Sportverletzung Wenn das Schienbein plötzlich schmerzt

Ein schmerzendes Schienbein, das plötzlich während des Sports auftritt, ist nicht immer eine Folge von Muskelkater. Die ziehenden Schmerzen, die viele Sportler kennen, können auch eine andere Ursache haben: Das Schienbeinkantensyndrom, umgangssprachlich „Shin Splints“ genannt.

 Das Schienbeinkanten-Syndrom kann auch chronisch werden.

Das Schienbeinkanten-Syndrom kann auch chronisch werden.

Foto: picture alliance / dpa-infografi/dpa-infografik

Im Gegensatz zu Zerrungen oder Bänderrissen gehört das Schienbeinkantensyndrom nicht gerade zu den bekannteren Verletzungen – aber zu den häufigsten. Das Schienbeinkantensyndrom, auch mediales Tibiakantensyndrom oder umgangssprachlich „shin splints“ (englisch shin = Schienbein, splint = Schiene) genannt, tritt besonders nach sportlicher Aktivität auf. Gerade Läufer sind oft davon betroffen. Vor allem, wenn im Frühjahr oder Herbst der Bodenbelag gewechselt wird, bei zu schneller Steigerung der Trainingsintensität oder nach einem Technikwechsel von Tempoläufen zum Intervalltraining kann der Schmerz im Schienbein auftreten. Aber auch bei Sprungsportarten kann das wiederholte Abspringen und Landen die Shin Splints hervorrufen. Ebenso Tanzen, Eiskunstlauf, Fußball oder Walking.

Beim Schienbeinkantensyndrom handelt sich um eine Überreizung der Knochenhaut an der inneren oder vorderen Schienbeinkante. Vom leichten Ziehen im Schienbein bis hin zur Ablösung der Knochenhaut kann sich die Verletzung unterschiedlich heftig auswirken.Das Schienbeinkantensyndrom ist die dritthäufigste Verletzung bei Sportlern, die laufen oder springen. Häufiger treten nur Probleme mit der Achillessehne und die sogenannten Ermüdungsfrakturen auf (Knochenbrüche durch Überbelastung). Gerade weil es zu den häufigsten Verletzungen gehört, sollte man dem Syndrom zeitnah vorbeugen. Es gibt kaum einen Läufer, der nicht zu irgendeinem Zeitpunkt in der Laufkarriere Shin Splints in irgendeiner Ausführung hatte. Neben den schon genannten Ursachen gehören unter anderem muskuläre Dysbalancen, falsche Laufschuhe, fehlerhafte Lauftechnik oder zu ausgeprägtes Laufen auf dem Vorfuß zu den Gründe für das Schienbeinkantensyndrom.

Um dem Schienbeinkantensyndrom vorzubeugen, sollte man seine Trainingsintensität um maximal zehn Prozent pro Woche steigern. Bislang wurde auch das Dehnen der Wadenmuskeln empfohlen, was sich jedoch nicht als vorbeugend erwiesen hat. Stattdessen raten Experten inzwischen häufiger zum Taping des Unterschenkels mit Kinesio-Tape oder funktionellem Tape. Wer öfter am Schienbeinkantensyndrom leidet, kann auf eine Sprunggelenksbandage zurückgreifen. So wird der Knöchel stabilisiert, was letztlich den Schienbeinmuskel entlastet. Da die Verletzung auch chronisch werden kann, gehört zu den wichtigsten Maßnahmen ein sofortiger Trainingsstopp beim ersten Auftreten der Schmerzen. Wer weiterläuft, riskiert die Verschlimmerung.

Typische Symptome des Schienbeinkantensyndroms

Beim Schienbeinkantensyndrom handelt es sich um eine Überreizung der Knochenhaut. Typische Symptome sind Schmerzen an der Innenfläche des Schienbeins. Dort beginnen die langen Fußmuskeln. Sind diese überlastet, kommt es zur schmerzhaften Reizung der Knochenhaut. Die Schmerzen treten häufig zu Beginn der Belastung und dann erst wieder zum Ende der Belastung auf. Weiterhin besteht in der unteren Knochenhälfte des Schienbeins eine Druckempfindlichkeit entlang des Schafts, manchmal auch mit tastbaren Schwellungen. In der Regel ist der Schmerz so stark, dass die sportliche Betätigung unterbrochen werden muss. In der Ruhepause klingt der Schmerz ab, tritt jedoch mit erneuter Belastung schnell wieder auf – vor allem beim Abrollen des Fußes. Weiteres Symptom sind Schmerzen beim Strecken des Fußes.

Bei der Diagnose setzt der Arzt üblicherweise auf ein Gespräch mit dem Patienten sowie eine körperliche Untersuchung. Die Schmerzen bei Druck auf die Schienbein-Innenfläche sind so typisch, dass sie hilfreich bei der Diagnose sind. Weitere Untersuchungen wie Röntgenaufnahmen oder eine Kernspintomografie sind zumeist nicht nötig. Sie helfen lediglich, eine Stressfraktur des Schienbeins auszuschließen und werden auch nur dann angeordnet, wenn diese Möglichkeit besteht.Die Behandlung des Schienbeinkantensyndroms sieht in der akuten Phase eine Trainingspause von mindestens ein bis zwei Wochen vor – je nach Intensität der Knochenhautreizung. Manchmal kann es auch Wochen bis Monate dauern, bis der Betroffene wieder trainieren kann. Kühlende Umschläge mit Eis und entzündungshemmende Salben können helfen, die Heilung zu beschleunigen. Auch homöopathische Mittel wie Arnica oder Rhus toxicodendron unterstützen die Heilung. Aber auch Enzympräparate oder muskelentspannende Medikamente, sogenannte Muskelrelaxanzien können zum Einsatz kommen.

Ist das Schienbeinkantensyndrom bereits chronisch, kann auch eine Behandlung mit Wärme sinnvoll sein: Vor als auch nach dem Training können Läufer feuchte Hitzeanwendungen durchführen. Geeignet dafür ist eine Wärmflasche, die in ein feuchtes Handtuch gewickelt. Das fördert die Durchblutung des Muskels. Generell gilt: Alle Faktoren, die zu den Shin splints beigetragen haben, sollten so gut es geht beseitigt werden. Dazu gehört gegebenenfalls die Anpassung der Laufschuhe oder allgemein der Trainingsausrüstung.

Sport treiben nach einem Schienbeinkantensyndrom

Wer nach den Schienbeinkantensyndrom wieder mit Sport beginnen möchte, sollte das Training langsam und stufenweise steigern. Der Wiedereinstieg solle erst dann erfolgen, wenn bei Belastung des Schienbeins keine Schmerzen bestehen und der Schmerz bei Druck auf die Schienbein-Innenfläche nicht mehr auftritt. Gerade zu Beginn sollte auf weichem Untergrund gelaufen werden. Später kann ein häufiger Wechsel des Untergrunds helfen, künftig ein Schienbeinkantensyndrom zu vermeiden – da der Muskel durch die Wechsel gestärkt wird.

Weitere typische Laufverletzungen

Achillessehnen-Entzündung: Unter zu viel Druck zieht sich die Sehne fest zusammen und ist gezwungen zu stark zu arbeiten. Dieses bewirkt dass die Sehne sich entzündet. Mit der Zeit kann sich ein Narbengewebe entwickeln, dass weniger flexibel ist als die Sehne. Bei weiterer andauernder Belastung kann die Sehne schließlich reißen.

Ermüdungsfraktur: Im Gegensatz zu einem akuten Knochenbruch handelt es sich bei einem Ermüdungsbruch um die Folge einer lang andauernden Belastung des Knochens. Bei Läufern ist häufig der Mittelfußknochen betroffen. Es entstehen nach und nach mikroskopisch kleine Risse im Knochen, die irgendwann brechen. Auch Brüche der Unter- oder Oberschenkelknochen sind möglich, wenn auch sehr selten.

Runner’s Knee: Das „Läuferknie“ – es kommt so oft vor, dass es sogar einen eigenen Namen hat. Fachlich heißt es iliotibiales Bandsyndrom, kurz ITBS. Die Ursachen sind vielfältig und oft selbstverschuldet. Falsche Schuhe, unzureichendes Aufwärmen, Überbelastung durch zu viel oder zu hartes Training und zu schwache Beinmuskulatur.

Plantar Fasciitis: Dabei handelt es sich um eine Entzündung der Plantar fascia, einem starken faserartigen Bandgewebe auf der Unterseite des Fußes, das von der Ferse bis zur Unterseite der Zehen verläuft. Bekommt sie zu viel Druck, dehnt sich die Plantarfaszie und reißt ein. Bei der Heilung entsteht unflexibles Narbengewebe. Typisch sind Schmerzen an der Unterseite der Ferse, die am Morgen beim Aufstehen am Schlimmsten sind.

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