Günter Krings Ein Bildermacher mit Sinn für Inszenierung, Ästhetik und Ironie

Günter Krings hat neue Bilderkataloge hergestellt und vermisst die Besucher in der Coronakrise.

 Günter Krings kann seine Bilder derzeit nur im eigenen Heim „ausstellen“.

Günter Krings kann seine Bilder derzeit nur im eigenen Heim „ausstellen“.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Er sei kein Fotograf, er sei Bildermacher, stellt Günter Krings klar. Ein Bildermacher mit viel Sinn für Inszenierung und einem „Hang zur Ironie“. „Egal, wie böse das Thema auch ist, ich will es ästhetisch und ordentlich rüberbringen.“ Seit 60 Jahren macht er dies, blickt 2021 auf 85 Jahre Lebenszeit zurück. Dennoch setzt er sich nicht zur Ruhe, nutzt im Gegenteil die coronaruhige Zeit, um sein Werk, dessen einzelne Arbeiten er nicht zählen mag, zu ordnen. Er macht neue Bilder und gibt kleine Kataloge zu einzelnen Themen heraus. In seinem Haus im westlichsten Zipfel von Vohwinkel hat er sie aufgestellt und aufgehängt. Eine Art Ausstellung, deren Besucher er bei der Woga West erwartete und die der Lockdown bis heute fernhält.

Günter Krings arbeitete sein Berufsleben lang bei Bayer, ermöglichte sich so sein Hobby. 1960 kaufte er seinen ersten Fotoapparat, eine Pentax. Auch seine digitale Kamera, die er seit einem Jahr besitzt, stammt von Pentax. Beim Digitalen reizt ihn nicht die Technik, sondern die Schnelligkeit. Weil er schon immer rasch zum Bild kommen wollte, fand er überhaupt zum Fotografieren und nicht zum Malen. Ein Bild, das das ausdrücken soll, was er in seinem Kopf zuvor entwickelt und dann sorgfältig aus verschiedenen Gegenständen, darunter viele Fund- oder Flohmarktstücke, komponiert hat. „Ich habe alles in meinem Kopf, stelle mir konkret vor, was ich machen will, bastele mir meine Welt zusammen“, sagt er. Nimmt sich dafür Zeit – ein, zwei Tage kommen da schon mal zusammen.

Was im Kopf weitgehend entsteht, wird sorgfältig umgesetzt

Auch die ersten Aufnahmen, damals noch schwarz-weiß, waren inszeniert. Ihr Thema: Menschen, die er kannte, oder die er auf Reisen sah. Und Tänzer des Tanztheaters Pina Bausch, die er in den 1970er und 80er Jahren ablichtete. Durchkomponierte Gemälde, die er sich nicht farbig vorstellen konnte. Die Atmosphäre bei den Proben wollte er einfangen, wie er sie als Beobachter wahrnahm. Mit langen Belichtungszeiten fror er Bewegungsfolgen ein. Die Choreografin kaufte ihm Aufnahmen ab, signierte ein Porträt, das er von ihr gemacht hatte. 1999 wurden seine Bilder zum 25-Jährigen des Theaters als Kalender aufgelegt. Eine zweite Auflage folgte 2012. Zur Farbe wechselte Krings schon früh, weil er Dias haben wollte, die er in einem Labor in Düsseldorf entwickeln ließ. In den vergangenen Jahren sind seine Bilder immer farbiger geworden, wenn auch längst nicht kunterbunt – der Ästhetik wegen.

Weil er sich alles selber beibrachte, suchte er früh den Vergleich, die Akzeptanz. Er nahm an Wettbewerben teil, gewann viele. Einer der wichtigsten ist für ihn sicherlich der Sonderpreis der Agfa für das „Farbtitelbild des Jahres 1992“. Die Anerkennung der Fachwelt führte 1994 auch zur Berufung in die Gesellschaft für Fotografie.

Vier Katalogbände hat der versierte Bildermacher in letzter Zeit zusammengestellt. „Erinnerungen an das Tanztheater der Pina Bausch“ und „face to face“, die beide schwarz-weiße Begegnungen vereinen, Zeugnisse seiner Beschäftigung mit Menschen sind. Daneben themenbezogene Arbeiten in „Dictatus Papae“ und „Zeus, Aphrodite and friends – die Unsterblichen“, mit der für ihn typischen Bildgestaltung, die dechiffriert werden will, um ein oft ernstes, kritisches, durchaus politisches Anliegen freizugeben. „Idole“, das mit Anspielungen an Sex , Trinken und Gewalt den männlich dominierten Begriff entlarvt. „Apokalypse“, das Untergang (ein bizarr gefalteter, stählern glänzernder Berg, den er aus einem Makrolonabfall herstellte) und Verheißung (ein Vogelei) darstellt. Das hölzerngüldene Bild „Trinitas“, das Vater, Sohn und Heiligen Geist auf die Schippe nimmt, indem es drei Penisse aus Holzköpfen von Zäunen und Schlüsseln vor eine alte Holztür stellt, ihnen zu Füßen den Kopf einer antiken Frauenskulptur legt. „weil die Frauen den Schlüssel abgeben müssen“.

Warten auf die Menschen,
die all das sehen können

Der Hintergrund all dieser Bilder besteht aus flüssigem Putz, in den er Strukturen und Kraterlandschaften modelliert, die er meist in einem Ton einfärbt. Ein feuriges Inferno bei seiner „Apokalypse“, ein rostfarben durchzogenes Königsblau bei seinem gefallsüchtigen Priester, eine vielschichtige Wand aus Goldnuancen bei „Trinitas“. Hinzu kommen seine Weinbilder, in der Machart ähnlich, nur dass seltene Weinflaschen die Hauptrolle spielen.

Die Coronakrise dagegen thematisiert Krings nicht. Er wartet lieber darauf, wieder Ausstellungen machen zu dürfen, all dies Menschen zu zeigen, mit Freunden Tennis zu spielen.

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