Eine Straße verliert ihren Glanz

Spielhallen und Wettbüros lassen das Niveau an der Gathe sinken. Weil Einzelhändler schließen, büßt die Straße Qualität ein.

Eine Straße verliert ihren Glanz
Foto: Andreas Fischer

Elberfeld. Seit einiger Zeit steht auch das Ladenlokal des alteingesessenen Elektro-Fachhändlers „Radio Sudhoff“ an der Gathe zum Verkauf. Das Unternehmen hatte schon vor zwei Jahren eine Niederlassung in Sprockhövel-Haßlinghausen auf der Mittelstraße eröffnet. Jetzt verlegte es den gesamten Geschäftsbetrieb dorthin. Damit verlässt wieder ein Einzelhändler die Straße.

Die Gathe und ihre Fortsetzung Uellendahler Straße sind heute geprägt von Spielhallen, Wettbüros und Imbissstuben. Dazwischen haben zahlreiche ehemalige Ladenlokale trübe Schaufenster oder herabgelassene Rollläden.

Das alles macht einen traurigen und tristen Eindruck. Viele alte Fassaden aus der Gründerzeit sind eigentlich prachtvoll gestaltet. Doch Staub und Dreck vieler Jahre nehmen ihnen jeden Glanz. Es gibt Lichtblicke: Am Abzweig Mirker Straße sorgen saubere Fassaden und ein lackiertes Geländer für einen freundlicheren Anblick. Am Café Ada und an der alten Feuerwache sieht es heller und sauberer aus. Aktuell erhält eine Häuserfront an der Uellendahler Straße einen neuen Anstrich — lässt aber leider nur einen „Spiel-Palast“ besser aussehen.

Die Veränderung der Straße war für das Unternehmen Sudhoff ein Grund für den Umzug, erklärt Geschäftsführer Michael Cramer: „Es liegt nicht nur an den fehlenden Parkplätzen, sondern vor allem daran, dass die vielen Spielhallen und Wettbüros am Fuß der Gathe ein kriminelles Milieu anziehen. Auch Drogenkuriere haben wir schon in der Nähe unseres Geschäfts auf Kundschaft warten sehen. Das sind Dinge, die unsere Stammkunden abschrecken.“ Die kämen lieber nach Sprockhövel, wo sie Parkplätze und eine angenehmere Umgebung fänden.

Rüdiger Bleck, Abteilungsleiter im städtischen Ressort Stadtentwicklung, bestätigt den „Qualitäts- und Niveauverlust“ an der Gathe, der typischerweise mit Ausbreitung von Spielhallen einhergehe. Die seien oft die Nachfolger, wenn kleine Geschäfts schließen: „Früher gab es hier Läden des täglichen Bedarfs, den Bäcker, den Metzger, den Tante-Emma-Laden.“ Diese Vertriebsform gebe es nicht mehr, die kleinen Ladenlokale stünden leer: „Da passt eine Spielhalle genau hinein.“

Die Stadt wirke einer weiteren Ausbreitung der Spiellokale mit dem Spielhallenkonzept entgegen. Danach müssen Spielhallen untereinander und von Einrichtungen wie Schulen und Kitas einen Mindestabstand einhalten. Leider verhindert das nur Neu-Eröffnungen: „Die alten haben Bestandsschutz“, sagt Gunther Stoldt, Abteilungsleiter im städtischen Ressort Städtebau. Er weiß von Kollegen, dass die Gathe auch früher schon Vergnügungsmeile war, „aber auf durchaus höherem Niveau“. Man sei dort in die Disco und auf ein Bierchen hingegangen.

Er und Bleck weisen auf Maßnahmen im Rahmen der Stadterneuerung hin wie die Aufwertung von Preßburger und Holsteiner Treppe, den Außenbereich des Café Ada und die Alte Feuerwache. Stoldt erklärt: „Damit kommen wir an Grenzen.“ Sie könnten den Hauseigentümern nicht vorschreiben, was sie mit ihren Häusern machen.

Jürgen Vitenius, Bezirksbürgermeister von Elberfeld, erinnert sich ebenfalls an bessere Zeiten der Straße. Über die Gathe führte sein Schulweg: „Das war nett, ich bin da gern entlang gegangen.“ Er erinnert sich ans Marx-Engels-Zentrum und den Bau der Moschee: „Das fanden wir spannend“. Aus späteren Jahren ist ihm das Zimmertheater in guter Erinnerung. „Jetzt hoffen wir auf das Neubau-Projekt der islamischen Gemeinde“, sagt er. Aber das ziehe sich noch hin, erst müsse eine Lösung für das Autonome Zentrum gefunden werden.

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