Bordelle Billiger Sex statt Champagner-Partys - Warum sich Düsseldorfs Rotlicht-Szene verändert

Düsseldorf · Im Geschäft mit der Prostitution hat sich viel verändert. Großbordelle wie das Oceans gewinnen in Düsseldorf zunehmend an Einfluss. Das sorgt für Entwicklungen, die der Polizei nicht gefallen.

In Düsseldorf gibt es immer mehr Großbordelle, die mit billigen Preisen werben.

In Düsseldorf gibt es immer mehr Großbordelle, die mit billigen Preisen werben.

Foto: Oliver Berg

Viele Jahre lang stand die Rethelstraße für das Rotlicht-Milieu in Düsseldorf. Zum Sex knallten die Champagner-Korken, „Puff-Daddy“ Bert Wollersheim hatte seine eigene Fernseh-Doku und wer sich in einem der Themenzimmer vergnügen wollte, der wusste, dass er genug Geld mitnehmen musste. Doch die Zeiten sind vorbei, seit das Etablissement von der Staatsanwaltschaft dicht gemacht wurde. „Der Trend geht zu Großbordellen. Viele gehen dorthin, weil es billig ist. Sogar aus Belgien und Holland kommen Gäste“, weiß Dietmar Kneib, Leiter der Kriminalinspektion 2 — Organisierte Kriminalität, zu der auch KK21 gehört, das sich mit dem Rotlicht-Milieu beschäftigt.

In Reisholz, Kaarst, Ratingen und mit dem „Oceans“ auch in Rath sind in den vergangenen Jahren solche XXL-Freudenhäuser entstanden, die damit werben, dass dort bis zu 100 Frauen zur Verfügung stehen. Die Grundlage für Großbordelle hatte der Gesetzgeber 2001 mit dem Prostitutionsgesetz geschaffen, das sexuelle Handlungen gegen Geld legalisierte. „Das funktioniert immer nach dem gleichen Prinzip. Die Betreiber von Großbordellen treten nur noch als Zimmervermieter in Erscheinung“, so Kneib.

Die Situation vieler Frauen hat sich dadurch keineswegs verbessert, im Gegenteil. In den Häusern arbeiten überwiegend Frauen aus Rumänien und Bulgarien, inzwischen auch vermehrt aus Moldawien und der Ukraine. Die werden oft durch organisierte Banden eingeschleust und gnadenlos ausgebeutet. Die Polizei und die Justiz haben es bei der Beweisführung nicht einfach, denn ohne die Aussage der Frauen sind die Ermittlungen schwierig und Verurteilungen kaum möglich. Kneib: „Viele Frauen schweigen, denn sie versorgen mit dem wenigen Geld, das sie verdienen, ihre Familien in den Heimatländern. Und das zumeist unter enormem Druck, weil die Familien von der Prostitutionsausübung nichts wissen.“

Trotzdem oder gerade deswegen sind sich Polizei und Staatsanwaltschaft in Düsseldorf einig, den Menschenhandel und das Rotlichtmilieu zum Schutz der Frauen allgemein durch Kontrollen und qualifizierte Ermittlungsverfahren permanent zu überwachen.

Kriminaldirektor Dietmar Kneib.

Kriminaldirektor Dietmar Kneib.

Foto: ale

Die intensiven Ermittlungen in der Rotlicht-Szene bringen aber auch immer wieder Erfolge. Das habe unter anderem die Razzia bei dem Bordell „Hinter dem Bahndamm“ deutlich gemacht. Die Vorwürfe sind ähnlich wie in der Rethelstraße. Bei Freiern, die eigentlich nur 50 Euro ausgeben wollten, seien am nächsten Tag 2000 bis 3000 Euro vom Konto verschwunden gewesen. Acht Personen wurden dabei festgenommen, die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen.

Obwohl in der Altstadt selbst keine Bordellbetriebe sind, spielt sie bei der organisierten Kriminalität eine große Rolle. Nachdem in der Silvesternacht 2015 zwei Menschen durch Schüsse verletzt wurden, wurden die Ermittlungen intensiviert. Insgesamt sei es inzwischen wieder ruhiger in der Szene geworden: „Weil wir die Entwicklung auch in der Altstadt immer im Blick haben und Präsenz zeigen.“ Die Konflikte zwischen den Hells Angels und dem Betreiber des „Oceans“, einer Rotlicht-Größe aus dem Ruhrgebiet, scheinen sich zumindest beruhigt zu haben.

Der hatte ein „Lokalverbot“ für die Rocker angeordnet und zudem noch eine Pizzeria an der Bolkerstraße eröffnet. Direkt neben Lokalen, die den Hells Angels zugerechnet werden. Für Aufsehen hatte ein angeblicher Reizgas-Überfall an den Karnevalstagen gesorgt. Inzwischen hat sich der Oceans-Chef aber wieder aus der Altstadt zurückgezogen.

Und wo ist der „Champagner-Sex“ geblieben? „Ich weiß es nicht. Vielleicht gibt es das noch in privatem Rahmen, jedenfalls nicht in den Großbordellen“, sagt Kneib. Ohnehin würde inzwischen viel weniger Geld in der Branche ausgegeben. Messegäste, die bereit sind, vierstellige Summen für eine aufregende Nacht auf den Tisch zu legen, gibt es immer weniger.

Hinzu kommt: Auch die Rotlicht-Szene nutzt zunehmend das Internet. Viele Kontakte werden inzwischen über einschlägige Portale geknüpft und die Treffen finden dann oft im privaten Bereich statt. Ob mit oder ohne Champagner bleibt dann den Beteiligten überlassen.

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