Stadt-Teilchen : Über sieben Brücken musst du gehen — aber schön ist das nicht immer
Düsseldorf Düsseldorf hat eine richtige Brückenfamilie. Die Bauwerke verbinden Stadtteile über den Rhein hinweg - auch wenn das bei dem niedrigen Rheinpegel kaum noch nötig ist.
Kürzlich las ich einen Bericht über eine Brücke, die es noch gar nicht gibt, die aber demnächst die Hauptstädte des Kongo und der Demokratischen Republik Kongo verbinden soll. Bisher gibt es dort nur eher wackelige Fähren über den Kongo, so dass die Kommunikation und das Wirtschaften zwischen den Millionenstädten eher dürftig ausfallen. Wer als Geschäftsmensch von der einen Metropole in die andere will, nimmt das Flugzeug und erlebt, dass zwischen Start und Landung nur fünf Minuten liegen. Das alles soll sich irgendwann in naher Zukunft ändern. Eine Brücke soll das Zusammenwachsen der Gemeinschaften fördern.
Das brachte mich auf den Gedanken, wie das Leben in Düsseldorf wohl ausfiele, wenn wir keine Brücken hätten, wenn die Menschen sich jeweils auf ihre Rheinseite beschränken müssten. Wie kämen die Oberkasseler auf die Kö und auf den Carlsplatz? Sähe der Speisezettel am linken Rheinufer anders aus als am rechten, weil plötzlich wichtige, nur auf dem Markt zu beschaffende Zutaten fehlten? Und wo gingen die Bilker hin, wenn sie mal reiche Menschen und hochgetragene Nasen anschauen wollten?
Es war nur ein albernes Gedankenspiel, an dessen Ende ich aber trotzdem aufatmete und Dankbarkeit spürte für die Tatsache, dass wir so viele Brücken haben. Ich zählte sie und kam auf sieben. Ich fragte mich, ob Peter Maffays Song gewordener Imperativ „Über sieben Brücken musst du gehen“ möglicherweise mit Blick auf die Düsseldorfer Brückenparade geschrieben wurde. Aber dann las ich, dass der Song aus der DDR stammt und schon 30 Jahre vor der Fertigstellung der Niederrheinbrücke veröffentlicht wurde. Trotzdem summe ich seitdem jedes Mal diese Melodie an, wenn ich eine der Brücken erklimme. Leider kann man Maffays Lied-Befehl in Düsseldorf ohnehin nicht komplett folgen, da die Hammer Eisenbahnbrücke für Fußgänger gesperrt ist.
Zudem macht es nicht wirklich Spaß, die meisten anderen Brücken zu begehen, weil sie vor allem dem automobilem Verkehr zugedacht sind. Auf den meisten Brücken rauscht und zischt es den an den Rand gedrängten Fußgänger in Düsenjet-Lautstärke an, und wenn schwere Lastwagen über die Dehnungsfugen fahren, dann bebt der Boden, und es donnert, als nahe ein schweres Gewitter. Die Anwohner der Brücken können ein unrühmliches Lied davon singen. Und die Luft ist auch nicht immer die beste hoch über dem Rhein. Wer etwa mit dem Fahrrad über die Fleher Brücke fährt, hört unwillkürlich mit dem Atmen auf, bis er das gegenüberliegende Ufer erreicht hat.
Meine Lieblingsbrücke ist daher die Oberkasseler, weil dort den Rasern Einhalt geboten wird und man als Fußgänger einem weitaus geringerem Risiko ausgesetzt ist, einen Hörsturz zu erleiden oder noch vor dem Erreichen des anderen Ufers an Feinstaublunge zu sterben. Allerdings bewegt man sich auch auf der Oberkasseler Brücke in Lebensgefahr. Jede Minute läuft man Gefahr, in den Rhein zu fallen, weil das Geländer angeblich nicht hoch genug ist und irgendeiner Sicherheitsnorm widerspricht. Auf der Kniebrücke hat man da bereits nachgebessert und oben aufs Geländer noch ein Minigeländer gepackt, so dass man sich als Fußgänger manchmal ein bisschen vorkommt, als marschiere man wie ein Löwe durch einen Drahtverhau in die Manege.