Telefonaktion: Vergesslich – habe ich Alzheimer?

Die Ratschläge unserer drei Experten sind auf großes Interesse gestoßen. Hier die wichtigsten Fragen.

Düsseldorf. "Wenn ich einen Brief schreibe, fällt mir plötzlich ein Wort nicht ein. Es ist, als hätte ich es nie gekannt. Ich weiß aber, dass ich den Begriff oft benutzt habe." Detailliert beschreibt die Anruferin ihr Problem. "Habe ich Alzheimer?", fragt sie Jochen-Peter Scriba, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, der neben Susanne Hackenberg-Scriba und Michael Lorrain gestern den Lesern unserer Zeitung zum Thema Demenz mit fachkundigem Rat zur Seite stand.

Es gebe verschiedene Auslöser, die dieses Phänomen erklären, sagen die Ärzte. Nur eines davon ließe auf die Krankheit Alzheimer schließen. Derzeit sind etwa eine Million Menschen in Deutschland an Demenz erkrankt - mehr als 60 Prozent sind Alzheimer-Patienten. Hochrechnungen besagen, dass auf Grund der Überalterung unserer Gesellschaft im Jahr 2020 die Krankheitsfälle die Zwei-Millionen-Grenze überschreiten. 20 Prozent der 80-Jährigen seien betroffen, rund 95 Prozent der 90-Jährigen. Hier die wichtigsten Fragen unserer Leser:

Besonders betroffen ist das Kurzzeitgedächtnis. Wenn eine Person, die immer organisiert war, Termine oder Namen vergisst. Wenn eine Frage, die gerade gestellt wurde, vergessen wird oder Begriffe nicht mehr einfallen. Aber auch Orientierungsstörungen und gestörte Abläufe im Alltag lassen auf eine mögliche Erkrankung schließen. Etwa wenn der Schlüssel plötzlich im Kühlschrank liegt. Oder die Knöpfe der Bluse falsch geknöpft werden. In manchen Fällen kann die Depression ein erstes Anzeichen sein.

Der erste Weg führt zum Hausarzt, der eine Überweisung an den Facharzt ausstellt. Auch kann man den direkten Weg zum Neurologen oder Psychiater wählen. Dort werden zunächst Gedächtnis-Tests gemacht. Dringend muss unterschieden werden zwischen Demenz und gewöhnlicher Alters-Vergesslichkeit. Auch ein Tumor kann Demenz auslösen. Verschärft sich der Verdacht auf Alzheimer, werden weitere Tests, eine Kernspintomographie und neurologische Untersuchungen gemacht. Steht die Diagnose, wird entschieden, welche Therapieform richtig ist.

Viele Betroffene vertuschen erste Anzeichen auch vor sich selbst. Konfrontation sei der falsche Weg, so die Experten. Die Person sollte langsam an das Thema herangeführt werden. Unter dem Deckmantel "Vorbeuge-Untersuchung" kann ein Arzt entspannter aufgesucht werden. Man sollte zeigen, dass die Person Vertrauen haben kann.

Medikamente helfen nicht bei allen Alzheimer-Formen. Wenn sie anschlagen, bremsen sie den Krankheitsverlauf. Bei einer leichten Krankheitsform gibt es die "Cholinesrerase Hemmer" in Form von Tabletten und Pflastern. Bei schwerer Erkrankung hilft der Wirkstoff "Memantine". Angehörige sollten bei Erkrankungsformen, die medikamentös behandelt werden können, darauf bestehen. Viele Ärzte zierten sich auf Grund der hohen Kosten, wissen die Experten. Beschäftigungstherapie, Krankengymnastik und Gedächtnistraining erleichtert Betroffenen den Alltag. Letzteres allerdings ist nur im Anfangs-Stadium sinnvoll. Sonst ist dies eher frustrierend.

Es gibt Kliniken und Einrichtungen mit speziellen Angeboten, beispielsweise Angehörigen-Schulungen. Dort werden Ratschläge zum Alltag mit Alzheimer-Patienten gegeben. Zwei auf Alzheimer spezialisierte Kliniken, die "Klinik am Stein" im Sauerland und das "Therapiezentrum Bad Aibling" in Bayern, bieten stationäre Therapien für Angehörige und Patienten an. So kommen Kranke und ihre Angehörigen zu Hause besser klar. Nicht alle Kassen übernehmen die Kosten. Die Experten raten, in Revision zu gehen. Denn in vielen Fällen könne so ein Heim-Aufenthalt vermieden werden.

Wichtig ist, sich Hilfe zu holen in Form von Psychotherapie oder einer Selbsthilfegruppe. Der Alltag mit einem Alzheimer-Patienten ist eine schwere Belastung für Angehörige. Spezielle Tageseinrichtungen für Demenzkranke betreuen die Patienten gut, und Angehörige haben Zeit, ihr eigenes Leben zu führen. Auch mobile Pflegedienste können helfen.

In einigen Fällen ist die Krankheit vererbbar. Gesunde Ernährung und Bewegung, können vorbeugen, Alkohol und Zigaretten sollten gemieden werden. Risiko-Patienten sind Diabetiker, Personen mit neurologischen Vorerkrankungen oder Herz-Kreislauf-Erkrankte.

Adressen und Informationen:

www.demenz-service-nrw.de

www.deutsche-alzheimer.de

www.caritas-nrw.de

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