Neue Ausstellung: Ein Museum blüht auf

"Natur wird Kunst": Georg Arends wusste, wie man Pflanzen in Szene setzt. Nun wird er gefeiert.

Wuppertal. "Zum Reinbeißen" findet Direktor Gerhard Finckh, was er demnächst im Von der Heydt-Museum serviert. Auch wenn die Äpfel, die ab dem 24. August am Turmhof bewundert werden können, verlockend glänzen mögen: Kosten können sie die Museumsgäste trotzdem nicht.

Zumindest optisch aber sollen die Besucher der Ausstellung "Natur wird Kunst" in einen ganz besonderen Genuss kommen: Auf sie warten Kunstwerke, die es im Von der Heydt-Museum in dieser Form noch nicht gegeben hat. Primeln, Azaleen und Äpfel erobern den Kunsttempel. Die Pflanzen und Obststücke sind zwar "nur" Abbildungen, aber genau das ist das Entscheidende: Zum ersten Mal kann öffentlich bewundert werden, was bislang im Archiv der Staudengärtnerei Arends-Maubach schlummerte.

Ihr Gründer Georg Arends (1863-1952) hinterließ der Nachwelt nicht nur rund 350 neue Züchtungen, sondern auch einen ganzen Fundus an Pflanzenzeichnungen und Fotografien. Das fast vergessene Archiv bringt Finckh nun ans Tageslicht: "Wir haben den Schatz ausgegraben und neue Abzüge erstellen lassen."

Der Museumsleiter blüht förmlich auf, wenn er von der Entdeckung des Wuppertaler Bildarchivs erzählt, "das die Forschung zur wissenschaftlichen Pflanzendarstellung an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhunderts sicherlich beflügeln wird".

Aber wie kommen die Früchte überhaupt ins Museum? Auf einen Tipp hin steuerte Finckh die Gärtnerei an - mit glänzenden Augen. "Die Glasplatten-Negative sind faszinierend", urteilt der Kunstexperte. "Arends hat die Pflanzen, die er züchtete, fotografiert - aus botanischem Interesse und für den Verkaufskatalog."

So entstand eine detaillierte Dokumentation. "Natur wird in Kunst übersetzt", sagt Finckh, "und das sehr systematisch." Dass er den Pflanzen-Pionier mit einer Ausstellung würdigt, ist nicht nur ein Zeichen von Lokalpatriotismus, sondern auch Ausdruck persönlicher Anerkennung: "Arends war ein richtiger Profi. Er hat sehr avantgardistisch und professionell gearbeitet."

Die Schwarz-Weiß-Fotografien aus der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts spiegeln die Hauptzüchtungsgruppen des Ronsdorfers: Primeln, Astilben, Azaleen und Rhododendren. Auch Gesamtaufnahmen der Gärtnerei sind zu sehen. Dafür waren die Fotografen - darunter Arends’ Söhne Erich und Werner - auf einer Leiter oder dem hohen Schornstein im Einsatz.

Weil Finckh davon ausgeht, dass sich seine Gäste daran womöglich gar nicht satt sehen können, will er den Augenschmaus angemessen präsentieren: in neuen, dunklen Bilderrahmen.

Die Pflanzen werden so gezeigt, wie sie sind: gestochen scharf - in hoher Auflösung, ohne Verfremdungseffekte. Häufig diente ein gespanntes Leintuch als Hintergrund. Es wurde von Helfern gehalten, die auf den Fotos teilweise noch zu erkennen sind. Feine Schatten sprechen für eine professionelle Ausleuchtung. Doch die Natur wurde nicht nur fotografisch ins rechte Licht gerückt, wie Finckh staunend feststellte: "Arends hat auch alle bekannten Apfel- und Birnensorten gemalt." Womit der zweite Schwerpunkt der Sonder-Schau gefunden war: Aquarelle und Zeichnungen zeigen exotische Pflanzen, aber auch Früchte in vielen Facetten.

In diesen Bildern wird das botanische Interesse noch deutlicher als bei den Fotos: Einzelne Pflanzen und Obstsorten werden als Objekt ohne Hintergrund dargestellt. Die Blüten sind teilweise abgetrennt und im Detail, in der Auf- und Ansicht, zu sehen.

Finckh erklärt es mit blumigen Worten: "Das Abtrennen und Danebenlegen der Blüte ist so geschickt komponiert, dass es erst beim genaueren Blick auffällt." Vor allem für die aufgeschnittenen Äpfel gilt: "Alles wirkt ausgesprochen echt und lebendig." Zum Reinbeißen schön also.

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