Jazzklub Krefeld Einzigartige Unmittelbarkeit des Ausdrucks

Krefeld · Ein Solokonzert der Kontrabassistin Joëlle Léandre im Jazzkeller beeindruckte in Krefeld.

 Joëlle Léandre gastierte mit ihrem Kontrabass solistisch auf Einladung des Jazzklubs Krefeld im Jazzkeller.

Joëlle Léandre gastierte mit ihrem Kontrabass solistisch auf Einladung des Jazzklubs Krefeld im Jazzkeller.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Auf der Bühne des Jazzkellers liegt ein Kontrabass, eindeutig. Dieses größte der Instrumente aus der Geigenfamilie halt – vier Saiten, nur im Stehen zu spielen. Und dann kommt sie, Joëlle Léandre, und das, was wie ein Bass aussieht, wird ein Teil von ihr, ein anderes, ganz einzigartiges Instrument, das man so noch nie gehört hat, der Rezensent jedenfalls nicht. Vielen Dank an die Verantwortlichen des Jazzklubs Krefeld, die das Weltwunder Léandre für ein Solokonzert nach Krefeld geholt haben.

Wie kann das sein, dass man so jemand nicht kennt? Ja, das geht. Die in Aix-en-Provence 1951 geborene Musikerin, für die das Wort Virtuosin untertrieben ist, hat sich aufgrund ihrer Einzigartigkeit in eine Nische hineingespielt, die von der Ebene des Üblichen einfach zu weit entfernt ist.

Sogar John Cage hat für
die Musikerin komponiert

Léandre wurde klassisch ausgebildet und stellte schnell fest: In der Hierarchie des Klassikbetriebs findet sie nicht ihren Platz. Der ist für Bassisten nämlich entsprechend der Tonlage ihres Instruments weit unten. Jazz und die Neue Musik wiesen ihr dann den Weg zu ihrer unverwechselbaren Stimme. Man kann das nicht alles erzählen, nur so viel: John Cage, eine Ikone der Musik des 20. Jahrhunderts, hat für sie komponiert.

Im Jazzkeller spielt sie ein improvisiertes Programm. Das ist freie Musik, aber den Begriff mag sie nicht. Dazu habe sie zu viel gearbeitet, bis zu acht Stunden täglich geübt.

Erweiterte Spieltechniken sind solche, mit denen man andere als die vorgesehenen Töne auf Instrumenten erzeugt. Diese nutzt Léandre fast durchgehend, als wäre das nichts. Natürliche und künstliche Flageoletttöne kitzelt sie in jeder Lage mit einer herausragenden Bogentechnik aus ihrem Bass hervor, bearbeitet ihn auch perkussiv mit der Hand oder dem Bogen, zupft und spielt gleichzeitig – und zwischendurch singt sie auch noch, mal obertonreich, dann dadaesk grummelnd.

Sie spielt formal frei, aber jedes Stück rundet sich perfekt zur Form, und nichts – auch das Geräuschhafteste nicht – verkommt zum Selbstzweck. Im Jazzkeller herrscht Mucksmäuschenstille, die Unmittelbarkeit des Ausdrucks der Léandre zieht alle in ihren Bann. Und zu ihrer Souveränität gehört, dass sie sich ganz uneitel präsentiert, so wie ihre großartige Musik auch immer wieder von humorvoller Leichtigkeit durchzogen ist. Viel herzlicher Applaus.

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