Kino Politische Skandale und die Untoten Elfriede Jelineks: Die Filme in Düsseldorfer Programmkinos

Düsseldorf · Mehrere Filme sind neu zu sehen. Darunter auch ein Politthriller mit Keira Knightley, in dem sie als Whistleblowerin die Regierung von Tony Blair ins Wanken bringt.

 Keira Knightley spielt die Hauptrolle im neuen Film „Official Secrets“.

Keira Knightley spielt die Hauptrolle im neuen Film „Official Secrets“.

Foto: picture alliance/dpa/Joel C Ryan

Official Secrets

Das Paradoxon des Titels offenbart das Dilemma der Protagonistin: Wem gegenüber ist sie zu Loyalität verpflichtet, der amtierenden Regierung oder dem Volk. Basierend auf dem authentischen Fall der Geheimdienstmitarbeiterin Katherine Gun zeichnet die britische Produktion von Gavin Hood das Whistleblower-Drama als Politthriller nach.

Als Mitarbeiterin des britischen Auslandsgeheimdienstes bekommt Katherine Gun (Keira Knightley) zufällig mit, dass Tony Blairs Regierung versucht, mit unsauberen Mitteln die Zustimmung zum Irak-Krieg im UN-Sicherheitsrat zu erpressen. Um einen Krieg zu verhindern, entschließt sich Gun, die Regierungsgeheimnisse über Mittelsmänner an die Redaktion des Guardian durchzustechen. Schon bald kriegt sie den geballten Fahndungsdruck der Staatsmacht zu spüren. Schließlich stellt sie sich freiwillig, um Kollegen zu schützen. Doch in der hochnotpeinlichen Affäre hat die angeschlagene Regierung noch ein paar fiese Tricks auf Lager.

Nach einem starken Beginn, der die paranoide Atmosphäre der Geheimdienstwelt wirkungsvoll nachzeichnet, verflacht der Film zum Ende hin. Da tritt die persönliche Gefühlswelt an die Stelle einer nur noch vage gezeichneten politischen Konsequenz.

Preview am Mo. um 20 Uhr (nur noch Restkarten)

Lara

Nach dem Debüterfolg mit seinem Abschluss-Film „Oh Boy“ von 2012 erzählt Filmemacher Jan-Ole Gerster nun quasi den Gegenentwurf zu seinem sich ziellos treiben lassenden Protagonisten von damals. Diesmal ist Tom Schilling als „Mamasöhnchen“ Viktor zu sehen, den der Ehrgeiz seiner Mutter in eine Karriere als Pianist getrieben hat.

Dabei nimmt der Film jedoch die Perspektive der überambitionierten Lara (Corinna Harfouch) ein, die nun, an ihrem 60. Geburtstag, vor den Trümmern ihres Lebensprojektes steht. Viktor, der ein großes Solo-Konzert mit eigenen Kompositionen gibt, hat sie nicht dazu eingeladen – stattdessen jedoch seinen Vater und dessen neue Lebensgefährtin. Dass will Kontrollfreak Lara nicht auf sich sitzen lassen und kämpft um „ihr“ Leben.

Hatte das „Slacker“-Drama „Oh Boy“ mit seinen Berliner Schwarz-Weiß-Bildern noch einen authentischen Indie-Touch, wechselt Gerster nun mit Farbbildern aus der arrivierten kultivierten Mittelschicht deutlich das Milieu. Immerhin bleibt Gerster seinem Sinn für tragikomischen Humor treu.

Cinema, täglich. 16.45 u. 19 Uhr, am Sonntag kommen Regisseur Gerster und Hauptdarstellerin Corinna Harfouch um 12 Uhr zu einer Sondervorstellung ins Cinema

Die Kinder der Toten

Elfriede Jelineks postmoderner „Splatter“-Roman aus dem Jahre 1995 ist so etwas wie eine skurrile Abrechnung mit dem Faschismus ihrer Heimat: Die Figuren sind Personen, die sich bereits in der Verwesung befinden: Opfer und Täter des Holocaust. Gewalt, Sex und Ekel bestimmen die Beziehungen, die durch eine komplexe Erzählstruktur zusätzlich „zumutend“ wirkt.

Die Verfilmung durch das Regie-Duo Kelly Copper und Pavol Liska mit einer Laienspielgruppe – in Unkenntnis des Romans (selbst die Regisseure !) – treibt den konsumfeindlichen Aspekt des Kunststücks noch weiter in den Bereich des schwer genießbaren irgendwo zwischen Experimentalfilm und trashiger Brachialsatire.

Premiere am Mo. um 19 Uhr in Anwesenheit der Regisseurin Kelly Copper

Das Wunder von Marseille

„Spiel um dein Leben, Fahim“ hieß das Buch des Schachtrainers Xavier Parmentier über die Rettung seines Schützlings Fahim, der mit 11 Jahren französischer Jugendschachmeister wurde und dann als „illegaler“ Einwanderer abgeschoben werden sollte. Auf Intervention des Premierministers wurde jedoch 2012 tatsächlich eingebürgert.

Die wahre Geschichte inszeniert Pierre-Francois Martin-Laval weniger als Sport-Drama denn als Migrationsschicksal unter schwierigen Bedingungen. Als Fahim mit seiner Familie aus Bangladesh fliehen muss, hat er als Wunderkind am Schachbrett bereits einen gewissen Ruf. Doch in Paris hat er nichts mehr, er lebt mit seiner Familie in Asylantenheimen ohne Gewissheit auf den nächsten Tag, er spricht kein Französisch. Als er dem Schachtrainer Xavier (im Film Gérard Dépardieu) begegnet, erkennt der zwar Fahims Talent, aber damit sind längst nicht alle Verständigungsprobleme zwischen den beiden eigenwilligen Persönlichkeiten bereinigt.

Metropol, tgl. 16.45 u. 19 Uhr, Do. u Di. nur 16.45 Uhr, am Mi. um 19 Uhr im frz. OmU

Giant Little Ones

Coming Out, kein Problem mehr? Das kanadische Inititationsdrama zeigt, wie schwierig es trotz verständnisvoller Eltern ist, zu seiner Sexualität stehen zu können. Franky hat eigentlich alles, was man zum Highschool-König braucht: Er sieht toll aus, ist in der Schwimm-Mannschaft und hat eine vielbegehrte Freundin. Doch er merkt, dass er sich nicht sexuell zu ihr hingezogen fühlt. Bei seiner Geburtstagsfeier geschieht es dann: Statt sein erstes Mal mit Priscilla zu verbringen, endet er betrunken mit seinem besten Freund Ballas im Bett. Peinlich berührt behauptet Ballas jedoch, Franky habe ihn betrunken gemacht und gegen seinen Willen verführt. Der Skandal an Frankys Schule ist perfekt, hämische Bemerkungen sind noch das mildeste, was Franky zu ertragen hat. Doch er findet auch neue Freunde.

Bambi, Mo. 21.15 Uhr

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