Bis 63 km/h — Bahnen rasen auf der Kölner Landstraße

Mehrere tödliche Unfälle hat es an der Straße bereits gegeben. Ausgerechnet dort fahren Bahnen teils viel zu schnell.

Düsseldorf. 2001 geriet eine 59-Jährige an der Kölner Landstraße in Höhe Leichlinger Straße unter eine Bahn und starb, auch ein Achtjähriger lief 2001 auf der Straße vor eine Bahn. 2007 wurde ein 86-Jähriger am Übergang zur Straße Hinter den Höfen von einer Bahn erfasst und tödlich verletzt, an selber Stelle starb 2009 ein 45-Jähriger.

Die Kölner Landstraße war immer wieder Schauplatz dramatischer Bahnunfälle. Umso größer ist die Empörung eines Lesers, der sich an die WZ wandte: Jeden Morgen fährt er die Kölner Landstraße in Richtung Holthausen, um seinen Sohn zur Kita zu bringen. „Und fast jeden Tag ziehen die Bahnen mit locker über 60 km/h an mir vorbei.“

„Der Tacho ist kein geeichtes Messinstrument“, widerspricht Rheinbahn-Sprecher Georg Schumacher. Die Bahnen — Stadtbahnen können bis zu 80 km/h fahren, Silberpfeile sind bei 65 Stundenkilometern abgeregelt — dürften an der Kölner Landstraße Tempo 50 fahren wie die Autos.

Regelmäßig gebe es Überprüfungen durch die Fahrmeister, bei denen mit Stoppuhren gemessen wird, wie lange eine Bahn für eine definierte Strecke benötigt. Schumacher: „Ich gehe davon aus, dass wir uns ans Tempolimit halten.“

Also hat die WZ den Test gemacht: Mit einer Laserpistole wurde die Geschwindigkeit der Bahnen zwischen den Stationen Ickerswarder Straße und Elbruchstraße überprüft. Der Streckenabschnitt ist fast schnurgerade, die Bahntrasse durch eine durchgezogene Linie von der Fahrspur für Autos abgegrenzt.

Allerdings ist diese Linie an einer Stelle unterbrochen, wo Autos wenden können. Und: Es gibt auf mehreren hundert Metern keinen Fußgängerüberweg.

Zunächst messen wir am späten Vormittag. Mit deutlichem Ergebnis: Die allermeisten Bahnen bleiben sogar unterhalb der 50-Stundenkilometer-Marke — nur wenige Ausreißer gibt es, die mit 53 km/h unterwegs sind, eine einzige Bahn fährt in der Spitze 60 km/h.

Die nächste Messung erfolgt ab 8.30 Uhr — im stressigen Berufsverkehr. Das Ergebnis ist ebenso deutlich: Von zehn Bahnen fährt bei dieser Stichprobe nur eine 48 km/h und somit streng nach Vorschrift.

Alle anderen Bahnen sind mit mehr als 55 km/h auf dem Teilstück unterwegs, vier von zehnen sogar mit 57 oder 58 km/h. Spitzenreiter: eine U-Bahn Richtung Holthausen mit 63 km/h.

Offenbar wird die gerade Strecke zur Rush-Hour, wenn zahlreiche Fahrgäste ein- und aussteigen und Bahnen an den Stationen länger stehen müssen, genutzt, um Verspätungen aufzuholen. Rheinbahn-Sprecher Schumacher kennt die Situation der Fahrer: „Sie haben einen Fahrplan im Nacken. Da ist ein gewisser Druck dahinter.“

Die Bahnen haben in Düsseldorf lange nicht überall Vorrang vor den Autos, sie müssen enge Zeitfenster an den Ampeln erwischen. Schumacher: „Wenn sie die nicht genau treffen, stehen sie einen kompletten Ampelumlauf von 70 Sekunden. Da wird viel Zeit verplempert.“

Dennoch ist das Ergebnis im WZ-Test aus Sicht der Rheinbahn nicht akzeptabel. „Wir haben eine besondere Sorgfaltspflicht“, sagt Georg Schumacher — schon weil die Bahnen mit ihrer Größe und dem langen Bremsweg ein besonderes Risiko im Verkehr darstellten. „Auf die Strecke Kölner Landstraße werden wir in Zukunft verstärkt ein Auge werfen müssen.“

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