Im Mottowagen durch die Umweltzone

Der satirische Wochenrückblick

Fünfte Jahreszeit im Tal: Während das weltberühmte Abeler-Glockenspiel am Elberfelder Wall noch immer den winterlichen Evergreen „Schneeflöckchen, Weißröckchen“ intoniert — was insbesondere schneegeschädigte Bürgern die Zornesröte ins Gesicht treibt — zeigt sich das Wetter in diesen Tagen schon fast frühlingshaft. Das sorgt in Verbindung mit denWirtschaftsprognosen für wohltuend gute Laune beim Volk.

Überall? Nein! Die von unbeugsamen Karnevalisten bevölkerte bergische Metropole hat mit verschärften Auflagen zu kämpfen. Wegen der ab dem 1. März geltenden strikteren Umweltzonen sollten die betagten Mottowagen nicht auf die Piste gelassen werden, damit die Umwelt schön sauber bleibt. Oder vorher schnell noch zum Tüv. Und das, obwohl die A 46 weiterhin mitten durch das Stadtgebiet verläuft. Zusätzlich machten die Stadtwerke Stress, weil sie ihren Busverkehr an einem verkehrsträchtigen Sonntagmittag für zwei Stunden beeinträchtigt sahen. Fahren die Busse nach dem „extremen“ Winterchaos überhaupt schon wieder? Verursacht nicht die hauseigene WSW-Baustelle am Landgericht erst eine Ausweich-Route? Ist der betreffende Bereich zwischen Haspel und Wuppermannstraße nicht der gleiche, der noch vor zwei Wochen wegen der Demo gegen Neonazis ganztägig zum Sperrgebiet erklärt wurde? Wo sind da eigentlich die Busse gefahren, die nicht zum Heimtransport der Neonazis benötigt wurden?

Nun ist die Lobby der Karnevalisten im Tal nicht ganz so stark und schweigt deshalb vornehm. Obwohl der hochrangige Ehrengardist im Range eines Oberstleutnants und ehemalige Prinz, CDU-Chef Bernd Simon, dem Narrenfest vieles, womöglich alles zu verdanken hat. Und die Polizeipräsidentin sich in putziger Garderobe gerade noch in Köln zum Hänneschen machte. Und, last but not least, der ausgewiesene Jeck, Sozialdezernent Stefan Kühn, jährlich einen Großteil seiner Einkünfte in lustige Verkleidung investiert.

Es ist wohl so, dass der Karneval hinter den Kulissen weit weniger amüsant ist als in der Bütt. Doch haben die WSW und die Ordnungskräfte bereits vorige Woche eingelenkt und anlässlich einer „Jeckespill un Weetschafsssitzung“ der Umleitung zum Zwecke traditioneller Brauchtumspflege zugestimmt. Mit am Tisch saßen drei führende Karnevalisten, sinnigerweise aber nicht der Zugleiter. Und weil im Karneval noch lange nicht jeder mit jedem redet, hat der erst Tage später als alle anderen erfahren, wie sein Zug am Rosensonntag doch noch die Kurve kriegt.

Die vielen Touristen, Kinder und Karnevalsfans am Straßenrand werden es ihnen danken. Für alle anderen gilt: am Aschermittwoch ist alles schon wieder vorbei. Vorzeitigen Aschermittwoch feierten die fidelen Kicker des bekannten Wuppertaler Traditionsvereins im Georg-Melches-Stadion zu Essen. Bereits zum dritten Mal in Folge machte man sich beim rangniederen Nachbarn im Pokal zum Narren und ging kläglich mit 1:4 baden. Dennoch werden beim nächsten Heimspiel wieder hunderte Fans unerschrocken und ohne größere Auflagen zum Zoostadion pilgern — und von hunderten Ordnungshütern bewacht werden. Dazu benötigt man übrigens keinen Arbeitskreis, sondern nur sehr viel Humor. Und den haben wir in Wuppertal, Ehrenwort.

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