Ausstellung Zeichnungen verwandeln sich in anspielungsreiche Objekte

In der Galerie Grölle Pass Projects stellen derzeit die Künstlerinnen Isabel Kerkermeier und Elizabeth Charnock aus.

 Elizabeth Charnock und Isabel Kerkermeier (v.l.) stellen in der Galerie Grölle Pass Projects aus.

Elizabeth Charnock und Isabel Kerkermeier (v.l.) stellen in der Galerie Grölle Pass Projects aus.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Isabel Kerkermeier arbeitet gerne mit ready mades (Alltagsgegenständen). Was andere Leute wegwerfen, hebt sie auf und verwandelt es in Malereien, die in den Raum hineinwachsen und in Zeichnungen, die sie in den Raum übersetzt und in anspielungsreiche Objekte verwandelt.

Als der Wuppertaler Jürgen Grölle 2010 seine Galerie Pass Projects in einem ehemaligen Fabrikgebäude für Eisenwarenhandel am Arrenberg eröffnete, gehörte Isabel Kerkermeier zu den ersten, die er präsentierte. Nun ist sie bereits zum dritten Mal da, ihre Arbeiten begleiten Grölle anschließend nach Irland, wo der Wuppertaler gerade eine Ausstellung mit einigen Künstlern plant.

Werbebanner für Außenwerbung werden fast unkenntlich

„Maze Gaze“ heißt die Schau der 1963 in Heidelberg geborenen Künstlerin, die bei Professor Herbert Baumann an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart studierte, etliche Preise und Stipendien gewann, zahlreiche Ausstellungen weltweit bestritten hat, heute in Berlin lebt und arbeitet. Bis zum 30. Juni zeigt sie elf Arbeiten, die sämtlich 2018 und 2019 entstanden sind. Maze Gaze kann man mit Labyrinth-Blick übersetzen, Maze Gaze heißt auch ein 2,50 mal 2,37 Meter großes Bild auf knallrotem Grund, das aus einem ausgedienten Werbebanner für Außenwerbung heraus entstand. Kerkermeier zog gezielt Fäden aus der zweischichtigen Plane, besprühte sie, machte sie weitestgehend, aber nicht ganz unkenntlich. Eine langwierige, aufwendige Arbeit, die geplant werden will und doch willkürlich wirkt. Die Künstlerin schickt den Betrachter auf eine Reise, die mit dem Wiedererkennen von Bekanntem beginnt, im Moment des Begreifens aber eine neue Wendung nimmt. Grölle: „Man erkennt, was es mal war, zum Beispiel ein Werbebanner, hat so ein wirkliches Bild im Kopf. Aber das war es eben noch nicht. Ein neuer Gedanke kommt, es entstehen Widersprüche, die Erinnerung wird in Neues, einen neuen künstlerischen Kontext, transformiert.“ Ein Vorgehen, das geistige Offenheit widerspiegelt, figurativ, abstrakt und assoziativ zugleich ist, und das der Galerist, der selbst Künstler ist, teilt.

Man erkennt die Gartentische noch, die Kerkermeier auseinandergebogen hat, „aber es ist doch etwas ganz Anderes, eine komplett abstrakte, leichte Raumzeichnung“, schwärmt Grölle. Das 3,55 Meter große Drahtgestell Organizer besteht aus wild verbogenen Stahldrähten, Zwiebelnetzen, Schwämmen, Wäscheleinen, Körben, eine aufgeräumte, geordnete Welt und auch wieder nicht. In zwei Collagenbildern, die auf eigenen Fotos basieren, führt die Künstlerin ihre Arbeitsweisen nochmals im kleinen Rahmen zusammen.

Eine verplante Welt,
die der Mensch verlassen hat

Gegenüber der Galerie, in „Raum 2“, wo das junge Kuratorenteam Interventions im Auftrag Grölles professionelle Nachwuchsförderung und Scoutarbeit leistet, stellt zeitgleich Elizabeth Charnock aus. 13 Arbeiten – 12 Bilder und eine Installation – zeigt die 1990 im englischen Shrewsbury geborene Künstlerin, die Meisterschülerin bei Professor Martin Honert an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden war. Unter den Titel „Downsized“ hat sie ihre am Reißbrett verplante, naturfeindliche und menschenleere, zugleich verkleinerte (downsized) Bilder-Welt gestellt. Wohnblocks mit Schießscharten statt Fenstern, umzäunte Wälder, mit Bäumen, die an Gardesoldaten erinnern, Landschaften, die sich in schachbrettartige Muster wandeln. Grölle: „Ihre zunächst lieblich anmutenden Bilder, sind doch auch Horror.“ Charnock arbeitet mit Tusche, detailliert, farbtief, fein und genau. Sie schafft kalte, unaufdringliche Miniaturen, deren Abgründe sich erst in der Nähe, beim zweiten und dritten Blick erschließen. Auch sie zeigt eine dreidimensionale Arbeit: Aus Modelliermasse und Kunststoff hat sie auf einer auf Böcken liegenden Tischplatte verschieden hohe, feine Häufchen geschichtet, die aus Bäumchen oder Baustoffen bestehen. Eine Welt aus Halden an Materialien, die man nutzen kann. Doch der Mensch ist nicht mehr da.

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