Ratssitzung fand mit Sicherheitsabständen in der Stadthalle statt. Stadtrat streitet um die richtige Corona-Strategie

Düsseldorf · Ungewöhnlicher Ort, ungewöhnliche Umstände: Der Stadtrat hat am Donnerstag erstmals seit fast drei Monaten wieder in Gänze und öffentlich getagt. Weil das im Rathaus angesichts der Corona-Abstandsregeln nicht möglich ist, zog der Tross aus Politik und Verwaltung in die Stadthalle an der Rotterdamer Straße um.

 Blick in die große Stadthalle am Congress Center, in der am Donnerstag die Sitzung des Stadtrates stattfand.

Blick in die große Stadthalle am Congress Center, in der am Donnerstag die Sitzung des Stadtrates stattfand.

Foto: Michael Gstettenbauer

Rein kam man nur mit Gesichtsmaske, im Saal und an den Einzeltischen durften sie abgelegt werden.

Gut fünf Stunden gönnte sich der Rat, sachlich wurden vor allem die in der Zwischenzeit getroffenen Eil- und Dringlichkeitsbeschlüsse nachträglich abgesegnet. 90 Minuten allerdings waren dem allgegenwärtigen Thema Corona gewidmet. Und da ließ der Wahlkampf grüßen, auch wenn es schließlich nicht so arg kam, wie man befürchten musste. OB Thomas Geisel dankte einleitend dem medizinischen und pflegerischen Personal sowie den Krisenmanagern in seiner Verwaltung und gedachte den am Virus Verstorbenen. Dann hatte Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die OB-Kandidatin der FDP, den ersten politischen Aufschlag. Ein Ass wurde nicht daraus, die Liberale ließ sich von Zwischenrufen aus dem Konzept bringen und hatte Schwierigkeiten, ihren Punkt immer klar zu machen. Im Kern warf sie Geisel vor, „unglaublich selbstgerecht“ zu agieren. Das bezog sie vor allem auf dessen Zeitungsbeiträge, in denen der sich in der Tat stets sehr kritisch mit dem „Lockdown“ auseinandergesetzt und die Gefährlichkeit von Corona eher relativiert hat: „Man merkt Ihnen an, dass Sie diese Krise nie wirklich angenommen haben, Sie nervt das alles vielmehr“, sagte Strack-Zimmermann. Für die CDU legte Andreas Stieber als Vorsitzender des Gesundheitsausschusses nach. Auch er nahm sich vor allem den „Artikelschreiber“ Geisel zur Brust: „Wie verzweifelt muss ein Düsseldorfer OB sein, wenn er so etwas auch noch in einer Kölner Zeitung schreibt?“, fragte Stieber. Geisel habe viel zu lange nichts von Maskenpflicht oder gezielten Tests in Heimen wissen wollen, ganz anders als etwa der CDU-OB-Kandidat Stephan Keller als Stadtdirektor in Köln.

 Manche, wie die Gleichstellungsbeauftragte Elisabeth Wilfart, blieben auch im Saal maskiert.

Manche, wie die Gleichstellungsbeauftragte Elisabeth Wilfart, blieben auch im Saal maskiert.

Foto: David Young

Zur OB-Verteidigung schritt zunächst SPD-Fraktionschef Markus Raub: Strack-Zimmermann zeichne sich durch eine weitgehende Unkenntnis der Lage in Düsseldorf aus. Und außerdem verträten ja auch die FDP-Granden Lindner und Kubicki einige Ansichten Geisels, „mindestens“. Was dann natürlich ein problematisches Lob für den OB war, ebenso wie der von der AfD frech und explizit geäußerte Dank für Geisels klare Worte. Nicki Blanchard (Linke) beließ es da lieber dabei, FDP und CDU nur mitzuteilen, es sei „unerträglich, mit Corona Wahlkampf zu machen“.

 Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) mit Maske und im Gerspräch mit Kämmerin Dorotheé Schneider (links).

Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) mit Maske und im Gerspräch mit Kämmerin Dorotheé Schneider (links).

Foto: David Young

Geisel verteidigte daraufhin das gute Krisenmanagement seiner Stadtverwaltung. Er räumte ein, dass alle ständig neu dazulernten im Umgang mit Covid 19 („Erkenntnis ist das allerwichtigste“). Auch für jede zukünftige Entwicklung sei die Stadt gut aufgestellt, beruhigte der OB. Um dann selbst die Lockerungen als teilweise problematisch zu bezeichnen. Nämlich insofern, als zugleich die Vorgaben für die Krankenhäuser insbesondere in Bezug auf freizuhaltende Kapazitäten heruntergefahren würden. Geisel: „Das ist nicht klug und entspricht eher einem suboptimalen Hauruck-Verfahren.“

 Die „Regierungsbank“ mit den Dezernenten war in zwei Reihen am Kopf der Halle platziert.

Die „Regierungsbank“ mit den Dezernenten war in zwei Reihen am Kopf der Halle platziert.

Foto: Michael Gstettenbauer

Stadt legt bessere Luftwerte an den Umweltspuren vor

Nicht politisch diskutiert und ausgeschlachtet wurden neue Fakten zu den Auswirkungen der umstrittenen Umweltspuren auf die Luftqualität. Dabei hatten es die Zahlen, die 
Verkehrsdezernentin Zuschke auf Anfrage der AfD vorlegte, durchaus in sich. So sank der Monatsmittelwert an der Messstation Corneliusstraße von 45 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter im Januar auf 35 Mikrogramm im März und 39 im April. Damit lagen die CO2-Werte unter dem erlaubten Grenzwert von 40 Mikrogramm. An der Merowinger Straße gingen die Schadstoffwerte von 39 (Januar) auf 33 Mikrogramm im März zurück; an der Prinz-Georg-Straße von 36 auf 26 Mikrogramm pro Kubikmeter. Zuschke betonte, dass die Verbesserungen keineswegs nur der Coronakrise und dem durch sie reduzierten Autoverkehr geschuldet sind, vielmehr sei die Wirksamkeit der Umweltspuren und ihr Beitrag zur Luftreinhaltung durch die Messungen bestätigt.

Diese Feststellung aber wird in den nächsten Monaten ganz gewiss noch ausgiebig und kontrovers debattiert.

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