Mit einem Trucker aus Kaarst auf Tour Auf Tour mit einem Kaarster Trucker

Kaarst · Redakteur Stephan Seeger ist mit der Spedition Sturm mitgefahren – und hat einiges gelernt.

Mit einem Lkw-Fahrer aus Kaarst unterwegs
Foto: pixabay

Um Punkt 8 Uhr dröhnt von der Straße das tiefe Motorengeräusch auf den Kirmesplatz in Kaarst. Dann biegt er um die Ecke, der gelb-blaue Lkw der Firma Sturm, mit dem Adler und dem Bullenfänger an der Front, ein Anbau aus Chrom, der ihn zu einem echten Hingucker macht. „Moin“, sagt Michael Sturm, Neffe des verstorbenen Firmengründers Hans Sturm. Dieser hatte im Jahr 1961 das Unternehmen gegründet – der Beginn einer Erfolgsgeschichte. Heute verfügt die Spedition über 28 Lkw, die von 35 Fahrern bewegt werden. „Wir transportieren zu 95 Prozent Lebensmittel“, sagt der 27-Jährige.

So auch heute: Die Tour führt in den Düsseldorfer Hafen, wo wir rund 23 Tonnen Haferflocken abladen. Das erste Problem gibt es schon beim Einsteigen – auch wenn es nur drei Stufen bis nach oben sind. „Links und rechts sind zwei Halterungen, an denen du dich hochziehen kannst“, sagt Sturm. Ein guter Tipp.

Während die Temperaturen draußen nahe an der Gefriergrenze liegen, ist es im Fahrerhaus schön warm. Ich lege meine Jacke auf das Bett, das hinter dem Steuer zu sehen ist. „Hier haben wir früher geschlafen, wenn wir unterwegs waren“, sagt Sturm. Er selbst war schon in Italien, Spanien, Polen, und Dänemark, meist alleine. „Die Fahrer müssen laut Gesetz elf Stunden ruhen, nachdem sie neun Stunden gefahren sind“, sagt er, als wir bereits auf der A 57 unterwegs sind. Die Unternehmen sind verpflichtet, die Ruhezeiten der Fahrer zu kontrollieren. „Die neuen Fahrzeuge haben einen digitalen Tacho. Da kommt die Fahrerkarte rein und es wird alles aufgezeichnet“, erklärt Sturm. Die Daten werden stichprobenartig kontrolliert – von der Bezirksregierung oder vom Bundesamt für Güterverkehr (BAG). „Das BAG ist auch das Organ, was unsere Fahrer auf der Autobahn immer kontrolliert, nicht die Polizei“, so Sturm.

Stau ist für die Lkw-Fahrer
ein unliebsamer Teil des Alltags

Kurz vor der Kardinal-Frings-Brücke staut es sich. Das 460-PS-Monstrum kommt nur langsam voran. Für Sturm gehört das zum Tagesgeschäft. „Stau ist für uns Kraftfahrer Alltag“, sagt er: „Es ist egal, wo man morgens von Kaarst aus hinfahren will, die Autobahnen sind alle zu.“ Auch Brücken seien ein Problem: „Immer mehr Brücken nehmen Schaden, da muss man sich dann einen anderen Weg suchen. Wir sind dann die Leidtragenden, weil wir Umwege fahren müssen.“

Jedes Jahr fehlen der Branche laut dem Kraftfahrtbundesamt knapp 40 000 Berufskraftfahrer. Auch die Firma Sturm hat „eklatante Probleme“, neue Fahrer zu finden. Doch warum ist das so? „Die meisten sind die ganze Woche unterwegs, sehen ihre Familie nur an den Wochenenden und werden vom Arbeitgeber auch noch unter Druck gesetzt“, sagt Sturm. Außerdem sei die Kriminalität an Raststätten massiv gestiegen, viele Fahrer werden beklaut oder gar im Fahrerhaus mit Betäubungsgas attackiert. „Da braucht man nicht mehr nach Frankreich oder Spanien fahren, das gibt es hier mittlerweile auch“, sagt Sturm. Im vergangenen Jahr wurden auf deutschen Raststätten Waren im Wert von rund einer Milliarde Euro von Lkw gestohlen.

Um 8.55 Uhr sind wir da. „Tor 3“, ruft uns jemand zu. Sturm rangiert den Lkw gekonnt ans Ziel. Die Haferflocken werden abgeladen, um kurz vor 10 Uhr fahren wir weiter. Nächster Halt: Viersen. Dort ist das Lager der Spedition, die Werkstatt – Sturms eigentlicher Arbeitsplatz – ist in Kaarst. Ich darf noch zwei Runden auf dem Firmengelände drehen – und merke, dass ordentlich Übung nötig ist, um einen 40-Tonner in den Griff zu bekommen.

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