Neue Initiative Kempener Lobbyisten für kürzere Drähte

Kempen · Mitstreiter der Initiative „Pro Kempen“ sind unzufrieden mit Politik und Verwaltung. Ein Jahr vor der Wahl wollen Werbering, Verkehrsverein und andere Einfluss gewinnen.

 Gemeinsam „Pro Kempen“: Heinz-Josef Rox, Detlev Schürmann, Armin Horst, Bernd Kanders, Rainer Hamm und Markus Claaßen (v.l.) wollen, dass sich etwas ändert.

Gemeinsam „Pro Kempen“: Heinz-Josef Rox, Detlev Schürmann, Armin Horst, Bernd Kanders, Rainer Hamm und Markus Claaßen (v.l.) wollen, dass sich etwas ändert.

Foto: Norbert Prümen

„Es ist nicht alles schlecht.“ Rainer Hamm, Vorsitzender des Martins-Vereins und Geschäftsführer des Werberings, wollte die Pressekonferenz am Montag offenbar nicht allzu negativ ablaufen lassen. Aber dass eine ganze Menge in der Kempener Verwaltung schlecht läuft, wollten die Anwesenden dann doch mal kundtun. Eingeladen hatte eine neue Initiative – die Initiative „Pro Kempen“. Ihr gehören unter anderem Vertreter von Werbering, Martins-Verein, Verkehrsverein und Vereinigter Turnerschaft (VT) sowie weitere Unternehmer an.

„Jeder von uns hat irgendwie seine Probleme mit den Abläufen in Verwaltung und Politik“, sagt Werbering-Vorsitzender Armin Horst zum Hintergrund dieses außergewöhnlichen Bündnisses. Vor etwa einem Jahr habe Verkehrsvereins-Vorsitzender Jürgen Hamelmann, der am Montag erkrankt absagen musste, diverse Vereinigungen an einen Tisch geholt. Neben den schon erwähnten zählte auch der Unternehmerkreis Kempen (UKK) dazu. „Uns kam die Idee, unsere Interessen zu bündeln und der Politik unsere Unzufriedenheit zu spiegeln“, sagt Horst.

Ein Erfolg sei bereits das Ergebnis beim „Offenen Sonntag“

Die Anwesenden waren sich am Montag einig, damit auf dem richtigen Weg zu sein. Mit allen Fraktionen – außer den Linken – habe man sich getroffen. „Und das war ein fruchtbarer Austausch, der auch schon zu Ergebnissen geführt hat“, so der Werbering-Vorsitzende. Zum Beispiel beim verkaufsoffenem Sonntag: Man habe die Politik davon überzeugen können, dass das neue Ladenöffnungsgesetz in NRW auch wieder die Sonntagsöffnung in der Peripherie (zum Beispiel bei Self oder Obi) zulasse. Mit dem Ergebnis, dass die Verwaltung dies nun umgesetzt hat. „Es ist ein kürzerer Draht entstanden, der für Transparenz in beide Richtungen steht“, findet Horst. Die politischen Fraktionen seien dankbar für diesen Input. Daher soll es weitere Termine geben.

Probleme sehen die Initiatoren innerhalb der Stadtverwaltung vor allem im Hochbauamt. „Dort herrscht mitunter eine lähmende Langsamkeit“, sagt Armin Horst, der auch deutlich machte, dass dies am Personalmangel liege. Daher sei eine weitere lobbyistische Intention von „Pro Kempen“ auch in Personalfragen Einfluss nehmen zu wollen. In diesem Zusammenhang erinnert VT-Vorsitzender Detlev Schürmann an die vielen unbesetzten Führungspositionen im Rathaus. „Es kann doch nicht sein, dass nach mehr als einem Jahr immer noch keine Leitung des Jugendamtes gefunden ist“, so Schürmann. „Kempen ist in eine Schieflage geraten.“

„Ich habe für viele Abläufe kein Verständnis mehr“, ergänzt der VT-Chef im Zusammenhang mit dem Beispiel Dreifachturnhalle. Diese ist wegen Reparaturarbeiten seit Juni gesperrt (die WZ berichtete). Allerdings hat die Verwaltung noch gar nicht das Ausschreibungsverfahren beendet. „Ich rechne damit, dass die Halle nicht vor Mitte 2020 zur Verfügung steht“, so Schürmann. Ein harter Schlag für die Handball-Abteilung der VT.

Als Unternehmer saß Bernd Kanders von der gleichnamigen Immobilienfirma mit am Tisch. Er bemängelte die fehlende Unterstützung der Unternehmerschaft. „Wenn ich in anderen Städten Projekte umsetzen möchte, habe ich direkt einen Ansprechpartner“, so Kanders. Der fehlt in Kempen – oder besser fehlte. Denn mit Stefan von Laguna hat in der vergangenen Woche ein Wirtschaftsförderer seinen Dienst angetreten. „Das ist ohne Frage auch ein Erfolg des UKK und unserer Initiative“, sagt Kanders.

„Ich habe immer wieder das Gefühl, dass in Kempen eher die Grenzen als die Möglichkeiten gesucht werden“, sagt Heinz-Josef Rox für den Vorstand des Verkehrsvereins. Dieser habe das im Zusammenhang mit Genehmigungen für die „Sommermusik an der Burg“ registriert. Es müsse häufiger die Frage „Wie können wir das lösen?“ gestellt werden. Stattdessen höre man: „Das geht nicht.“

Bislang kein Gespräch mit
Bürgermeister Volker Rübo

Mit der Politik hat es bereits mehrere offene Gespräche gegeben. Mit der Verwaltungsspitze, die im Zentrum der Kritik steht, allerdings nicht. Nur mit dem neuen Beigeordneten Jörg Geulmann, der derzeit auch die ordnungsbehördlichen Belange bearbeitet, habe es einen „Kennenlern-Termin“ gegeben, wie es Rainer Hamm ausdrückt. Aber mit Bürgermeister Volker Rübo, von dem die Initiative – ohne es offiziell zu sagen – ein Jahr vor Ende seiner Amtszeit nicht mehr viel erwartet, habe es kein Gespräch gegeben.

Eine weitere Ursprungsidee von „Pro Kempen“ war übrigens auch die Suche nach einem Nachfolger für Bürgermeister Rübo. „Wir wollten hier nicht irgendeinen Bürokraten, der vielleicht gar nicht aus Kempen kommt, hingesetzt bekommen“, sagte Rainer Hamm. Inzwischen sei man mit den vorliegenden Vorschlägen aber „sehr zufrieden“, so Bernd Kanders. Nach ersten Gesprächen traue man sowohl dem parteilosen Christoph Dellmans, der für SPD und Grüne ins Rennen gehen wird, als auch Philipp Kraft (CDU) das Bürgermeisteramt zu. Daher werde es von „Pro Kempen“ keine Wahlempfehlung geben. Dass einzelne Vereine oder Verbände das aber tun, sei nicht auszuschließen, so Armin Horst. Sobald die Kandidaten am kommenden Donnerstag von den Parteien gewählt worden sind, soll es schnellstmöglich Termine mit beiden geben.

Eine eigene politische Initiative der neuen Initiative schlossen die Vertreter am Montag aus. Es werde keine Gruppierung entstehen, die sich um Mandate im Rat bewirbt. „Wir bieten unsere Hilfe an“, so Armin Horst. „Wir werfen auch nicht den Fehdehandschuh, sondern reichen die Hand. Wir wollen die Karre gemeinsam aus dem Dreck ziehen.“

Und was läuft denn eigentlich gut? Womit wir beim eingangs erwähnten Zitat von Rainer Hamm wären. „Ich kann insbesondere für den Martins-Verein sagen, dass die Unterstützung der Verwaltung beim Zug hervorragend ist“, so der Vorsitzende des Brauchtumsvereins. Dann stimmten auch die anderen Anwesenden mit ein, dass es Unterstützung aus dem Rathaus gebe. Horst: „Wir müssen im Gespräch bleiben.“

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