„Dieses Theater ist nicht wegzudenken“

Daniel Breitfelder kämpft für den Erhalt des Schauspielhauses. Auch wenn er das Ensemble verlässt, bleibt er den Bühnen treu.

Herr Breitfelder, Sie verlassen die Wuppertaler Bühnen nach nur einer Spielzeit. Hatte die Entscheidung etwas mit der aktuellen Spardiskusssion zu tun?

Daniel Breitfelder: Ganz und gar nicht. Das war eine Entscheidung, die unabhängig von künstlerischen oder politischen Zusammenhängen aus rein persönlichen Gründen getroffen wurde. Abgesehen davon kam der Dolchstoß mitten in der Spielzeit, was alle extrem erschütterte, uns aber nicht davon abhält, der Stadt und den Wuppertalern zu zeigen, dass dieses Theater einfach nicht wegzudenken ist und eine Schließung unvorstellbar und geradezu unverantwortlich wäre.

Breitfelder: Es war ein Ausnahmezustand. Das neue Team der Bühnen will etwas Neues schaffen und ein modernes, junges Theater sein - keine Provinz-Klitsche, sondern ein Theater, auf das die Stadt stolz sein kann. Die Ankündigung der eventuellen Schließung des Schauspielhauses und der angedachten Sparpläne haben die Vision zwar erschüttert, aber Aktionstage wie der Welttheatertag mit mehr als 50 vertretenen Theatern zeigen, dass wir kämpfen und nicht so einfach aufgeben und den Platz räumen für einen neuen Discounter oder eine Großraum-Disko.

Breitfelder: Ein ganz klares Ja. Ich durfte Regisseure kennen lernen, die brennen und Träume haben, unser Leben auf dieser Welt aus einem anderen Blickfeld betrachten und es auf ihre Art darstellen - mit Humor, Abstraktion oder einer Gänsehaut bereitenden Bildgewalt. Auch das Ensemble ist mir ans Herz gewachsen. Wuppertal ist eine Station in meinem Leben, die ich mit viel Glück verbinde, aber genauso auch mit Traurigkeit und innerem Aufbäumen. Es war ein emotionales Jahr - mit Höhen und Tiefen.

Breitfelder: Vom Ölberg konnte ich immer wieder auf das Tal herabsehen. Herunterzuschauen, was da ist und was nicht oder nicht mehr - das tut sowohl gut als auch weh. Dafür musste ich die 100 Stufen der Tippen-Tappen-Tönchen-Treppe erklimmen - bei Eis und hauptsächlich Regen. Geflucht wurde oft, das steht fest. Aber auch die Tatsache, dass ich Pina Bausch noch einmal die Taxi-Tür öffnen, sie im Hof heimlich bewundern und in ihrer letzten Premiere beim Applaus bejubeln durfte, ist Teil meiner Wuppertaler Zeit. Sie hat mir ein Geschenk gemacht: in mir Zweifel, Trauer, Wut und eine explosive Lebensfreude hervorgezaubert. Allein schon wegen dieser Erfahrung werde ich Wuppertal nie vergessen. Hoffentlich darf man im Himmel tanzen.

Breitfelder: Garga aus "Im Dickicht der Städte" an der Seite von Shlink, gespielt von Sophie Basse, die ich auch verehre, aber das soll sie nie erfahren... Die Arbeit mit Claudia Bauer, die Regisseurin von "Im Dickicht der Städte", hat mich letztendlich dazu gebracht, weiterhin als Gast in Wuppertal zu spielen - beginnend mit "Macbeth". Holger Kraft und Sophie Basse als Macbeth und Lady Macbeth, meine Wenigkeit wird eine Hexe spielen - ein Traum geht in Erfüllung. Außerdem spiele ich weiterhin Marvin in "Eine Billion Dollar" und im Stück "Die Lotterie in Babylon", einer Inszenierung von Martin Kloepfer, die in der neuen Spielzeit wieder aufgenommen wird und die ich allen Zuschauern, die sie noch nicht gesehen habe, besonders empfehlen möchte.

Breitfelder: Kampflustig, trinkfest, stets zu Scherzen aufgelegt, aber das Ziel nie aus den Augen verlierend.

Breitfelder: Was ist schon neu? Da beginnt auf jeden Fall etwas. Das braucht Zeit und die Möglichkeit, nun zu wachsen, sich groß zu machen, sich zu entfalten. Man kann sich über ästhetische und inhaltliche Darstellungen immer streiten, das ist sogar befruchtend. Das Publikum, eine gute Mischung aus Jung und Alt, hat doch das Glück, mit diesem Neuanfang wieder frisches, bewegendes und Fragen stellendes Theater zu bekommen. Fragen sind besser als Antworten - meistens.

Breitfelder: Ich werde einen Fuß ins Filmgeschäft setzen. Es versuchen - in der Hauptstadt. Aber das Theater wird immer meine größte Leidenschaft sein. Egal, was da kommt. Und ich schwebe ja auch noch ab und an zu den Brettern Wuppertals - mit der Bahn, die ich sehr lieb gewonnen habe. Wer kann schon von sich behaupten, zum Arbeitsplatz zu schweben? Das ist richtig gut.

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