. Mit Lesungen, bei denen die Autoren selbst aus ihren Kinder- und Jugendbüchern vorlesen.

Eigentlich – doch die Pandemie macht so manches, was vielleicht noch 2019 schöne Realität war, nicht denkbar. An Lesungen in der Mediothek oder im Literaturhaus ist nicht zu denken. An ein Besuchen der Kinder in den Schulklassen, also eine Lesung vor Ort in der Schule – wie es zahlreiche mobile oft von Theatern initiierte Projekte in Krefeld und auch Umgebung vormachen – sei auch nicht zu denken gewesen. Zumindest entschied man sich aus Hygieneschutz-Bedenken dagegen.

Bei den Lesungen, die für die Woche vor dem Bundesweiten Vorlesetag, 20. November, geplant gewesen wären, hätten ohnehin wegen den schon vor Lockdown gültigen Corona-Regeln nur einzelne Klassen in die Mediothek kommen dürfen. Insgesamt sechs Lesungen waren geplant. Doch „Ohren aufgeklappt“ soll trotzdem auf eine gewisse Art möglich sein. Nur nicht direkt, sondern indirekt.

Autoren haben einen Brief
an die Schüler geschrieben

Aber trotzdem, obzwar auf einen direkten Dialog zwischen Schülern und Buchautor verzichtet werden muss, hat Katja Wiefel, aus dem Team um die Mediotheksleiterin Evelyn Buchholtz, einen schönen Ersatz gefunden. Eine Tasche, eine „Lesetasche“, die jeder der Klassen erhält, die eigentlich bei einer Lesung teilgenommen hätte. Darin alle Bücher aller beteiligten Autoren; jeweils eins pro Klasse. Diese enthält, aber nicht nur die Bücher der Autoren, aus denen jene eigentlich gelesen hätten. Diese sind übrigens: Sabine Zett (Collins geheimer Channel, Mister Dog), Rüdiger Bertram (Hilfe, mein Handy ist ein Superschurke!), Gerlis Zillgens (Romeo, der Zaubertrommler, Hipp und Hopp retten Papa Grünsprung) und – als Special gedacht – Ferdinand Lutz und Dominik Merscheid, die eine Bildklanglesung geplant hatten (Rosa und Louis – Geisterstunde).

Die Tasche hat auch ein ganz persönliches Video zu bieten, das die Autoren produziert haben, ganz individuell für jede Klasse, mit einer fünf- bis zehnminütigen Lesung, bei denen es sogar Einblicke in die Arbeitszimmer der Schriftsteller geben soll. Aus technischen Gründen – so hieß es zumindest bei einem telefonischen Pressegespräch der Stadt zu dem Projekt – sei aber an eine Videokonferenz, oder eine Live-Schalte, etwa per Stream zu den Autoren an Krefelder Grundschulen nicht zu denken. Eigentlich mit Tablet und zeitgemäßem Fernseher durchaus realisierbar; aber hier wählte man dann doch den klassischen Weg; der Tasche liegt ein USB-Stick bei. In der Kommunikation monodirektional muss es aber nicht bleiben.

Für Dialoge über größere Distanzen hinweg gibt es ja die schöne traditionelle und deshalb auch sehr schützenswerte analoge Methode des Briefeschreibens. Die gerade in Zeiten von schneller papier- und drahtloser Kommunikation, als Kulturgut eine besondere Aura hat. Ein handgeschriebener Brief ist magisch wie das Eingangs erwähnte Vorlesen selbst. Den Taschen liegt ein an die Schüler adressierter Brief bei; mit der Bitte, diese mögen doch gerne antworten.

Die Taschen sollen dazu anregen, gemeinsam Projekte rund um den Inhalt zu gestalten; zumindest aber eine Unterrichtsstunde, in der die Tasche und somit die Bücher und das Vorlesen im Fokus stehen. Deshalb gibt es auch zusätzliches Material; etwa ein Quiz zu den Büchern, Links, um sich weiter zu Informieren. Als kleines Zusatzschmankerl versteckt sich ein von Horst Klein eigens für das Projekt entworfenes Lesezeichen auch noch im Rucksack.

„Die Autoren waren sehr glücklich über die Alternative“, sagt Katja Wiefel, die das alles offenbar mit sehr viel Herzblut vorangetrieben hat und die Autoren zu ihrem Beitrag motivierte. Das ist großartig. Ein Ersatz für das Persönliche, das Vorlesen ist das nicht; das wissen alle.

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