Kunst in Düsseldorf : In Düsseldorf fast vergessen: die Fotografie-Legende Erna Wagner-Hehmke
Düsseldorf Die Vorgängerin der Bechers hatte 50 Jahre ihre Lichtbildwerkstatt in Düsseldorf.
Erna Wagner-Hehmke (1905 bis 1992) war in ihrer Wahlheimat Düsseldorf eine beispielhafte Industriefotografin – lange vor den bekannten Fotokünstlern Hlila und Bernd Becher. Wie ihre Nachfolger kletterte sie über Abraumhalden, durchstreifte Kokereien, Bergwerke und Blechwalzwerke und sorgte dafür, dass ihre Großraummotive in jenem natürlichen Licht gebadet sind, das auch für die Bechers selbstverständlich wurde. Ihre Rohrsysteme, Fässer, Elektrokessel und Kalksilos sind so faszinierend wie die Fotos der Becher-Schüler Thomas Struth und Tata Ronkolz im Alt-Hafen von Düsseldorf. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie zur wichtigsten Dokumentaristin der jungen Bundesrepublik. Aber in Düsseldorf, wo sie mehr als ein halbes Jahrhundert lebte, geriet sie in Vergessenheit. Kein Kurator der aktuellen Fotoschau am Grabbeplatz kennt ihren Namen.
Erna Hehmke gründet mit Anne Winterer eine Lichtbildwerkstatt
Wagner-Hehmke war eine resolute, aber freundliche und bescheidene Frau. Sie wurde als Erna Hehmke in Breslau geboren, studierte zwei Semester Fotochemie an der dortigen Universität und tauchte 1925 als 20-Jährige in Düsseldorf auf, wo sie mit ihrer zehn Jahre älteren Lehrmeisterin Anne Winterer die „Lichtbildwerkstatt Hehmke-Winterer“ auf der Bismarckstraße gründete. Um sich weiterzubilden, ging sie ans renommierte Lettehaus in Berlin, von dessen schulischen Qualitäten sie begeistert war, und vervollkommnete ihre Studien im Pariser Studio Lorelle, wo zu ihren Modellen die Sultane von Marokko und Kamerun, der Prinz aus Indochina und die Chansonette Mistinguett gehörten.
Als ihre Partnerin Anne Winterer 1935 in ihre Heimatstadt Konstanz zurückkehrte, wo sie bald darauf starb, führte Erna Hehmke als verheiratete Wagner-Hehmke das Labor unter der Firmenbezeichnung „Hehmke-Winterer“ allein weiter. Als Allround-Talent hat sie im Laufe ihres langen Lebens so gut wie alles aufgenommen, Menschen, Produkte und Industrie. Sie fotografierte fürs Düsseldorfer Theater unter Louise Dumont und für die Künstler des Jungen Rheinlands. Alles schien perfekt komponiert zu sein, sie betonte jedoch: „Ich habe alles gefühlsmäßig gemacht und nichts überlegt.“