Neu in den Programmkinos Klaustrophobisches Schauermärchen und eine Komödie für Ewiggestrige

Düsseldorf · Unser Kolumnist Philipp Koep beleuchtet aktuelle Filme in Düsseldorfer Programmkinos – wie „Der Leuchtturm“ mit Robert Pattinson und Willem Dafoe.

 Robert Pattinson, das einstige Teenie-Idol, hat sich weiterentwickelt.

Robert Pattinson, das einstige Teenie-Idol, hat sich weiterentwickelt.

Foto: dpa/-

Alles außer gewöhnlich

Autismus ist der Top-Seller unter den Leinwand-Behinderungen. Das Kino hat sich seit „Rain Man“ immer wieder gern und erfolgreich dieser Form der „Verrücktheit“ gewidmet. Dass sich nun auch Olivier Nakache und Éric Toledano, immerhin mit „Ziemlich beste Freunde“ die Superstars in Sachen süffige Handicap-Komödien, dieses Themas angenommen haben, lässt ambivalente Gefühle aufkommen. Einerseits greifen sie ein heißes Eisen in der französischen Gesellschaft auf, nämlich die Ausblutung des Sozialsystems wie zuletzt auch in „Glanz der Unsichtbaren“. Doch aus dem „gut gemeint“ wird nicht auch ein „gut gemacht“: Die ständig auf unterhaltsam getrimmte Story eines gewitzten wie aufopferungsvollen Sozialarbeiters berührt das Thema, nämlich die Verwahrlosung der Inklusion, nur im Rahmen leichter Unterhaltung mit ein paar äußerlichen Spannungsmomenten.

Cinema, Vorpremiere am Di. um 19 Uhr  (frz. OmU)

Der Leuchtturm

Mit Schauermärchen hat er es ja, der Robert Eggers. Nach dem Mystery-Thriller „The Witch” zog es ihn gleich noch einmal ins Neuengland einer finsteren Vergangenheit. Irgendwo zwischen „Moby Dick“ und „The Shining“ ist diese klaustrophobe Männermär auf einer abgelegenen Leuchtturminsel angesiedelt. Maine im Jahr 1890, der alte Leuchtturmwächter Thomas Wake tritt die vierwöchige Schicht im rauen Atlantik mit dem Neuling Ephraim Winslow an. Der alte „Seebär“ lässt das Greenhorn für sich schuften und verweigert ihm das Lampenhaus des Turms. Zwischen widrigem Wetter und monotonem Dienst entwickelt sich eine heikle Beziehung zwischen den  Männern, die beide vor ihrer Vergangenheit geflüchtet sind.

Der schauspielerische Parforce-Ritt für Willem Dafoe, der gereifte Ex-Teenie-Schwarm Robert Pattison und die düstere Insel in Schwarz-Weiß-Bildern sind die Highlights.

Atelier, tgl. 16.30, 19 (außer Mo.) und um 21.30 Uhr (außer Mo.) im engl. OmU

A Rainy Day in New York

Aus den Kult-Filmen ist ein Altherren-Kult geworden. Jedes Jahr bringt Woody Allen einen neuen Film heraus, meist eine handwerklich sauber gemachte und prominent besetzte Komödie, die im gewohnt-bewährten Allen-Kosmos spielt. Mittlerweile gehört auch dazu, dass die Filme des mittlerweile 83-Jährigen im Schatten der MeToo-Debatte stehen. So sollte der 49. (!) Film des Filmemachers zunächst bei Amazon-Prime veröffentlicht werden, wurde dann aber zurückgezogen, und einige Schauspieler distanzierten sich nachträglich von der Zusammenarbeit mit Allen.

Das junge Paar Ashleigh und Gatsby will ein romantisches Wochenende in New York verbringen. Doch der Plan zerschlägt sich, als Ashleigh die Gelegenheit erhält, für die Studentenzeitung den gefeierten Filmregisseur Pollard zu interviewen. Während die junge Frau fasziniert in die Welt von Starruhm und Midlife-kriselnden Künstlern taucht, trifft Gatsby auf eine ehemalige Bekannte...

Der Film bietet zwar etliche pikante Spitzen auf Me-Too, aber ansonsten ist das Welt- und New York-Bild Allens nostalgisch-unbedarft vor Jahrzehnten stehengeblieben.

Atelier, Vorpremiere am Mo. um 19 Uhr (engl. OmU)

Die schönste Zeit unseres Lebens

Victor ist ein Mann von gestern, für die digitale Zeit hat er nur Spott und Verachtung übrig. So ist die Ehe mit Marianne, die stets dem neuesten Technik-Trend hinterherläuft, auch längst zerrüttet. Der zynische Karikaturist, dem mit der Digitalisierung nicht nur die Zeitungen sondern auch die Honorare dahingeschwunden sind, schwelgt in der Vergangenheit und Marianne (Fanny Ardant) wäre ihn nach 45 Jahren Ehe am liebsten los, schließlich betrügt sie ihn seit Jahren mit dessen bestem Freund Francois. Da erhält Victor (Daniel Auteuil) einen Gutschein der Agentur, die sich „Time Travellers“ nennt: Für ein erkleckliches Honorar ermöglicht die Firma eine Quasi-Zeitreise. Victor wählt sich als „Zielort“ den 16. Mai 1974, den Tag, an dem er Marianne kennengelernt hat. Mit Liebe zum Detail arrangiert „Time Travellers“ ein déjà-vue-Erlebnis in dem verrauchten Lyoner Café, das ausgerechnet „La Belle Époque“ heißt. Victor ist so fasziniert, dass er bald Vergangenheit und Fake-Vergangenheit vermischt und gar nicht mehr „zurück“ will, zumal die Marianne-Darstellerin Margot auch ihre Reize hat. Damit gerät jedoch „Time Travellers“-Regisseur Antoine an seine Grenzen, seit langem verbindet ihn eine turbulente on-and-off-Beziehung mit Margot. Bis Victor sich schließlich mit der Moderne und Marianne versöhnen kann, vergehen noch etliche teure Tage im „Belle Époque“.

Gewitzte Komödie von Nicolas Bedos für die Gestrigen, die wir alle einmal werden.

Bambi, tgl. 16.30 u. 19 Uhr, am Di. Um 19 Uhr im frz. OmU

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