Düsseldorf Ingenhoven-Tal — eine Mogelpackung?

Fassade wird nicht durchgängig bepflanzt. Die Hecken werden im Winter braun statt grün sein. Und: Die Begründung gegen Wohnen ist widersprüchlich.

Düsseldorf. Heute ist der letzte Tag der Öffentlichkeitsbeteiligung: Im Technischen Rathaus an der Brinckmannstraße liegen die veränderten Pläne für das so genannte Ingenhoven-Tal (Kö-Bogen II) aus. Die Öffentlichkeit kennt dazu meist nur die Visualisierungen, die von Ingenhoven selbst stammen. Aber wird und kann die Realität so aussehen wie auf den Simulationen? Oder wird es wie beim Libeskind-Bau sein, bei denen Wunsch und Wirklichkeit deutlich auseinander liegen?

Beim Ingenhoven-Tal fällt auf, dass nicht von einem Hochhaus die Rede ist, das bis zu 28 Meter emporsteigt (zwei Meter höher noch als die Libeskind-Gebäude), sondern von einem „Tal“, weil zwei Gebäude schräg abfallen und meist von oben gezeigt werden. Das mildert in der Wahrnehmung die Höhe. Auch die Fassaden in den Simulationen sind prächtig, ein frisches Grün taucht da auf. Dabei ist klar, dass die zur Begrünung vorgesehenen Hainbuchhecken die Hälfte des Jahres braun sein werden.

Wer die Begründungstexte zum Bebauungsplanentwurf liest, kommt der Realität näher. Demnach steigt Ingenhovens Komplex von 19,50 Meter am Gründgens-Platz über 22,80 Metern an der Bleichstraße bis zu 28 Meter am Jan-Wellem-Platz an. Der Einzelhandel erhält eine massive Erweiterung (im Erd- und Untergeschoss sowie den ersten beiden Obergeschossen). Dies entspricht dem Einzelhandelskonzept. Daran ist nicht zu rütteln.

Zur Diskussion steht die Nutzung oberhalb des zweiten Obergeschosses, dort ist an Büros und Dienstleistungsbetriebe gedacht. Der Wunsch des früheren Oberbürgermeisters Dirk Elbers, dort auch Wohnungen unterzubringen, wird abgelehnt. Dies steht freilich im Widerspruch zu den neuen Ideen, wie sie etwa die Stararchitektin und Düsseldorfer Akademieprofessorin Nathalie de Vries eindrucksvoll in Rotterdam verwirklicht. Wohnen bringt eine Belebung in den Abend- und Nachtstunden, darauf zu verzichten, entspricht einem veralteten Bauprinzip.

Das Nein zum Wohnen kommt von Ingenhoven selbst. Er argumentiert mit den Hainbuchenhecken, die er in ein „Regalsystem“ aus Pflanztrögen steckt und vertikal an der Fassade stapeln will. In den Einkaufsebenen ist die grüne Fassade geschlossen. Laut Bebauungsplanentwurf muss die sie „mit lückenlosen, geschlossenen und standortgerechten Hecken“ begrünt werden.

Wohnen in den Obergeschossen wird abgelehnt mit der Begründung, dass es auch an den Obergeschossen keine Lücken in den Hecken geben soll:

„Um eine hinreichende Belichtung der Wohnungen und deren Freiräumen gewährleisten zu können, müsste die Grünfassade in den oberen Geschossen stark aufgebrochen werden, was der architektonischen Idee der Grünfassade entgegensteht.“

Begründung B-Plan-Entwurf S. 84

Was zu der Frage führt, ob Büros keine Belichtung brauchen. Das Gegenteil ist der Fall: Die Einrichtung von fensternahen Arbeitsplätzen und ausreichendem Tageslicht sind ausdrücklich im Anforderungskatalog über Arbeitsstätten enthalten. Tatsächlich steht an anderer Stelle derselben Vorlage dieser Passus:

„Um die Anforderung an Arbeitsplätze im Sinne der Belichtung und des Außenbezugs sicherzustellen, werden in diesem Bereich einzelne Trogstreifen ausgespart“.

Begründung B-Plan-Entwurf S. 16

Auf Nachfrage räumt CDU-Planungsexperte Alexander Fils ein, dass es oberhalb des zweiten Obergeschosses „eine Art Schachbrettmuster“ geben soll — mit begrünten Flächen und Flächen ohne Hecke. Dies ändere aber nichts am Gesamteindruck des Gebäudes: „Das Büro Ingenhoven sagt, diese Bereiche seien von unten aus nicht sichtbar.“

Offen bleibt allerdings die Frage, warum es dann keine Wohnungen geben kann, wenn die Hainbuchhecken ohnehin unterbrochen werden. Der wahrscheinliche Grund: Der Architekt denkt vorrangig an seine Investoren, denn Wohnungen sind im Vergleich zu Büros teuer, sie benötigen mehr Installationsschächte und Treppenhäuser. Diese würden in den unteren Geschossen die zusammenhängenden Verkaufsflächen perforieren. Hier ist ein guter Architekt gefragt, damit die Verkaufsflächen attraktiv bleiben.

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