WZ Live „Ein ,Weiter so’ gibt es nicht“

Rolf Köster, Vorsitzender der Wuppertaler CDU, über Pannen wie die Mauer am Döppersberg, die Schwebebahn und die AWG-Baustelle.

 Andreas Boller (r.), Leiter der Lokalredaktion Wuppertal, sprach mit Rolf Köster im Livestream – zu sehen auf www.facebook.com/wzwuppertal.

Andreas Boller (r.), Leiter der Lokalredaktion Wuppertal, sprach mit Rolf Köster im Livestream – zu sehen auf www.facebook.com/wzwuppertal.

Foto: Fries, Stefan (fri)

In Wuppertal hört man im Moment immer wieder einen Dreiklang: Schwebebahn, Mauer am Döppersberg und die Baustelle der AWG. Wie nehmen Sie das wahr? Was funktioniert denn noch in Wuppertal?

Rolf Köster: Ich filtere aus meinem Bekannten- und Freundeskreis genau das heraus, was Sie gesagt haben: Pleiten, Pech und Pannen steht im Moment für Wuppertal. In einem Leserbrief schrieb jetzt jemand, er schäme sich zu sagen, dass er aus Wuppertal ist – das berührt einen, wenn man hier Kommunalpolitik macht, sehr stark, und das ist genau der Ansatzpunkt, warum ich gesagt habe, wir müssen hier etwas ändern.

Nun läuft ja auch in anderen Städten einiges schief. Wäre das auch ein Thema, wenn nicht am 13. September gewählt werden würde?

Köster: Ich würde mir sogar wünschen, wir könnten den Wahlkampf ohne die Themen bestreiten. Aber das werden wir nicht können, denn wenn wir die Fehler nicht analysieren, werden wir auch nicht in Zukunft etwas verändern können. Darum geht es eigentlich wirklich: Wir müssen sehen, dass wir aus einer solchen Serie herauskommen, wir müssen auch gucken, warum diese Serie passieren kann. Was sind individuelle Fehler und was sind strukturelle Fehler? Genau da wollen wir ansetzen. Ich glaube, es ist gut, dass die Parteien jetzt in der Wahlkampfzeit die Möglichkeit haben, sich darüber auszutauschen, Konzepte darzustellen und die Wähler entscheiden zu lassen: Was ist richtig?

Ist das nicht das, was man sowieso von den Politikern erwartet, dass sie die Verwaltung kontrollieren und die städtischen Töchter wie Stadtwerke oder AWG? Ist das nicht eine Alltagsaufgabe und nicht etwas, was man macht, wenn etwas schief gelaufen ist?

Köster: Da haben Sie natürlich Recht, aber es ist leider wie immer im Leben so: Wenn alles funktioniert, ist die Notwendigkeit, sich damit zu beschäftigen, vielleicht nicht so auf der Hand liegend, aber wenn sich solche Fehler massieren, dann muss man doch fragen: Welche Strukturen sind dafür entscheidend? Ob das nun aufgrund der Tatsache ist, dass so viele Fehler in so vielen Projekten passiert sind, besonders forciert ist und ob der Wahlkampf das seine dazu tut, das möchte ich nicht in Abrede stellen. Aber ich finde, jetzt ist der Zeitpunkt, wo wir uns wirklich darüber unterhalten müssen.

Wie kann man die Probleme angehen? Bei allen drei Problemen kann man nur noch den Scherbenhaufen aufkehren, die Zeit lässt sich nicht mehr zurückdrehen. Wann muss die Kontrolle einsetzen? Ist das nicht alles viel zu spät, was jetzt läuft?

Köster: Ich beschäftige mich nicht primär damit, wie wir das Geschehene noch retten können, denn das ist in großen Teilen nicht mehr möglich. Wir machen Schadensbegrenzung. Als Rechtsanwalt habe ich kein Problem damit zu sagen, dass wir Schadensersatzprozesse für die Stadt führen und dass hinterher jemand zum Schadensersatz verurteilt wird, aber das ist nicht der Kern des Problems. Ob wir hinterher den Schadensersatz auch realisieren können, ist ja in vielen Fällen ausgesprochen fraglich. Aber es kann nicht sein, dass wir immer nur hinterher Schadensreparatur machen, ohne dass wir irgendwann mal anfangen zu sagen, wir müssen vermeiden, dass solche Schäden entstehen können.

Wie müssen da die Instrumente aussehen?

Köster: Ein „Weiter so“ gibt es nicht. Bevor man in die Diskussion einsteigt, muss man eine personelle Verantwortlichkeit reklamieren. Es kann doch nicht sein, dass die Leute, die Verantwortung tragen, dann als erstes auf den Bäumen sind, wenn es darum geht zu sagen: Hier ist was schiefgelaufen. Der erste Punkt ist die Analyse: Wer hat nun hier die Verantwortung? Ein bisschen mehr Demut, ein bisschen mehr Selbstkritik in der Spitze der Verwaltung wäre wirklich angezeigt

Würden Sie personelle Konsequenzen fordern oder wäre es mit der Einsicht getan?

Köster: Für personelle Konsequenzen gibt es einen Wahlkampf. Der Chef der Verwaltung ist derjenige, der nicht sagen kann, es tut mir furchtbar leid, sondern der muss auch die Verantwortung tragen. Das ist dann eine personelle Konsequenz, dass man sagt, da muss sich vielleicht an der Spitze was ändern.

Nochmal zu den Instrumenten: Schafft die Verwaltung das aus eigener Kraft, die städtischen Töchter zu kontrollieren, ihre eigenen Bauvorhaben zu kontrollieren oder muss man sich da vielleicht Hilfe holen?

Köster: Ich denke, die Stadtverwaltung wird das nicht aus eigener Kraft schaffen können. Wir dürfen nicht vergessen, wir haben einen langen Weg hinter uns. Seit den 90er-Jahren haben wir sehr viele Fachleute aus der Verwaltung nicht mehr weiter beschäftigen können. Wir haben einen Fachkräftemangel an absoluten Experten in der Stadtverwaltung. Da sind einfach zu wenige Leute. Mein Ansatzpunkt: Es wurden bei den großen Firmen schon Methoden entwickelt, um mit solchen Problemen umzugehen, und ich möchte, dass die Stadtverwaltung sich dieser Methoden bedient.

Methoden heißt, dass man vorher einhakt, den Prozess begleitet – das ist eine große Aufgabe und kostet auch Geld.

Köster: Das nicht zu tun, kostet viel mehr Geld, wie wir jetzt ja sehen. Deshalb bin ich fest davon überzeugt, dass wir die Schritte nach vorne gehen müssen, nicht Schadensbeseitigung, sondern Schadensvermeidung. In einem Risikomanagement analysiert man, wo Risiken liegen können in solch einem Projekt. Wir müssen für solche Arbeiten auch externe Fachleute haben, die wir frühzeitig einschalten.

Das würde bedeuten, die Verwaltung neu aufzustellen, neue Schwerpunkte zu setzen.

Köster: Das würde bedeuten, der Stadtverwaltung bei der Bearbeitung solcher Sachen externe Hilfe an die Seite zu stellen. Ich glaube, das geht gar nicht anders. Wir haben dann die Notwendigkeit, dass die Stadtverwaltung sich rechtfertigt gegenüber Dritten, welche Maßnahmen sie zur Fehlervermeidung oder zur Fehleranalyse ergreift.

In einer Stellungnahme der CDU wurden auch die Probleme der Finanzierung der Wuppertaler Bühnen erwähnt. Da könnte man sagen, ein Finger zeigt auf die anderen und vier zeigen zurück: Sie sind Vorsitzender des Kulturausschusses und haben die Entwicklung der Bühnen über Jahre verfolgt. Konnte man das nicht erkennen, dass bei der Rechnung irgendwas auffällig war?

Köster: Ich bin der letzte, der sagen würde, die Situation bei den Bühnen gehört nicht in den Zusammenhang. Natürlich gehört das auch in den Zusammenhang. Wir haben strukturelle Probleme, und die kann man nur dadurch aufheben, dass man ein gutes Controlling einführt. In diesem Fall hat das Controlling der Wuppertaler Bühnen nicht funktioniert, und trotz Einschalten eines Wirtschaftsprüfers waren bestimmt Maßnahmen für uns nicht erkennbar. Um die personelle Verantwortlichkeit dort herauszustreichen, hat der Aufsichtsrat entsprechende Maßnahmen beschlossen, das Controlling verändert, und es wird geprüft, wer was zu welchem Zeitpunkt hätte erkennen können. Wir nehmen uns da keinesfalls aus, sondern sind da mit den Bühnen drin.

Wie wird es mit der Schwebebahn weitergehen? Gibt es einen Sonderausschuss? Ist es möglich, das politisch aufzuarbeiten? Was sehen Sie als die nächsten Schritte?

Köster: Ich hoffe, dass es einen Sonderausschuss geben wird. Das wichtigste, um wieder Vertrauen zu haben, ist Transparenz. Wenn ich keine Transparenz schaffe, kann auch keiner glauben, dass sich irgendwas in Zukunft ändern wird. Ob dann hinterher ein anderer Fachausschuss oder zwei Fachausschüsse das gemeinschaftlich machen, wie die SPD vorgeschlagen hat, das soll mir im Ergebnis egal sein. Wichtig ist, dass der Fehler analysiert wird und dass man die Konsequenzen zieht.

Der Sonderausschuss tagt dann auch öffentlich?

Köster: Das hoffen wir, ja. Wenn es nach der CDU ginge, würde er öffentlich tagen.

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