Meinung Politik ohne Parteibuch

Meinung · In Kempen hat sich einiges aufgestaut. Der nun von „Pro Kempen“ eingeschlagene Weg des kooperativen Lobbyismus kann der Stadt nur gut tun. Ein Kommentar von WZ-Redaktionsleiter Tobias Klingen.

 WZ-Redaktionsleiter Tobias Klingen.

WZ-Redaktionsleiter Tobias Klingen.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Es hat sich einiges aufgestaut bei den handelnden Personen der neuen Initiative „Pro Kempen“. Das wurde am Montag im Rahmen des Pressetermins deutlich. Insofern ist es legitim, wenn sich die Menschen, die ähnliche Probleme haben, an einen Tisch setzen. Sowohl von den „Pro Kempen“-Vertretern als auch von den führenden Köpfen der Parteien hört man, dass der Schritt zum Gespräch ein guter war.

Im kommunalpolitischen Raum gab es auch mal Zeiten, in denen Wut und Ärger zu einem Parteieintritt führten. Da wäre zum Beispiel Ehrenbürger Karl-Heinz Hermans zu nennen, der einst als Bäckermeister in Sorge war, dass die Verbannung der Autos aus der Altstadt schlecht fürs Geschäft sein wird. Um zunächst die Interessen der Händler zu vertreten, engagierte sich Hermans in der CDU. Was daraus geworden ist, ist bekannt.

Heute ist die Lage anders. Menschen engagieren sich für eine Sache, für ihre Interessen. In der Thomasstadt gab es in den vergangenen Jahren immer wieder neue Initiativen, die außerhalb der Parteiarbeit Einfluss nehmen wollen: „Denk mal an Kempen“, „Fahrradstadt Kempen“ und jetzt „Pro Kempen“. Allesamt engagierte Kempener, die in ihrer Freizeit überwiegend keine Parteipolitik, aber dennoch Politik machen.

Mit diesen Gruppen müssen sich die Fraktionen auseinandersetzen. Zum einen sind sie auf die Wählerstimmen in diesen Lagern angewiesen. Zum anderen schlummert in diesen Initiativen Wissen und Engagement, von denen die Parteien und somit die Allgemeinheit profitieren können. Politik und Verwaltung dürfen die Meinung einer einzelnen Vereinigung aber auch nicht überinterpretieren. Die Politik sollte nämlich insbesondere Politik für diejenigen machen, die nicht interessensvertretend organisiert sind – zum Beispiel für die alleinerziehende Mutter, die ihr Kind während der Arbeit gut betreut haben will.

Dass es nun eine Initiative „Pro Kempen“ mit den klaren Zielen Einflussnahme und Druckaufbau gibt, kann für Kempen nur gut sein. Denn im Rathaus liegt einiges im Argen. Ein kooperativer Lobbyismus wird etwas bewegen. Die Vertreter der Initiative legen den Finger in die Wunde. Sie sprechen konkret an, was sie stört. Sie stören sich insbesondere an den Abläufen in der Verwaltung – an der mangelnden Entscheidungsbereitschaft im Rathaus. Dass „Pro Kempen“ in diesem Zusammenhang nur über Bürgermeister Volker Rübo und nicht mit ihm spricht, ist allerdings nicht fair. Ein Gespräch mit dem Verwaltungschef über die Probleme in der Verwaltung ist unabdingbar.

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