DEG-Trainer Kreis im Interview „Wir wissen, dass wir nicht die Größten sind“

Düsseldorf · DEG-Trainer Harold Kreis im Interview über den schwachen Endspurt seines Teams, die Physis in den Play-offs und die anstehende Viertelfinal-Serie gegen Augsburg.

 DEG-Trainer Harold Kreis musste während der Spiele zuletzt etwas lauter werden.

DEG-Trainer Harold Kreis musste während der Spiele zuletzt etwas lauter werden.

Foto: Birgit Haefner

Über Monate spielte die DEG die stärkste Saison seit Jahren, zuletzt ging es aber bergab. Aus dem zwischenzeitlichen Tabellenführer wurde eine Mannschaft, die aus den letzten 16 Spielen nur noch einen glatten Sieg holte. Trotzdem hat die DEG das Viertelfinale der Deutschen Eishockey Liga als Tabellensechster erreicht. In dem wartet der Ligadritte aus Augsburg. Los geht es mit der Serie über maximal sieben Spiele am Dienstag (19.30 Uhr/WZ-Liveticker). Vorher traf sich DEG-Trainer mit unserer Redaktion zum Interview.

Herr Kreis, monatelang herrschte unter den DEG-Fans die beste Laune seit Jahren, ihr Team war Tabellenführer, gewann das Winter Game. Zuletzt gab es aber Pfiffe. Hätten sie gedacht, dass sich die Laune wieder so schnell drehen kann?

Harold Kreis: Ach ja, wir sprechen da ja nicht von allen Fans, sondern von kleinen Gruppen, die in dem Fall mehr ihre Enttäuschung als alles andere kundgetan haben. Wir wissen ja selber, dass wir seit dem Jahreswechsel eine bestimmte Unbeständigkeit hatten. Da hatten wir einfach die Mühen, die andere Klubs vielleicht am Anfang der Saison hatten. Verletzungsbedingt, formbedingt. Das war leider so, aber jetzt fängt die Saison für uns neu an.

Die Emotionalität im Rheinland kann Sie also nicht mehr überraschen?

Kreis: Das ist ja nicht nur im Rheinland so. Ich kenne das auch aus anderen Klubs. Hier trägt man es vielleicht etwas schneller nach außen, ich finde das aber nicht dramatisch.

Was ist mit der DEG im neuen Jahr passiert? Sind es wirklich nur die Verletzten oder ist grundsätzlich etwas schiefgelaufen?

Kreis: Grundsätzlich schief nicht, wir hatten einfach die Intensität nicht mehr. Wir reden da aber von kleinen Prozentzahlen, nicht von 20 Prozent. Wir waren nicht mehr so stabil und haben manche Zweikämpfe verloren, weil wir die Innenposition in der Defensive nicht mehr hatten. Wir hatten auch das Timing im Forechecking nicht mehr. Das fängt damit an, dass man die Scheibe gut in der Offensive platziert, damit man überhaupt forechecken kann.

Das macht Sie nicht nervös?

Kreis: Es waren Kleinigkeiten, die den Rhythmus, den man von uns am Anfang kannte, so ein bisschen aus dem Spiel genommen haben, gekoppelt mit Frust, Unzufriedenheit, und — was man nicht unterschätzen darf — den verletzten Spielern. Das sind Gründe und keine Ausreden. Man kann mit vier Verteidigern eben nicht schnell spielen, das geht nicht. Und gegen Krefeld hatten wir nur noch vier Verteidiger, die mussten dann hinten bleiben, aber dann stockt unser Spiel.

Es ist also nicht die fehlende Härte? Ihr Team kommt ja nicht übers Checken, und es gibt Beobachter, die sagen: In der letzten Saisonphase ändert sich das Spiel, es wird härter, da kann die DEG nicht mehr mithalten.

Kreis: Dass wir nicht die Größten sind, wissen wir. Wir fahren im Forecheck auch nicht alle unsere Checks zu Ende, das müssen wir auch nicht. Wir haben trotzdem viele Strafzeiten provoziert, durch schnelles Wenden, wo der Gegner dann nicht mitkommt und uns nur durch halten oder haken aufhalten kann. Das heißt: Ich kann meinen Körper auch anders einsetzen, auch im defensiven Bereich, dort eher als Hebel, nicht einfach als kraftvolles Instrument. Und wenn ich die Innenposition habe und das läuferisch gut mache, dann geht es mehr um Timing und Hebel als um reine Kraft.

Wird das in den Play-offs auch so sein?

Kreis: Die Mannschaften werden sicher physisch hart auf uns gehen, aber ich bin überzeugt, dass wir das gut handhaben werden.

Wie waren die vergangenen Wochen für Sie als Trainer: Haben Sie versucht, etwas anders zu machen?

Kreis: Mein Job ist es eher, die Jungs wieder in die Spur zu bringen. Sie sollen das, was sie vorher schon gemacht haben, wieder besser machen. Man darf ja nicht vergessen: Wir hatten 38 Spiele – wenn ich die Empty Nets (Treffer ins leere Tor) weglasse –, die mit nur einem Tor Unterschied ausgegangen sind. Die meisten haben wir am Anfang gewonnen, und es ist ja nicht so, dass wir da keine Fehler gemacht haben. Nur jetzt hatte es den Anschein, als seien wir für jeden Fehler bestraft worden.

Bringt Sie das mit 60 Jahren noch um den Schlaf?

Kreis: Nein, wir sprechen das einfach an. Ich glaube, dass wir uns unbewusst in der Phase Richtung Offensive gelehnt haben. Dadurch hatten wir natürlich nicht weniger Torchancen als vorher, aber waren defensiv nicht so stabil.

Die Defensive gilt in den Play-offs als noch wichtiger als sonst. Generell wird immer von einem anderen Spiel gesprochen. Was macht man konkret anders?

Kreis: Wir nennen das „High-Percentage-Plays“. Das sind Spielzüge mit einer höheren Wahrscheinlichkeit, dass sie gut ausgeführt werden. Und wenn ich doch die Scheibe verliere, darf nicht gleich ein Gegenschlag kommen. Man spielt also weniger riskante Pässe, man spielt gradliniger und wartet eher, dass der Gegner einen Fehler macht. Deswegen werden weniger Tore geschossen, die Spiele sind enger. Es gibt weniger Spektakel, mehr Struktur und Stabilität. Meistens heißt es: Scheibe raus, Scheibe tief, Innenseite nicht verlieren, wühlen vor dem Tor.

Wenn die Wahrscheinlichkeit steigt, das Spiel zu gewinnen, warum spielt man dann nicht die ganze Saison so?

Kreis: In den Play-offs denkt man eher von einem anderen Ausgangspunkt her, es ist eher präventives Hockey im Gegensatz zum progressiven Hockey mit einem offensiven Schlagabtausch und schönen Spielzügen. Da sagt man sich manchmal: Lass sie spielen. Es gibt Mannschaften, die machen das auch in den Play-offs, aber die meisten, die ich kenne, eben nicht. Dabei ändert man auch gar nicht so viel, nur in gewissen Momenten geht es halt darum, den einfachen Spielzug zu suchen.

Merken Sie auch außerhalb des Eises Veränderung? Ist mehr Zug im Training? Ist es konzentrierter? Wird in der Kabine oder im Bus weniger gelacht?

Kreis: Nein, es wird nicht weniger gelacht, aber wir thematisieren manche Sachen intensiver, weil es immer gegen denselben Gegner geht. Die Vorbereitung ist anders.

Sind Sie dann über Wochen in dem viel zitierten Tunnel und denken nur noch von Training zu Spiel zu Busfahrt zu Hotel zu Training?

Kreis: Wir denken wirklich nicht zu weit, immer nur an die nächste Aufgabe. Natürlich hat jeder noch sein Privatleben, aber so, wie ich die Jungs kennengelernt habe, wird sich jetzt alles den Play-offs unterordnen.

Da geht keiner mehr ein Bier trinken?

Kreis: Vielleicht geht mal einer ein Bier trinken, aber sicher zu einer vernünftigen Tageszeit.

Sie sagen, die Play-offs seien eine neue Saison. Spielen die vier Siege aus der Hauptrunde gegen Augsburg also überhaupt keine Rolle mehr?

Kreis: Sie sollen uns Selbstvertrauen und Sicherheit geben, sie sollen uns die Gewissheit geben, dass wir bislang das Richtige gemacht haben gegen Augsburg. Aber das war es dann. Augsburg weiß auch, dass die viermal gegen uns verloren haben. Das wird sie aber nicht weiter beeinträchtigen. Sie halten uns nicht für unschlagbar.

Was sind die Stärken der Augsburger?

Kreis: Augsburg hat sicher sehr gute Stürmer, wenn sie Raum haben, machen sie Tore. Sie arbeiten auch gut vor dem Tor, spielen sehr diszipliniert und mannschaftsdienlich.

Was darf den DEG-Fans also Hoffnung machen?

Kreis: Wir werden wieder zwölf Stürmer und sechs Verteidiger haben. Picard, Nowak und Reiter sind wieder dabei. Von der Spielweise, von der Größe, von der Veranlagung her sind Augsburg und wir zwei Mannschaften, die ziemlich ähnlich sind. Wir wollen beide Hockey spielen, sind gut in den Special Teams und werden sicher um jeden Zentimeter Eis kämpfen. Und ich kann sagen: Meine Truppe ist bereit.

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