Wuppertaler Kultur Als Pina die Lichtburg bekam

Eberhard Robke, Kultur-Mäzen und ehemaliger Ratsherr, erinnert sich an die Abstimmung im Rat 1977 über Probenräume für das Tanztheater.

 Pina Bausch bei Proben in der Lichtburg.

Pina Bausch bei Proben in der Lichtburg.

Foto: Pina Bausch Foundation/Ulli Weis

Im Herbst 1977 stand die erste Vertragsverlängerung für Pina Bausch bei den Wuppertaler Bühnen an. Ich war zu dieser Zeit Vorsitzender der Bühnenkommission, einem Gremium, vergleichbar mit dem heutigen Aufsichtsrat der Wuppertaler Bühnen. Bei diesen Verhandlungen ging es Pina Bausch nicht um höhere Gagen, sondern um verbesserte Arbeitsbedingungen für ihr Ensemble, vor allem um einen größeren und höheren Probenraum. Der Probenraum im Seitenflügel des Opernhauses war zu klein und für die Arbeitsweise von Pina Bausch schlecht geeignet.

Am 5. Oktober 1977 tagte die Bühnenkommission, die Verwaltung bot als Probenräume ein ehemaliges Kino in Wuppertal Langerfeld und das Kino „Lichtburg“ am Alten Markt an. Die Bühnenkommission hielt die Räume in Langerfeld aus Kostengründen für akzeptabel, ohne sie allerdings vor Ort gesehen zu haben. Pina Bausch machte hingegen die Lichtburg als zukünftige Probenstätte zur unabdingbaren Voraussetzung für eine Vertragsverlängerung, die bis zum 31. Oktober vollzogen sein musste. Der Kulturdezernent Dr. Dr. Klaus Revermann war dazu nicht bereit. Er hielt ohnehin von Ballett und Tanztheater nicht viel und sprach ironisch von den „Hupfdohlen“.

In dieser Situation rief mich am Morgen des 27. Oktober der damalige Technische Direktor der Wuppertaler Bühnen, Herr Bachmann, an. Sein Herz brannte für die Wuppertaler Bühnen. Er bat mich dringend, ich möge mir die räumliche Situation in Langerfeld ansehen, um selbst zu der Erkenntnis zu kommen, dass das keine Probenmöglichkeit für das Tanztheater sei. Ich musste ihm nach der Besichtigung Recht geben - der Raum war viel zu niedrig. Ich rief unverzüglich den damaligen Vorsitzenden der SPD-Fraktion, den Stadtverordneten Walter Jahnke, an und bat ihn, das Thema auf die Agenda der Hauptausschusssitzung, die am gleichen Tag in der Universität stattfand, zu setzen. In der zweistündigen Vorbesprechung der SPD-Fraktion konnte ich die Mitglieder der SPD davon überzeugen, dass es erforderlich sei, die Lichtburg als Probenraum für das Tanztheater zur Verfügung zu stellen, wenn uns daran gelegen sei, Pina Bausch in Wuppertal zu halten. Außerhalb der Tagesordnung des Hauptausschusses wurde das Thema „Wuppertaler Tanztheater“ dann diskutiert. SPD und FDP sprachen sich für die Lichtburg aus, die CDU konnte nicht überzeugt werden. Ein Teil der Fraktion sprach sich gegen meinen Vorschlag aus, ein Teil enthielt sich.

Am nächsten Morgen machte ich mich auf, um Pina Bausch die frohe Botschaft im Opernhaus zu überbringen. Das Ensemble war bei der Probenarbeit und meine Nachricht wurde mit großer Freude aufgenommen. Allerdings sagte Pina Bausch: „Ich hätte das gerne schriftlich“, was ich ihr gerne zusagte. Ich schrieb den gewünschten Brief auf meinem Privatbriefbogen mit dem Zusatz „Vorsitzender der Kommission der Wuppertaler Bühnen“ und teilte ihr mit, dass der Hauptausschuss ihren Wünschen entsprochen habe.

Tags darauf rief mich Pina Bausch an und monierte mit sanfter Stimme, dass der Brief nicht auf einem städtischen Briefbogen geschrieben sei. Nach längeren Diskussionen konnte ich sie beruhigen und die Vertragsverlängerung kam zustande. Die WZ titelte am 29. Oktober 1977: „Pina Bausch kann nun doch bleiben – Hauptausschuss akzeptierte ihre Wünsche“.

Rückschauend können wir für die kluge Entscheidung des Rates der Stadt von damals dankbar sein. Wuppertal wäre sonst nur eine Durchgangsstation in Pina Bauschs Weltkarriere gewesen und wir könnten heute nicht stolz auf unsere Ehrenbürgerin sein.

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