Literatur Wie der Ausstieg aus dem Karussell gelingt

Wie auf einem Karussell Kreise drehen: Dieses Bild hat Schriftstellerin Angelika Zöllner für ihre Geschichten der kleinen Leute gewählt. Das Buch ist jetzt erschienen.

 Angelika Zöllner schreibt aus eigenen Erfahrungen.

Angelika Zöllner schreibt aus eigenen Erfahrungen.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Wie auf einem Karussell Kreise drehen: Dieses Bild hat Schriftstellerin Angelika Zöllner für ihre Geschichten der kleinen Leute gewählt. Beschrieben werden Menschen, die vor einer Entscheidung stehen oder sich in einer festgefahrenen Lebenssituation befinden – und wie sie mit dieser umgehen. Denn manche bleiben in ihrem Lebenskarussell stecken, manche steigen aus diesem aus – mal aus eigenem Antrieb, mal durch die Hilfe anderer. „Veränderungen schrecken ab“, sagte sie. Auch Angelika Zöllner wurde mit herausfordernden Umständen konfrontiert, wie die Inhaftierung ihres Sohnes im Iran, da ihm Spionage vorgeworfen wurde (die WZ berichtete). Es sollte ein Entschluss sein – für oder gegen die Karussellfahrt, in der man sich befindet.

Insgesamt sind 16 Erzählungen unter dem Titel „Wie steig ich aus dem Karussell“ zusammengefasst – untergliedert in zwei Teile. Geschichten zu unterschiedlichen Kulturen zum einen, zum anderen sind es „sozialere Themen“, die mitunter aus Zöllners Zeit als Sozialarbeiterin in der Bewährungshilfe stammen, wie etwa die Geschichte mit dem Titel „Rabenmutter“. „Ich habe kleine Feinheiten verändert“, erklärte sie. Die Geschichte einer schwangeren Frau in der Prostitutionsszene hat sie aber erlebt.

„Ich habe mich oft gefragt, was aus ihr geworden ist. Es ist etwas, was man nicht vergisst“, sagte Angelika Zöllner. Sie und ihr Mann haben fünf Adoptivkinder. „Mütter, die ihre Kinder zur Adoption freigeben, sind keine Rabenmütter. In vielen Fällen haben sie es sich überlegt, und wollen, dass es dem Kind gutgeht“.

In Deutschland, Italien, Spanien, Sápmi, der Türkei oder Griechenland spielen die Szenen. Orte, die Angelika Zöllner selbst besucht hat. Somit fließen eigene Erfahrungen in die Geschichten ein, andere beruhen auf Erzählungen von Freunden und Bekannten. Andere sind fiktiv in ihrer Rahmenhandlung, enthalten allerdings einen wahren Anteil. In „A 46“ lässt Angelika Zöllner die Hauptfiguren über den realen Fall des Asylbewerbers Kiomars Javadi sprechen, der zu Tode gewürgt wurde. Erich Fried schrieb in seinem Gedicht zu dessen Ermordung: „Wenn dieser Tote ein Deutscher gewesen wäre, dann wäre er heute nicht tot.“

Kritik übt sie auch in ihrer Erzählung „Siebziger Jahreszeiten“. Junge Frauen einer gymnasialen Oberstufe hatten sich für eine nachmittägliche Schul- und Lernhilfe für Förderschüler in Dortmund engagiert – die von der Stadt Dortmund eingestampft wurde. Eine solche Hilfe lohne sich nur für Grundschüler, hieß es damals.

Menschen und das Menschliche sind der Schriftstellerin ein Anliegen. Das Buch empfehlen würde sie all denjenigen, die selbst in einer festgefahrenen Situation stecken und sich für Menschen sowie Kulturen interessieren.

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