Stadt-Teilchen : Als Strauss in der Altstadt noch ein zweites zu Hause war
Düsseldorf Für unseren Autor fehlt nach dem Weggang des Einrichtungsgeschäfts nicht nur ein Laden, sondern auch ein Orientierungspunkt, eine Anlaufstelle und eine Inspirationsquelle.
Als ich kürzlich die Bettwäsche wechselte, wurde ich ein bisschen traurig. Das lag an einem kleinen Schildchen, das in meinen Bettbezug eingenäht war und mich in eine abgeschlossene Vergangenheit katapultierte. „Strauss“ stand auf dem Schildchen, und auf einmal war sie da, diese Trauer, dieses Gefühl, dass etwas fehlt in meinem Leben, „Strauss“ eben.
„Strauss“ gibt es bekanntlich nicht mehr. Im Frühjahr 2017 schlossen die letzten Läden, ging ein langes Sterben mit dem allerallerletzten Ausverkauf zu Ende. Dort, wo ich einst Stammkunde war, firmieren nun andere Geschäfte, ist die Erinnerung an das Unternehmen, dessen Wurzeln bis ins Jahr 1902 reichen, passé. Damals führten die Eheleute Heinrich und Maria Strauss in der Altstadt ihr Geschäft für „Kurz-, Weiß- und Wollwaren“. Alles vorbei, alles weg. Nach drei Insolvenzen sind alle 57 aufs Bundesland verteilten Filialen geschlossen, geräumt, abgewickelt. Nur an der Flinger Straße zeugt noch der verstaubte Schriftzug über einem Baustelleneingang von großen Tagen.
So geht das in der Wirtschaft. Immer wieder macht wer einen Laden auf, verdient eine Weile gutes Geld, aber wenn dann die Geschäfte nicht mehr so laufen, dann kommt halt jemand anderes und macht an selber Stelle einen neuen Laden auf. Der eine schließt zu, der andere auf. Man nennt das Wandel.
Normalerweise schmerzt dieser Wandel nicht sehr. Man ist das gewohnt, dass man heute bei X kauft und morgen bei Y. Kundentreue? Ach, geh weg! Mit „Strauss“ war das anders. „Strauss“ war für mich etwas Besonderes. „Strauss“ war für mich ein Orientierungspunkt, eine Anlaufstelle, auch eine Quelle für Inspiration. Immer wenn ich ein wenig Zeit hatte, bin ich zu „Strauss“ gegangen. Mal gucken, mal stöbern.
Ich kaufte eine Hose, wenn sie im Angebot war und mir gefiel. Und ich bedauerte jene Gestalten, die immer auf den letzten Stipp bemerken, dass ihr Beinkleid droht, den Geist aufzugeben. Die hetzen dann durch die Läden, schwitzen sich einen weg und kaufen das teuerste Exemplar. Wären sie mal regelmäßig zu „Strauss“ gegangen.