Analyse Die vier kostspieligen Baustellen des WSW-Konzerns

Wuppertal · Der WSW-Konzern steht in unsicheren Zeiten vor einer ungewissen Zukunft, denn in einer Reihe von Geschäftsfeldern hat die WSW Wuppertaler Stadtwerke GmbH das Heft des Handelns nicht mehr in der Hand. Und das hat massive Auswirkungen auf die Stadt Wuppertal, denn mit ihren Tochtergesellschaften decken die Wuppertaler Stadtwerke die Geschäftsfelder Energieversorgung, Trinkwasserproduktion, öffentlicher Personennahverkehr, Stadtentwässerung, Energiedienstleistungen und Abfallwirtschaft ab.

 Michael Krietemeyer, technischer Leiter bei den WSW, erklärte bei einem Pressetermin die Probleme mit den Rädern der Schwebebahn.

Michael Krietemeyer, technischer Leiter bei den WSW, erklärte bei einem Pressetermin die Probleme mit den Rädern der Schwebebahn.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Mit rund 3200 Beschäftigten zählt der WSW-Konzern zudem zu den größten Arbeitgebern Wuppertals.

Schwebebahnwerkstatt kommt mit der Reparatur nicht hinterher

Augenfälligstes Beispiel für die Probleme des WSW-Konzerns ist die Schwebebahn. 86 Millionen Fahrgäste transportierten Busse und Bahnen der WSW vor der Coronakrise pro Jahr. Ab August bis Sommer 2021 wird die Schwebebahn nur an den Wochenenden in Betrieb sein, weil der WSW mobil GmbH die einsatzfähigen Wagen wegen Problemen mit den Rädern ausgehen. Im Klartext: Die Räder gehen so schnell kaputt, dass die Schwebebahnwerkstatt mit der Reparatur nicht nachkommt. Vor weiteren kostspieligen Reparaturen - ein Satz kostet pro Bahn 64 000 Euro - müssen die Ursachen für den enormen Verschleiß geklärt werden. Zumal die kaputten Räder die Fahrschiene am Gerüst beschädigen, das die Stadtwerke bereits vor Jahren an die Stadt verkauft haben.

Die Räder sind aber nur einer von rund 200 Mängeln, die von den WSW in der angekündigten juristischen Auseinandersetzung mit dem Hersteller Kiepe Electric geltend gemacht werden sollen. Das kann dauern - weit über den Sommer 2021 hinaus.

Umrüstung von
Steinkohle auf Biomasse

Die 15-prozentige Beteiligung der WSW am Kohlekraftwerk Wilhelmshaven ist ein weiteres Beispiel dafür, dass der Konzern mehr Zuschauer als Lenker seines eigenen Schicksals ist. Eine Umrüstung des seit seiner Inbetriebnahme Verluste einfahrenden Kraftwerks von Steinkohle auf Biomasse und der Verbrennung von Holzpellets wird vom Haupteigentümer, der Riverstone Holdings LLC, gepusht. Dabei muss man wissen, dass der Mehrheitseigner 2010 eine Milliarde Dollar in Enviva Partners LP, den weltgrößten Hersteller von Pellets, investierte. Ob die Rechnung für die WSW aufgeht? Das bezweifeln nicht nur die Kritiker der Beteiligung. So haben die WSW die Drohverlustrückstellung für das Kraftwerk von 32 auf 55 Millionen Euro erhöht. Wobei die Entscheidung, dass das Steinkohle-Kraftwerk Datteln 4 trotz des beschlossenen Kohleausstiegs bis 2038 noch in Betrieb genommen werden darf, die Ausgangslage für eine zukünftige Rentabilität des Onyx-Steinkohlekraftwerks Wilhelmshaven verschlechtert hat.

Im Geschäftsjahr 2019 hat der Konzern ein Minus von 9,6 Millionen Euro eingefahren - in einer Phase der Hochkonjunktur. Der Unterdeckung des ÖPNV in einer Höhe von 60,1 Millionen Euro stand zwar ein Gewinn von 60,5 Millionen Euro aus dem Verkauf von Strom, Gas und Wasser gegenüber. Doch das reichte für ausgeglichene Zahlen nicht aus - wobei die Bilanz 2020 noch weit schlechter ausfallen dürften.

Millionen-Investitionen in den Bau einer Konzernzentrale scheinen in einer krisenhaften Situation keine gute Idee, aber die WSW haben keine Wahl. Der Neubau der WSW-Zentrale auf dem Betriebsgelände an der Schützenstraße ist seit Jahren überfällig, denn das Verwaltungsgebäude an der Bromberger Straße ist mit PCB (Polychlorierte Biphenyle) belastet, die langfristig als krebserregend gelten. 2012 wurde die Belastung entdeckt - alleine mit regelmäßigem Lüften kann das Problem für rund 450 Mitarbeiter in der Zentrale auf Dauer nicht behoben werden. Die WSW haben die Kosten für den Neubau auf 35 Millionen Euro gedeckelt, nachdem Überlegungen über einen Umzug in die Bahndirektion am Döppersberg an den dort aufgerufenen Mietpreisen gescheitert sind.

Zügiger als bei der WSW-Zentrale wurden beim Neubau des AWG/ESW-Betriebsgeländes am Klingelholl Entscheidungen getroffen. Das hat sich als millionenschweres Problem herausgestellt, denn eines der geplanten Gebäude wurde auf marode Fundamente einer Tiefgarage gebaut. Die geplanten Gesamtbaukosten in Höhe von 24,2 Millionen Euro steigen daher um rund 13 Millionen Euro. Und wie bei der Schwebebahn steht dem WSW-Konzern eine juristische Auseinandersetzung ins Haus. Der Generalplaner i²fm lehnt - siehe Kiepe Electric - jede Verantwortung ab.

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