Krefeld Pinguine Fritzmeier: „Wir brauchen eine neue Identität“

Der Pinguine-Trainer kündigt einen gravierenden Umbruch an. Potenzial sei da, aber „uns fehlen die Top-Spieler“.

Knapp drei Monate ist Franz-David Fritzmeier Cheftrainer der Krefeld Pinguine. Eine intensive Zeit für den Coach, eine sportlich enttäuschende für Spieler, Fans und das Umfeld. Der Herzensclub der Krefelder hat akute Atemnot. Fritzmeier hat ihn von der Intensivstation geholt. Der Patient scheint auf dem Weg der Besserung. Welche Maßnahmen dazu noch notwendig sind, erzählt Fritzmeier im Interview mit unserer Zeitung.

Herr Fritzmeier, Sie haben Zuversicht versprüht, immer und immer wieder. Die Punkte aber kamen nicht wie erhofft. Wie viel Kraft hat Sie das gekostet bei allen Enttäuschungen?

Franz-David Fritzmeier: Ich war mir der Aufgabe hier sehr bewusst. Ich wusste, wie die Mannschaft aufgestellt ist. Und was sich ändern muss. Eben viel klarer und strukturierter zu spielen. Ich war dann aber selber überrascht, weil ich trotz der vielen Niederlagen gespürt habe, wir kommen trotzdem immer ein Stück weiter. Es sind viele Szenarien entstanden, die speziell waren. Es ist immer klarer geworden, dass wir nicht schlecht spielen, sondern dass uns die Qualität im Abschluss fehlt. Und wenn du nicht triffst, gewinnst du nicht oft. Wir haben auch trotz Führungen nie den Sack zugemacht. Wir haben aber immer dem Umstand getrotzt, eine Negativstimmung aufkommen zu lassen. Es gab für mich keinen Tag, an dem ich gedacht habe, wärst du doch besser in Köln geblieben. Je mehr ich mich in meine Aufgaben hier einfinde, desto größer ist der Spaß an der Arbeit.

Sie haben mal gesagt, meine Mannschaft überrascht mich immer wieder. Ist das Selbstironie oder Vorwurf?

Fritzmeier: Mehr Selbstironie, aber auch ein bisschen Kritik. Jeder von uns hat seinen Job zu erledigen. Wenn Spieler immer wieder den gleichen Fehler machen, sind sie nicht gut genug. Okay, ein- oder zweimal geht. Aber nicht sieben- oder achtmal. Es ist ja nichts Persönliches. Als Trainer muss ich das Schiff leiten und stabil sein. Ich muss den Finger in die Wunde legen, egal wie gut der Charakter der Mannschaft ist.

Wo haben Sie sich in der Analyse des Ist-Zustandes der Mannschaft getäuscht?

Fritzmeier: Ich habe nicht gedacht, dass es so schwer ist, Tore zu schießen. Ich möchte aggressiv und offensiv spielen. Und ich habe gedacht, hoffentlich kriegen wir das in dem Konzept hin, dass wir auch stabil genug defensiv stehen. Dabei ging das ja ganz schnell, weniger Gegentore zu bekommen. Ich habe nicht einkalkuliert, dass wir so Probleme haben, Tore zu schießen.

Es fehlt an Qualität.

Fritzmeier: Erfahrung und Qualität. Manchmal an Entschlossenheit, auch an Selbstvertrauen. Wir reden oft darüber, was wir für Tore bekommen. Wenn ich aber sehe, was wir für Möglichkeiten im Angriff hatten. Das hat mich nachdenklich gemacht. Das kann man trainieren, aber nur bedingt.

Das heißt aber auch, dass bereits im zweiten Jahr die Transfers nicht greifen. Was ist Ihre Konsequenz daraus. Am Ende geht es ja ans Geld.

Fritzmeier: Uns ist allen klar, dass wir uns in der Spitze verstärken müssen. Außer Schymainski und Pietta haben wir kein regelmäßiges Scoring. Wir brauchen zwei starke Top-Reihen. Die Spitzenspieler müssen den Laden führen. Das geht hinten los. Wir brauchen eine stabile Achse. Um die herum kann man gut eine Mannschaft bauen. Und die Qualität dafür haben wir, sonst würden wir nicht so viele Spiele knapp verlieren. Unsere zweite Reihe spielt ganz gut, aber sie spielt mehr wie eine dritte Reihe. Die Wahrheit ist nach zwei Dritteln in der Tabelle ablesbar.

Bei sportlichem Misserfolg trifft es zumeist den Trainer. Ihr Stuhl aber ist fest einbetoniert. Das heißt — es trifft die Spieler. Bei 16 Profis laufen die Verträge aus. Das ist die Chance zur Runderneuerung der Pinguine.

Fritzmeier: Nach so einer Saison muss es Änderungen geben. Dass sie größer sind als sonst, ist auch normal. Man darf nie vergessen, der Kern der Mannschaft ist okay, wir haben Potenzial von Spielern, die sich entwickeln können. Die sind aber im Moment an Positionen in der Mannschaft, wo sie vom Leistungsstand noch nicht hingehören. Wir werden nicht in Panik verfallen und alles verändern.

Was sind Ihre Kriterien für den Umbau der Mannschaft?

Fritzmeier: Wir brauchen eine neue Identität. Für was stehen wir. Ja, wir wollen mit jungen Spielern arbeiten, den Weg werden wir auch weitergehen. Ein Standort zu sein, wo Talente hingehen. Nur — das kann nicht alles sein. Wir müssen in die Spitze investieren und gute Leute haben. Da dürfen wir uns keine Fehler leisten. Wir müssen gut scouten. Die ersten vier Verteidiger müssen stabil sein, dahinter sind wir gut aufgestellt. Wir wollen auch eine bessere Verzahnung mit dem KEV ’81. Wir trainieren daher jetzt auch am Dienstagnachmittag, damit wir beide enger zusammenführen. Die Nachwuchsspieler sollen sehen, bei uns reinrutschen zu können.

Wie sieht Ihr Zeitplan beim Umbau der Mannschaft aus. Wollen Sie im Mai alles fix haben?

Fritzmeier: Das muss nicht sein. Ich werde sehr viele Spiele gucken — auch im Ausland.

Was ist mit ehemaligen Spielern wie Patrick Klöpper und Kevin Orendorz?

Fritzmeier: Ich möchte nichts bestätigen oder dementieren. Sie sind vom KEV ausgebildet worden. Sie sind potenzielle Kandidaten, die in den hinteren Reihen ihre Chance noch einmal kriegen können. Es geht aber nicht um jung oder alt. In der Spitze müssen gute Spieler den Laden rocken.

Sie haben zu viel Mittelmaß im Team?

Fritzmeier: Im Preis-Leistungsgedanken kann ich so vielen Spielern hier nichts vorwerfen. Aber man braucht auch mal Spieler, die über ihrem finanziellen Rahmen spielen.

Wann sagen Sie den Spielern, die es trifft, dass Sie keine Zukunft mehr in Krefeld haben?

Fritzmeier: Es gibt schon immer Tendenzen. Das wissen die Spieler auch. Es geht für einen Profi immer um seine Zukunft. Entweder hier oder woanders. Jeder hat sein Bestes zu geben. Wenn wir professionell arbeiten, können wir auch viel Spaß haben.

Die, die am meisten Geld verdienen, sollen auch die Besten auf dem Eis sein?

Fritzmeier: Ja, aber da gibt es auch ein Zerrbild. Oft denkt man, okay Importspieler, deutscher Spieler. Aber die Kluft ist nicht so weit auseinander wie vielfach angenommen. Es gibt nicht viele, die unter ihren Möglichkeiten spielen. Unser Problem ist eher, wir haben kaum jemand, der über seinen Möglichkeiten spielt. Wie einst Kevin Clarke.

Wo sehen Sie die Pinguine heute in einem Jahr?

Fritzmeier: Wir werden uns über dem Rahmen unserer Möglichkeiten bewegen, ob wir Sechster oder Elfter sind — wir werden uns in vielen Dingen verbessern. Die Mannschaft hat einen guten Charakter. Sie braucht Hilfe — in der Spitze. Mit Qualität.

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