Autorin lockt ihre Figuren in den Wald

Die gebürtige Wuppertalerin schätzt ihre Heimat: Petra Tessendorf hat einen Krimi geschrieben, der im Bergischen Land spielt.

Frau Tessendorf, Sie leben inzwischen in Ostholstein. Weshalb spielt Ihr neuer Krimi im Bergischen Land?

Petra Tessendorf: Mein Roman spielt im Wald, wie der Titel ja vermuten lässt. Der Wald ist neben den Figuren sozusagen der Hauptdarsteller. Da ich in Wuppertal geboren und aufgewachsen bin, habe ich mir natürlich den Bergischen Wald ausgesucht, den es in dieser Fülle hier an der Ostsee nicht gibt.

Tessendorf: So blutig endet das Klassentreffen gar nicht. Es wird zwar eine Tote gefunden, aber sie liegt in einem Bach und lässt eher an die schöne Ophelia denken als an ein blutverschmiertes Mordopfer. Das Klassentreffen habe ich gewählt, weil ich die Kinderfreunde von damals wieder in den Wald locken wollte. Und da kam mir der Gedanke, dass sich selbst ein so viel beschäftigter Künstler, der von der Figur Thorvald Einarsson verkörpert wird, so eine Gelegenheit nicht entgehen lassen wird, auch wenn er von Kopenhagen anreisen muss. Das erste Klassentreffen nach 20 Jahren hat einen hohen Stellenwert, es ist eine der wenigen festen Verbindungen in die Kindheit.

Tessendorf: Das letzte Klassentreffen liegt schon einige Jahre zurück, es war im Jahr 2000. Es lief insofern anders, als es viel schöner war, als ich mir das vorgestellt hatte. Ich wusste nicht so recht, ob ich mit den alten Klassenkameraden noch etwas anfangen kann. Aber es war von der ersten Minute an wieder die alte Vertrautheit da. Wir haben bis früh in den nächsten Morgen hinein gefeiert und getanzt.

Tessendorf: In allen Geschichten steckt die Persönlichkeit des Autors, es geht ja gar nicht anders. Anfangs habe ich die Figuren mit mir bekannten Menschen besetzt, einfach um ihnen ein Gesicht oder einen ausgeprägten Charakterzug zu geben, den ich brauchte. Im Laufe des Schreibprozesses aber haben sich die Bekannten immer mehr zurückgezogen und die Romanfiguren sind an ihre Stelle getreten. Das ist ein wichtiger Moment, in dem meine Charaktere eigenständig und handlungsfähig werden. Eigentlich ist jetzt niemand mehr darin, den ich im wahren Leben kenne. Es ist also kein Schlüsselroman.

Tessendorf: Ich bin mit zwei jüngeren Brüdern aufgewachsen. Wir waren eine fest verschworene Bande, haben sehr viel zusammen gespielt und so manchen Blödsinn ausgeheckt - ähnlich wie Olga, Thorvald und Benno in dem Roman. Mein jüngster Bruder hat nie einen Fuß in den Wald gesetzt, während wir beiden anderen ständig mit unseren Banden im Wald unterwegs waren.

Tessendorf: Abends saßen wir dann alle drei wieder in unseren Raumschiff-Enterprise-Schlafanzügen zusammen im Zimmer und haben mit dem kleinen Kassettenrekorder herumgealbert und Alarmanlagen aus Fäden und Bierdeckeln gebaut, damit wir rechtzeitig in unsere Betten türmen konnten, wenn unser Vater die Treppe hoch geschlichen kam, um uns auf frischer Tat zu erwischen und in die Betten zu scheuchen.

Tessendorf: Ich bin recht oft in Wuppertal, weil ich Familie und Freunde hier habe, die ich besuche. Wir wohnen in Beyenburg am Waldrand und dann merke ich, dass mir der Wald in Norddeutschland fehlt. Wuppertal ist nach wie vor eine total interessante Stadt, die viel besser ist als ihr Ruf. Leider ist sie durch die Finanznot und die drohende Schließung des Theaters zu sehr in die negativen Schlagzeilen geraten. Ich kann nur hoffen, dass sie sich wieder fängt und dass die Stadt es schafft, ihre Stärken besser darzustellen.

Tessendorf: Auf jeden Fall. Ich beginne am 10. September mit Lesungen im Norden. Die Lesetour in NRW startet dann in den Herbstferien in Wuppertal unter dem Motto "Literatur trifft Malerei". Ich plane zusammen mit dem Berliner Maler Martin Jagodzinski Lesungen mit gleichzeitiger Ausstellung seiner Bilder, die sich, ebenso wie mein Buch, auf eine ganz besondere Art mit der Natur auseinandersetzen.

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