Bilderrätsel ohne Auflösung

Die Galerie Peerlings zeigt Philipp Magers seltsame verfremdete Kompositionen.

Krefeld. Seltsam isoliert wirken die Figuren auf Philipp Magers Ölgemälden und Holzschnitten. Zwar sind Situationen dargestellt, doch wenn ihnen ein erzählerisches Moment innewohnt, dann dreht es sich hier um Geschichten jenseits der Realität. Die Galerie Peerlings zeigt in ihrer Ausstellung „Schein und Schatten“ neuere Arbeiten des seit langem in Berlin lebenden Kölners.

Auf dem zweiteiligen Gemälde „Die Stellprobe“ legt Mager seine Methode offen. Ließe man hier die sieben Figuren weg, bliebe ein abstrakter Raum übrig, der sich aus offenen Quadern, Kuben und wandartigen Flächen zusammensetzt. Die Farben sind in der Regel mit der Rolle aufgetragen, nachträglich mit dem Spachtel geglättet. „Der Mensch bringt Wärme, Inhalt.“ So erklärt Mager den Einsatz des Personals auf seinen Bildern, die sonst abstrakte Farbkompositionen wären. Die Beziehungslosigkeit der Figuren untereinander verdankt sich ihrer Herkunft.

Mager benutzt Fotos als Vorlagen, löst die Figuren also aus ihrem ursprünglichen Kontext. Gestik, Haltung, Blicke, die sich dem ehemaligen Zusammenhang verdanken, gehen dann bei Mager merkwürdig ins Leere, die Personen wirken verloren.

In der „Stellprobe“ sind es vier Männer, ein Junge und zwei Frauen, die statisch eine Farbstudie bewohnen. Ein Mann in einem altmodischen Badeanzug trägt einen Zylinder, ein anderer zum Anzug eine komische Kegelmütze und so fort. Auch bei den eher willkürlich hinzugefügten Accessoires setzt sich Magers Hang zur Verfremdung fort.

Das Bild „Schwarze Milch der Frühe“ zitiert mit seinem Titel das berühmte Gedicht „Todesfuge“ von Paul Celan, aber auch hier fehlt es am Zusammenhang. Im Vordergrund sitzt ein Mann in einem Anzug mit Harlekinmuster und scheint zu sinnieren, hinter ihm bedient ein Arbeiter einen verfremdeten Schmelzkessel, aus dem eine weiße Flüssigkeit in einen Quader fließt. Die Szenerie hinter ihm könnte eine Imagination des Harlekins sein, erklärt Mager, womit er sein Bildrätsel nicht auflöst.

Beim „Mann im Ocker“ verschmelzen Figur und abstraktes Farbenspiel punktuell zu einer Synthese. Der Schatten des Mannes, der in einem Bad mit eben ockerfarbenem Inhalt steht, verlängert sich an der Wand zu einem vertikalen Farbband, vom Kopf aus scheint ein horizontales Farbband auszugehen, das sich an der Rückwand fortsetzt. Eine auf den Betrachter gerichtete Kamera in den Händen des Mannes suggeriert, es könne sich um ein Spiegel-Selbstporträt handeln.

Bei seinen Holzschnitten behält der Künstler sein Konstruktionsschema bei, fügt ihm aber als verfeinerndes Element noch den zarten Strich hinzu. Insgesamt bilden Magers abstrakt-figürliche Gratwanderungen eine sehenswerte Ausstellung.

Friedrichstraße 49. Mo.-Do., 10-15 Uhr, Fr., 10-13 Uhr, Sa., 10-14 Uhr und nach Vereinbarung. Bis 10. November.

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