Interview mit Moritz Körner in Kaarst „Europa muss sich auch mal raushalten“

Moritz Körner ist der NRW-Spitzenkandidat der FDP für die Europawahl. Am 10. Februar kommt er nach Kaarst.

 Moritz Körner tritt als Spitzenkandidat der NRW-FDP bei der Europawahl an. Am 10. Februar kommt er zum Neujahrsempfang der Kaarster Liberalen.

Moritz Körner tritt als Spitzenkandidat der NRW-FDP bei der Europawahl an. Am 10. Februar kommt er zum Neujahrsempfang der Kaarster Liberalen.

Foto: FDP/FOTOGRAFIE BJOERN LUELF

Herr Körner, auf Ihrer Internetseite schreiben Sie „Für ein Europa der Zukunft“. Wie sieht die Zukunft Europas Ihrer Meinung nach aus?

Moritz Körner: Die Europawahl 2019 ist eine Richtungsentscheidung über die europäische Zukunft. Wir müssen unsere gemeinsamen europäischen Grundwerte bei dieser Europawahl besonders verteidigen, weil sie von populistischen und nationalistischen Stimmen bedroht werden. Wir müssen in Zukunft die EU aber auch mutiger gestalten, um für die Herausforderungen der kommenden Jahre gewappnet zu sein. Europa muss immer dann zuständig sein, wenn es einen konkreten Mehrwert bringt.

Sie wollen die Schwächen der EU diskutieren. Welche sind das?

Körner: Die EU gilt oft als bürgerfern und undemokratisch. Das ist sie zwar nicht, aber die Bürger müssen leichter nachvollziehen können, was in Brüssel entschieden wird. Dafür brauchen wir zum Beispiel ein Initiativrecht für das Parlament und eine kleinere Kommission. Gleichzeitig soll Europa die großen Fragen lösen, sich aber aus anderen Fragen heraushalten, die besser auf nationalstaatlicher Ebene oder ganz konkret vor Ort zum Beispiel in Kaarst gelöst werden können. So kann die EU wieder Vertrauen zurückgewinnen.

Und wo liegen die Stärken?

Körner: Die EU hat den größten Binnenmarkt der Welt organisiert, die längste Friedensgeschichte in Europa hervorgebracht und das größte Forschungsprogramm finanziert. Mit Erasmus gibt es ein großartiges Austauschprogramm für Studierende, und die mittlerweile über eine Million Erasmus-Babys zeigen, dass dieses Austauschprogramm nicht nur Bildungschancen von jungen Europäern verbessert, sondern insgesamt für eine tolle Verständigung in Europa sorgt.

Wo steht Europa im Vergleich zu den USA, China oder Japan?

Körner: Europa wird sich in Zukunft gegenüber den USA, China, Japan und weiteren aufstrebenden Staaten wie Indien und Brasilien behaupten müssen. Wenn die USA auf Abschottung setzen, dann müssen neue Freihandelsabkommen mit anderen Staaten der Welt die Antwort sein. Wir müssen als Europäer entschlossener und geschlossener auftreten, damit wir in Zukunft in der Welt noch eine Rolle spielen.

Warum treten Sie bei der Europawahl an und für welche Politik stehen Sie?

Körner: Ich möchte im Europäischen Parlament für Bürgerrechte und Sicherheit kämpfen. In meiner Arbeit im Landtag im Untersuchungsausschuss Fall Amri, dem Attentäter des Terroranschlags auf dem Berliner Breitscheidplatz, hat sich gezeigt, dass Amri schon bevor er nach Deutschland kam, in Italien verurteilt war, aber deutsche Behörden wussten davon viel zu lange nichts. Deshalb setze ich mich für die Schaffung eines europäischen Kriminalamts gegen Terrorismus ein. Nur gemeinsam machen wir Europa sicherer und freier.

Das britische Unterhaus hat den von Theresa May vorgelegten Zwölf-Punkte-Plan zu einem „harten“ Brexit mit großer Mehrheit abgelehnt. Welche Konsequenzen hat das für die EU?

Körner: Die Briten haben bislang nur gesagt, was sie nicht wollen. Sie müssen endlich ihre Position klären. Die EU hat sehr lange und richtig verhandelt. Es darf keine Kompromisse beim Zugang zum Binnenmarkt geben. Aber gleichzeitig müssen wir unsere Zusammenarbeit mit den Briten so eng gestalten wie möglich. Am liebsten wäre mir, wenn der Ruf nach einem zweiten Referendum Erfolg hätte.

Wie schwer wiegt der Brexit wirklich?

Körner: Der Brexit ist für die Europäer ein schwerer Verlust. Für die in Deutschland lebenden Briten und hier ansässigen britischen Firmen wird der Brexit weitreichende negative Folgen haben. Es bleibt dabei jedoch abzuwarten, ob es zu einem harten oder geregelten Brexit kommen wird.

Was raten Sie Deutschen, die in Großbritannien arbeiten?

Körner: Für die rund 300 000 Deutschen in Großbritannien bleibt abzuwarten, wie der Austritt aus der EU vollzogen wird. Besonders die Menschen, die ihr Leben im Vertrauen auf Europa in Großbritannien aufgebaut haben, sind die besonders tragisch Betroffenen. Ihr Vertrauen auf ein Europa ohne Grenzen dürfen wir nicht enttäuschen. Zum jetzigen Zeitpunkt sind Ratschläge schwer zu erteilen, da wir noch nicht genau wissen, wie der Brexit verlaufen wird.

Und was raten Sie den Briten, die in Deutschland leben und arbeiten?

Körner: Briten, die in Deutschland leben, sollten sich frühzeitig informieren und nach Möglichkeit auch eine deutsche Staatsbürgerschaft beantragen. Die EU hat bereits einen Notfallplan für den Fall eines harten Brexit veröffentlicht, der die schlimmsten Folgen verhindern soll.

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