Corona : „Der Zoo ist ein wichtiger Zufluchtsort für die Menschen“
Wie erleben Sie die Situation im zweiten Lockdown?
Prof. Theo B. Pagel: Der Zoo bleibt mindestens bis zum 10. Januar geschlossen. Das sehe ich mit gemischten Gefühlen. Da ist auf der einen Seite, die Frage, wie es weiter geht. Und da ist auf der anderen Seite, das Verständnis, dass etwas getan werden muss, um die Pandemie in den Griff zu bekommen. Es stellen sich aktuell viele Fragen: Wie stellen wir die Sicherung der Jobs dar? Können wir die Versorgung der Tiere gewährleisten? Und wie können wir uns weiter finanzieren? Allerdings besteht durch den Impfstoff die Hoffnung, dass es im kommenden Jahr wieder besser wird.
Was unterscheidet die Situation von der im Frühjahr?
Pagel: Im Frühjahr war noch alles offen, man wusste nicht, wie es weiter geht. Jetzt gibt es durch den Impfstoff schon etwas Licht am Ende des Tunnels. Doch dieser wird alleine nicht ausreichen, es kommt auch auf das Verhalten der Menschen an. Für uns geht die Situation langsam an die Substanz. Wir haben den ersten Lockdown überstanden und werden auch den zweiten überstehen. Aber, was passiert, wenn ein dritter oder vierter Lockdown kommt? Andererseits bereiten wir uns gerade wieder auf die Rückkehr zur Normalität sowie auf die nächste Saison vor und lassen die Zeit der Schließung auch nicht ungenutzt. So werden jetzt Maßnahmen im Besucherbereich umgesetzt, die beim normalen Betrieb unsere Besucher stören würden.
Wie gehen die Tiere mit dem leeren Zoo um?
Pagel: Sie vermissen die Besucher. Es ist schon etwas anderes, wenn die vielen Besucher durch den Zoo strömen. Wir haben auch viele Abonnenten, die zum Beispiel regelmäßig zu einem bestimmten Zeitpunkt die Menschenaffen besuchen. Die fragen sich jetzt, wo ihr Besucher bleibt. Deutlich merkt man es zum Beispiel auch bei den Giraffen. Die schauen sich um, wenn Fremde im Zoo unterwegs sind. Sonst würden sie an einem normalen Tag nicht einmal blinzeln, jetzt drehen alle ihre Köpfe. Das hätten wir so nicht erwartet.
Welche Folgen hat die erneute Schließung für den Zoo?
Pagel: Da wir keine Einnahmen haben, werden uns in diesem Jahr etwa drei Millionen Euro fehlen. Schon in einem normalen Jahr gilt, wenn es an Ostern schlecht läuft, können wir das im Rest des Jahres nicht mehr aufholen. Wir haben aktuell Corona-Hilfen beantragt, aber es dauert, bis diese ausgezahlt werden. Wir sind zudem in Gesprächen mit der Stadt. Zugutekommt uns, dass wir immer gut gewirtschaftet haben. So werden wir den Winter überstehen, aber irgendwann muss es wieder normal weitergehen.
Wie lief der Sommer und der Herbst nach der Wiedereröffnung?
Pagel: Durch die Restriktionen durften wir maximal zwischen 3500 und 5000 Besucher gleichzeitig auf das Gelände lassen. Das wurde wie in den Geschäften nach Besuchern auf den Quadratmetern der Wegeflächen berechnet. Außerdem mussten die Besucher sich online registrieren und voranmelden, um lange Warteschlangen vor dem Zoo zu vermeiden. Dadurch haben wir gerade an den Wochenenden nie unsere Spitzenwerte der Vorjahre erreicht. Dabei waren wir oft in der Woche ausgebucht, das Interesse am Zoo ist also ungebrochen. Aber durch die Mindestzahlen waren es insgesamt deutlich weniger Besucher.