Textilmuseum Die goldenen Drachen schlafen

Krefeld · Die China-Ausstellung im Deutschen Textilmuseum ist im Lockdown. Ein Katalog vertreibt das Warten auf die Wiedereröffnung der großartigen Schau.

 Walter Bruno Brix (links) erläutert gemeinsam mit Museumsleiterin Annette Schieck und Isa Fleischmann-Heck ein Prunkstück der Schau. Die zeremonielle Robe für einen hochrangigen daoistischen Priester stammt aus dem Jahr 1803, ist golden und mit Symbolen versehen.

Walter Bruno Brix (links) erläutert gemeinsam mit Museumsleiterin Annette Schieck und Isa Fleischmann-Heck ein Prunkstück der Schau. Die zeremonielle Robe für einen hochrangigen daoistischen Priester stammt aus dem Jahr 1803, ist golden und mit Symbolen versehen.

Foto: Andreas Bischof

Die Drachen im Deutschen Textilmuseum sind derzeit in einem November-Schlummer. Die Exponate der Ausstellung „Drachen aus goldenen Fäden“ mit chinesischen Textilien sind mit dunklen Tüchern bedeckt. Lediglich für einen Tag durfte die neue Schau, sorgsam und mit Esprit kuratiert von Walter Bruno Brix, öffnen, um dann – wie alle Museen – zunächst für Publikumsverkehr im November zu schließen. Doch es wird ein nach dem Lockdown geben und die Drachen aus goldenen Fäden auf den faszinierenden Gewändern und noch so vieles mehr, wird wieder live vor Ort für Besucher erlebbar sein.

Solange müssen wir uns mit dem aktuell erschienenen Katalog trösten, der wie das Projekt „Ans Licht“, dessen Frucht die Forschungen und die Ausstellung sind, ohne die Förderung der Sparkassen Kulturstiftung Krefeld nicht denkbar wäre. „Ans Licht“ gilt es Schätze der unerschöpflich wirkenden Sammlungen des Textilmuseums zu bringen. Was chinesische Textilien anbelangt, gelang Brix und dem Team des DTMs um die Museumsleiterin Annette Schieck und Isa Fleischmann-Heck, die zeitgleich Herausgeber des herrlich gelungenen Kataloges sind, so manchen Schatz ans Licht zu holen.

Der Katalog illustriert mit 223 Abbildungen die Ausstellung

 Ein Kuriosum: Eine breite Borte (16. bis 17. Jahrhundert), die westliche und chinesische Motive vereint. Bestimmt für den Export.

Ein Kuriosum: Eine breite Borte (16. bis 17. Jahrhundert), die westliche und chinesische Motive vereint. Bestimmt für den Export.

Foto: Andreas Bischof

Der Katalog mit 240 Seiten und 223 Abbildungen, erschienen bei Nünnerich-Asmus, liefert zusätzlich zu der Schau reichlich Futter. Etwa zur Provenienz der Textilien im Museum – ein spannendes Feld. Die Zahl der ostasiatischen Textilien im Museum umfasst annähernd 2000 Exponate, von denen 500 Objekte chinesische Textilien sind, von denen wiederum Brix etwa 120 exemplarische oder besonders herausstechende für die Ausstellung ausgewählt hat.

Im Katalog, und natürlich auch in den erklärenden Begleittexten in der Ausstellung selbst, erfährt man aber auch, wie es sich um die Verwendung des Drachens und die dahinterliegende Symbolik verhält, was es etwa mit den zwölf Symbolen der kaiserlichen Macht auf sich hat, wie Ränge und Abzeichen die innere Ordnung Chinas nach Außen prägten oder auch, wie es um Textilien für religiösen Kult bestellt ist. Muster und ihre Bedeutungen werden erklärt – etwa, wieso Fledermäuse für Glück stehen, weil ihr Wort so ähnlich klingt wie das chinesische Wort für „Glück“ – oder, wie die Dekors auf den Textilien nun hergestellt wurden.

 Walter Bruno Brix mit dem Katalog zur Ausstellung „Drachen aus goldenen Fäden“, der nun erhältlich ist.

Walter Bruno Brix mit dem Katalog zur Ausstellung „Drachen aus goldenen Fäden“, der nun erhältlich ist.

Foto: Stadt Krefeld

In der Schau sehen wir frühe Gewebe, die bis in die Yuan-Dynastie (1261-1368) zurückreichen. Drachen aus dem 16. bis 17. Jahrhundert. Eine zentrale Rolle spielen aber auch religiöse Stoffe, wie etwa ein rotes imperiales Sarg- oder Totentuch mit eingewebten Schutzsprüchen aus dem 19. Jahrhundert. Ein Schutz für die Seele des Verstorbenen vor bösen Geistern. Beeindruckend, eine zeremonielle Robe für einen hochrangigen daoistischen Priester (Qing-Dynastie, 1803), die als großes – etwas verstecktes – Finale der Schau gezeigt wird.

 Das Detail zeigt ein Rangabzeichen – mit Rangvogel Mandarinente und den „Acht Buddhistischen Schätzen“ – auf einer Morgenwolkenstola aus der Jahrhundertwende (Qing-Dynastie). Ein feierliches Gewand für Hochzeit und andere Feierlichkeiten einer Han-chinesischen Dame.

Das Detail zeigt ein Rangabzeichen – mit Rangvogel Mandarinente und den „Acht Buddhistischen Schätzen“ – auf einer Morgenwolkenstola aus der Jahrhundertwende (Qing-Dynastie). Ein feierliches Gewand für Hochzeit und andere Feierlichkeiten einer Han-chinesischen Dame.

Foto: Andreas Bischof

Überraschungen lieferten im Forschungsprozess zwei Gewänder, die zunächst als Operngewänder vermutet wurden, doch sich als „Kleidung“ für Götterstatuen erwiesen. Hier bohrte sich der Kurator tief in die Erfahrungsschätze und nahm auch das Entziffern von Inschriften zu Hilfe. Auch ein spannendes und auch ästhetisch reizvolles Feld sind die Banner und Rangabzeichen.

Auch beeindruckend, Mandschu-Herren- und Damengewänder aus dem 19. Jahrhundert in den buntesten Farben, oft mit goldenen Drachen und mit sehr feinen floralen Mustern bestickt. Auch Han-chinesische Damengewänder bilden einen Schwerpunkt wie auch Accessoires. Es finden sich zwei Theaterkostüme in der Ausstellung. Eines für eine „Prinzessin“ ist sogar speziell für die Ausstellung angekauft worden. Stoffe spielen auch in der Inneneinrichtung eine Rolle – diese Aspekte vernachlässigt die Ausstellung nicht. Wir sehen eine Oberseite für ein kaiserliches Thronkissen.

Viele andere Akzente runden die Schau ab. So ein sogenannter Mao-Anzug – auch ein neuer Ankauf – oder eine Damenjacke von Daniel Hechter aus den 1970er, die diese Formensprache aufgreift – eine Brücke in das Heute. Wie auch eine spezielle Schenkung: Schuhe der Marke „Sheme“, die die Bedeutung goldener Stickereien für das heutige China als dekoratives Moment unterstreichen.

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