Wuppertaler Tanztheater Pina Bausch mit Ute Lemper „Es ist schön, wieder hier zu sein“

Ute Lemper empfindet ihre Rolle als Dienst an der Kreation der Choreographin.

 Ute Lemper.

Ute Lemper.

Foto: Lucas Allen

Ute Lemper – bekannte Chansonnière, geboren in Münster, zu Hause in der Welt. Vor 25 Jahren wirkte sie in „Die sieben Todsünden“ von Pina Bausch in Wuppertal mit. Damals noch im zweiten Teil („Fürchtet euch nicht“). Diesmal ist sie Anna I im ersten Teil. Die ersten Proben sind bereits gelaufen, die Anprobe ihres Kostüms steht an. Das Gespräch findet in den Büroräumen des Tanztheaters in Barmen statt. Ute Lemper sucht nach Spuren der großen Choreographin, trifft auf eine Mitarbeiterin, die damals ihren kleinen Sohn betreut hatte – den Sohn, der jetzt natürlich viel größer sei, sagt die Künstlerin und freut sich.

Erinnern Sie sich noch, wann Sie zuletzt in Wuppertal waren?

Ute Lemper: Nein, aber ich bin bestimmt mal zu einem Konzert in der Gegend gewesen. Als ich jetzt wieder auf der Probebühne in der Lichtburg war, war das wie ein Déjà-vu, ein Flashback. 1995, bei meinem ersten Auftritt in Wuppertal, war mein Sohn gerade sechs Monate alt, und ich hatte ihn zu meiner Mutter nach Münster gebracht, jetzt ist er 25.

Wie haben Sie Pina Bausch für sich entdeckt?

Lemper: In den 1980er Jahren. Ich hatte schon meine eigene Karriere, lebte in Paris. Die Compagnie kam zu einem Gastspiel ins Théâtre de la Ville, und ich bin natürlich hin. Sie spielten „Nelken“. Ich war überwältigt. Pina Bausch hat ihre ganz eigene Sprache, das Tanztheater entwickelt. Tanztheater – das Wort lässt sich gar nicht übersetzen. Die Franzosen lieben sie.

Und wie kam Ihr Auftritt 1994 zustande?

Lemper: Sie fragte mich an und ich wollte unbedingt mit ihr arbeiten, war neugierig auf sie. Es war wahnsinnig interessant, sie kennenzulernen. Sie war nicht warmherzig, nicht zugänglich, aber sie hatte Charisma. Ich habe mich voll auf sie eingelassen. Das war nicht einfach. Heute habe ich meinen eigenen Stil, da wäre es schwieriger. Aber Pina ist leider nicht mehr da. Ihre Mission und ihr Vokabular sprechen nun durch die Compagnie weiter, sie arbeitet in ihrem Sinne.

Sie haben ein eigenes „Die sieben Todsünden“-Programm.

Lemper: Das ich zufällig in Dortmund gesungen habe, als ich gefragt wurde, ob ich jetzt nach Wuppertal komme. Seit 1984 singe ich „Die sieben Todsünden“, damals war das eine Produktion von Jürgen Knieper, ein ausgesprochener Brecht-Weill-Fan. Er trug das Thema an mich heran, ich verliebte mich in das Stück. Es ist das ultimative, the Best of the Best von Brecht und Weill. Alle ihre Stücke und Sinfonien werden darin repetiert. Seitdem singe ich es. Brecht hatte ja eine humanistische Mission, sein Werk ist durch den Sozialismus missbraucht worden. Aber das ist ein Thema, das Stunden eigener Erörterung bedürfte.

Sie sind eine berühmte Interpretin von Brecht-Weill-Stücken.

Lemper: Ende der 80er Jahre hatte ich meinen Durchbruch mit Weill-Aufnahmen. In Großbritannien, den USA, nur nicht in Deutschland.

1995 traten Sie im zweiten Teil von Pina Bauschs Stück auf, jetzt sind Sie die Anna I im ersten Teil.

Lemper: Jetzt ist das ganz anders. Ich bin nur ein Ensemble-Teil. Es heißt nicht: Ute Lemper singt, sondern ein Stück von Pina Bausch wird aufgeführt. Ich stehe zurück, bediene ihre Kreation. Ich bin die Stimme von Anna, die die Eltern vertritt. Die Sprechstimme des Kapitalismus. Das Stück ist eine Farce auf den Kapitalismus: Ich beschreibe die US-Gesellschaft, in der das Geld Gott ist, für das wir unsere Seele verkaufen. Anna II ist die Tänzerin, die ihre Gefühle zeigen darf, trotzdem gibt es eine emotionale Bindung beider. Stephanie Troyak als Anna II ist wunderbar, so wie damals Jo Ann Endicott. In meinem Programm bin ich beide Annas, eine wunderbare Schizophrenie, interessant und expressiv.

Wie erleben Sie ihre Arbeit jetzt?

Lemper: Am meisten Spaß macht die Arbeit mit den Tänzerinnen und Tänzern. Jo Ann (die die erste Anna in Pina Bauschs „Die sieben Todsünden“ war, Red.) hat mir meine Rolle genau beigebracht. Es ist schön, wieder hier zu sein.

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