Kultur Seeräuber, Polizisten und viel schwarzer Humor

Er liebt das Schauspiel und die Regie gleichermaßen, bevorzugt denn auch Aufführungen, in denen er beide Aufgaben übernehmen kann. Er mache das schon so viele Jahre und habe dennoch „noch so vieles zu erzählen“, sagt Cusch Jung.

 Cush Jung ist Regisseur der Produktion „Die Piraten“.

Cush Jung ist Regisseur der Produktion „Die Piraten“.

Foto: Schwartz, Anna (as)

In Wuppertal kann der 62-Jährige derzeit „nur“ Regie führen. Wenngleich das nicht ganz stimmt: Schließlich hat er „Die Piraten von Penzance“ inszeniert und choreographiert – für die Musikalische Komödie in Leipzig, wo er zudem als Piratenkönig auf der Bühne stand. Nun studiert er seine Produktion mit den Wuppertalern ein – mit vollem Elan, wenn auch die Corona-Krise den Arbeitsablauf bei den Proben stark beeinflusst und dafür sorgt, dass Premiere und weitere Termine verschoben werden müssen.

Auch heute eines
der meistgespielten Stücke

Es geht um grundehrliche Piraten, verlogene Generäle, trottelige Polizisten, die Queen – und es geht um wunderbare Musik mit vielen Ohrwürmern. 1879 wurde die komische Operette von Arthur Sullivan (Musik) und William Schwenck Gilbert (Libretto) uraufgeführt. In der englischsprachigen Welt avancierte sie wegen ihrer Musik und ihres abgründigen Humors (für den heute Monty Python steht) zum Publikumsliebling und ist auch heute eines der meistgespielten Stücke, dessen Musik häufig zitiert wird. Auf dem europäischen Kontinent blieben die Piraten dennoch recht unbekannt. In den 1980er Jahren entstand eine Musicalfassung, die in den 1990er Jahren am Theater des Westens aufgeführt wurde. Mit Ensemblemitglied Cusch Jung als Piratenkönig. „Eine Traumrolle für mich, bis ich verunglückte, weil ein Seil riss und ich aus einer Höhe von sechs Metern zu Boden fiel“, erzählt er. Seit der Spielzeit 2015/16 ist Jung Chefregisseur in Leipzig, erinnerte sich bei der Spielplangestaltung an „Die Piraten“. Brachte seine Inszenierung 2017 dort zur Aufführung. Sein Ziel: Die Operette unterhaltsam erzählen, ein großes Live-Erlebnis vermitteln, das „ohne Vorkenntnisse beim ersten Gucken“ in seinen Bann zieht.

In Wuppertal kennt man Jung schon durch das Musical „My Fair Lady“, das er 2018 auf die Bühne brachte. Nun weckten seine Piraten das Interesse von Opernintendant Berthold Schneider. Die gerade entstehende Inszenierung bindet das hiesige Ensemble ein und muss mit Anpassungen an die Corona-Krise klarkommen: Abstand ist das A und O, was bei dem personenstarken und bewegungsreichen Stück gar nicht so einfach ist. Doch Jung weiß sich zu helfen, teilt den Chor, lässt zudem einige hinter der Bühne mitsingen, hat auch schon eine Idee, wie er eine Kussszene coronakompatibel umsetzen kann.

Gespannt ist er auf die musikalische Umsetzung, die mit deutlich ausgedünntem Orchester realisiert werden muss. William Shaw, der die musikalische Leitung übernimmt, schrieb dafür ein Arrangement.

Sullivans Musik sei groß und menschlich, schwärmt Jung, „die wird man nicht mehr los“. Gesungen wird in Deutsch, weil sich diese Sprache wunderbar fürs Sprechen-Singen eigne und die Übersetzung einfach genial sei.

Beeindruckend ist auch das Bühnenbild von Beate Zoff, das in mehreren Trucks nach Wuppertal transportiert wurde. Die durch die Geschichte vorgegebenen Elemente Schiff, Strand, Friedhof sind hier in einem Raum irgendwo zwischen Realität und Phantasie zusammengefügt. In seinem Zentrum eine große, schräg liegende Scheibe, eine (Sonnen-)Uhr, hinter der eine Meeresbucht zu sehen und an deren Seiten blaue Felsenattrappen aufgestellt sind. Die Akteure steckt Zoff in klassische, aber nicht zeitgenössische Kostüme. Die Farben der Piraten sind eher dunkel, die der chaplinesken Polizisten eher blau, die der Frauen eher hell. Ein einheitliches, nicht zu buntes, gut lesbares und interessantes Bild soll so entstehen, erklärt Jung. Auf haargenaue Zeitkorrektheit wird bewusst zugunsten unterhaltsamer Elemente wie einer discoartigen Szene oder einer Elizabeth II. verzichtet.

Mehr als vier Wochen arbeitet Jung nun in Wuppertal. Auf die technische Einrichtung am Anfang folgten szenische Proben. Bis alle Akteure (inklusive Orchester) zusammen proben, wird es Januar werden. Jung freut sich über die Zusammenarbeit mit dem Wuppertaler Ensemble, darunter drei Mitglieder des Opernstudios, nimmt gerne dessen Anregungen auf. Hat natürlich Sebastian Campione besonders im Blick, da er „seine“ Rolle, den Piratenkönig übernimmt. „Er macht das einfach super“, sagt er anerkennend.

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