DDR-Porzellan aus Meissen im Hetjens-Museum Ausstellung „Traumwelten der DDR“ auf Meissener Porzellan

Düsseldorf · Das Hetjens-Museum an der Schulstraße zeigt bis zum 1. März 2020 eine Sonderschau.

 Mit seinen 250 Teilen ist das „Jagdservice“ von Meissen ein Blickpunkt in der Ausstellung im Hetjens-Museum an der Schulstraße. Die Ausstellung wird bis zum 1. März gezeigt.

Mit seinen 250 Teilen ist das „Jagdservice“ von Meissen ein Blickpunkt in der Ausstellung im Hetjens-Museum an der Schulstraße. Die Ausstellung wird bis zum 1. März gezeigt.

Foto: Stadt/David Young

Die Porzellanmanufaktur Meissen ist für die Menschen im Osten Deutschlands genauso wichtig wie der Zwinger in Dresden. Die Begeisterung von August dem Starken setzte sich bis zu Erich Honecker fort, dem Staatsratsvorsitzenden der DDR. So erlaubte er fünf jungen Künstlern, im Schloss Moritzburg bei Dresden zu logieren, um dem „Weißen Gold“ aus Sachsen ein neues Aussehen zu geben. Dieses Künstlerkollektiv ist hierzulande gänzlich unbekannt. Erstmals kommen ihre Nachkriegs-Produkte in den Westen. Die Schau im Hetjens-Museum ist nicht nur überfällig, sondern sie stellt auch die westliche Produktion in ein anderes Licht. Es zeigt sich nämlich, dass hiesige Firmen wie Rosenthal in Selb zeitweilig tüchtig über den Eisernen Vorhang hinweg auf die Ossis schauten.

Erich Honecker ließ die Künstler im Schloss Moritzburg logieren

 Vase mit Purpurmalerei aus „Tausendundeine Nacht“ von Ludwig Zepner und Heinz Werner, 1967.

Vase mit Purpurmalerei aus „Tausendundeine Nacht“ von Ludwig Zepner und Heinz Werner, 1967.

Foto: Daniel Bahrmann

Ein Großteil der 200 Exponate kommt direkt aus Meissen, den Rest steuern Sammler bei. Die Ausstellung gilt jedoch keineswegs den Streublümchen oder ähnlich bekannten Dekoren, die den westlichen Markt bestücken. Die Aufgabe an das Künstlerkollektiv im Schloss bestand vielmehr darin, neue Formen und Malereien zu schaffen. Das ließen sich Peter Strang, Heinz Werner, Ludwig Zepner, Rudi Stolle und Volkmar Bretschneider nicht zweimal sagen. Sie bewiesen Witz, gaukelten den Ossis vieles vor und griffen dabei tief in die Märchenkiste. „Traumwelten der DDR“ betitelt Kurator Wilko Beckmann die Schau, die sich als überaus originell erweist.

 Titania und Zettel aus dem „Sommernachtstraum“ von Peter Strang und Heinz Werner, 1975.

Titania und Zettel aus dem „Sommernachtstraum“ von Peter Strang und Heinz Werner, 1975.

Foto: Daniel Bahrmann

Zuweilen geben sich die Figuren neckisch. Eine Szene aus Tausendundeiner Nacht nennt sich etwa „Entführung auf dem Zauberpferdchen“. Auf einer von Fantasiewesen überbordenden Vase mit Wolkenlandschaft hat das „Pferdchen“ seine liebe Mühe, all die grotesken Nackedeis zu transportieren. Wilko Beckmann wird nicht müde, auf die handwerkliche Brillanz der Künstler hinzuweisen. Die Malerei sei sehr anspruchsvoll, eine Kombination aus blauer Unterglasur, bunten Farben und Gold. Perfektion ist im Städtchen an der Elbe Ehrensache.

 Wandplastik „Fliegender Teppich“ von Peter Strang und Johannes Fohlert, 1967/68.

Wandplastik „Fliegender Teppich“ von Peter Strang und Johannes Fohlert, 1967/68.

Foto: Daniel Bahrmann

Die Figuren entsprechen in ihren manieristisch gestreckten Körpern dem Stil der frühen Nachkriegszeit. Diese Formen erklären sich dadurch, dass die Meissener Künstler durch die Marionettensammlung in Radebeul beeinflusst wurden, die zu den Kunstsammlungen Dresden gehört.

Titania verliebt sich in den eselsköpfig verzauberten Zettel

Die fliehende Europa, die orientalische Prinzessin, der Oberon frei nach Shakespeare aus dem „Sommernachtstraum“, all dies taucht in diesem zauberhaften Porzellan auf. Köstlich etwa, wie der König der Elfen, zusehen muss, wie sich Titania, seine Frau und Königin, in den eselsköpfig verzauberten Zettel verliebt und auf ihn fliegt.

Auch die Geschichten von Münchhausen, dem berühmten Lügenbaron, dem die Waldnymphen wie die lüsternen Jäger nachstellen, spielen eine Rolle. Das Porzellan-Service war ursprünglich für die werktätige Bevölkerung gedacht und hat daher schlichtere und glattere Formen. Als den normalen Sterblichen im Osten die Schalen und Kännchen zu teuer waren, wurden sie mit Gold belegt und in den Export gesteckt, denn das Meissener Porzellan war zu jeder Zeit ein Export-Schlager.

Den Abgesang in der Schau macht Brechts „Dreigroschenoper“ mit Polly und Mackie Messer vor einem prächtigen roten Theatervorhang als Leuchter. Warum die Figuren so steif sind, soll Brechts Witwe Helene Weigel den Künstlern auf Schloss Moritzburg erklärt haben: Brecht hätte oft Zinnfiguren genommen, um die Szenen auf der Bühne umzusetzen. Doch Meissen bleibt Meissen: Das Tafelgeschirr mit Braut und Bräutigam ist zwar auf ein Tischtuch aus Porzellan aufgemalt, enthält aber sogar Platin, was teurer ist als Gold.

Info: Hetjens-Museum, Schulstraße 4, bis 1. März, Dienstag bis Sonntag 11 - 17 Uhr, Mittwoch bis 21 Uhr. Eintritt 5 Euro, ermäßigt 2,50 Euro. Freier Eintritt sonntags sowie generell für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, freitags bis 21 Jahren

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