Düsseldorf Kö-Bogen II: Es kann alles noch kippen

Ob das Ingenhoven-Tal gebaut wird, entscheidet sich bald. Noch gibt es viele Unwägbarkeiten.

Düsseldorf. „Ich muss ihm unfreiwillig eine Hauptrolle überlassen“, sagt der neue Schauspielhaus-Intendant Wilfried Schulz über Baudezernent Stephan Keller. Keller war derjenige, der Schulz die schlechte Nachricht überbrachte, dass das Schauspielhaus wegen der Bauarbeiten auf dem Vorplatz länger geschlossen bleiben muss als bisher geplant. Schulz, so viel steht jetzt schon fest, geht mit dieser Information pragmatisch um: Er versucht, das Beste daraus zu machen — aber er sieht auch das Risiko, dass alles noch viel schlimmer kommen könnte. Tatsächlich ist bislang nicht sicher, ob das Ingenhoven-Tal überhaupt gebaut wird. Und wenn, ob nicht noch weitere Verzögerungen drohen. Die wichtigsten Fragen und Antworten rund um das Groß-Projekt Kö-Bogen II:

Diese Frage entscheidet sich in den nächsten Wochen. Die Politik muss den Bebauungsplan absegnen — dies will sie nur tun, wenn gleichzeitig ein städtebaulicher Vertrag mit den Investoren ausgehandelt worden ist. Darin sollen gestalterische Fragen wie die Begrünung der Fassaden und die Gestaltung der schrägen Rasenfläche festgeschrieben werden. Zurzeit gibt es offenbar noch eine ganze Reihe von offenen Fragen — auch zum städtebaulichen Vertrag. Es gilt daher als unwahrscheinlich, dass der Stadtrat vor dem 15. September Beschlüsse fassen kann. Wenn er es überhaupt tut.

Bislang haben sich die vier größten Fraktionen im Rathaus mehr oder weniger positiv zum Ingenhoven-Tal geäußert. Bei SPD und Grünen klingt aber auch Skepsis durch. Ein Kernproblem ist, dass es nur wenige Visualisierungen gibt, die zeigen, wie das Ingenhoven-Tal wirklich aussehen würde. Was zum Beispiel sieht jemand, der das Schauspielhaus verlässt und frontal auf das Hauptgebäude schaut? Einen großen architektonischen Wurf mit raffinierter Fassade? Oder einfach bloß eine steil aufragende Hauswand mit der Anmutung einer begrünten Lärmschutzwand?

Architekt Christoph Ingenhoven hat zwar weitere Ansichten, hält sie aber unter Verschluss. „Wir können Ihnen das Material zum jetzigen Zeitpunkt leider nicht zur Verfügung stellen“, teilt das Büro Ingenhoven lapidar auf WZ-Anfrage mit. Grünen-Ratsherr Norbert Czerwinski mahnt indes an, dass die Politik vor einer Entscheidung mehr und bessere Ansichten brauche, „schön wäre auch eine Art Kamerafahrt über den Gründgens-Platz“.

Auch die Firma Centrum als einer der Investoren gibt sich gegenüber der Presse zugeknöpft. „Ab heute beantworten wir keine Anfragen mehr selbst, das läuft alles über die Stadt“, hieß es dort gestern.

Nach WZ-Informationen haben die Investoren bei einem internen Gespräch am Mittwochabend ausgeführt, dass das Ingenhoven-Tal Ende des ersten Quartals 2019 fertig sein könne — bei einem Baubeginn am 1. August diesen Jahres. Der aber wird nicht möglich sein, weil der Stadtrat ja frühestens am 15. September entscheidet. Und dann dauert es noch gut sechs Wochen, bis eine Baugenehmigung erteilt worden ist. Frühester Baustart wäre demnach also Anfang November. Experten freilich merken an, dass eine avisierte Bauzeit von gut zweieinhalb Jahren extrem ehrgeizig ist — und eigentlich nur im Drei-Schicht-Betrieb funktionieren könne. Mit allen Risiken, die das für den Zeitplan mit sich bringt.

Ja, denn die Schadowstraße wird erst umgebaut, wenn das Ingenhoven-Tal fertig ist, weil fast der ganze Baustellenverkehr darüber laufen wird. Bislang war ein Umbau der Schadowstraße für die Jahre 2018/2019 geplant. Jetzt dürfte es eher 2019/2020 werden — und auch das nur, wenn der ehrgeizige Zeitplan gehalten wird.

Die Erben von Schauspielhaus-Architekt Bernhard Pfau haben inzwischen Einspruch bei der Bauverwaltung eingelegt. Sie sind der Auffassung, dass nicht nur das Gebäude, sondern auch die Dimension des Platzes vom Urheberrecht geschützt sei. Jede beabsichtigte Änderung brauche ihre Zustimmung. Die Stadt macht allerdings keinerlei Anstalten, sich mit der Familie ins Benehmen zu setzen. Man ist der Meinung, das Urheberrecht gelte nicht für den Platz.

Ein Konflikt, der womöglich vor ein Gericht kommt. „Bisher ist Herr Pfau nicht ein Mal um Zustimmung zu den geplanten Eingriffen gebeten worden“, sagt Melanie Plaizier, Sprecherin der Pfau-Erben. Sie sagt: „Alle Beteiligten, die das Gesamtkunstwerk Schauspielhaus fahrlässig oder vorsätzlich verletzen, werden wir strafrechtlich verfolgen.“

Wie Schulz mit der Verzögerung umgeht: “ Kultur S. 15

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