Wülfrath/Mettmann Weihnachtsgruß: Das Licht der Hoffnung

Wülfrath. · Was gibt uns Halt? Der katholische Pfarrer Herbert Ullmann blickt auf Festtage, an denen das Zusammenkommen schwierig ist.

 Pfarrer Herbert Ullmann ist seit 2020 auch für die Kirchengemeinde St. Maximin zuständig.

Pfarrer Herbert Ullmann ist seit 2020 auch für die Kirchengemeinde St. Maximin zuständig.

Foto: Katholische Kirchengemeinde St. Maximin und St. Lambertus/Katholische Kirchengemeinde

Diesen Gruß lese ich jedes Mal, wenn ich in das kleine katholische Gotteshaus in Obschwarzbach komme. Die Ortsgemeinde hat diese Worte an den Bänken angebracht, auch am Altar. Es ist schön, willkommen geheißen zu werden. Das gilt für die Familie und den Freundeskreis, aber auch für das öffentliche Leben. Corona hat uns jedoch im bald zu Ende gehenden Kalenderjahr meist das Gegenteil auferlegt. „Komm ja nicht! Bleib´zu Hause!“

Nachdem uns schon die Osterfeiertage mit ihren Traditionen „geklaut“ worden sind, Gottesdienste nur gestreamt werden durften, steht jetzt auch Weihnachten vor dem AUS: Feiern nur im kleinsten Kreis. Viele Kirchen haben dicht gemacht. Die schönen, berührenden Lieder zur Festzeit, die Zeichen und Riten zur Heiligen Nacht gibt´s wohl nur über´s Internet: Trauriges Weihnachten. Und das nicht nur für religiös eingestellte, christlich sozialisierte Leute, solche die sonst (noch) in die Kirche gehen. Weihnachten ist nicht nur für „Kirchgänger“ ein wesentlicher Bestandteil ihrer Identität, es gehört zum Schatz fast allen Kulturen der Welt. Familien, die beruflich und privat nicht selten über viele Länder und Kontinente verstreut sind, finden zusammen, setzen ganz ungewöhnliche Prioritäten. „Weihnachten natürlich zu Hause bei und mit der Familie“, so hört man es oft in diesen Tagen. 2020 leider meist ein Ding der Unmöglichkeit. „Schön dass DU da bist“ drückt auch die freudige und dann enttäuschte Erwartung der Alleingelassenen aus, vieler alter und kranker Menschen, die daraufhin fiebern, an Weihnachten mit einbezogen zu werden, soweit das möglich ist.

Bei meinen Besuchen im Advent habe ich auch eine tiefer gehende Erwartung erzählt bekommen: „Gott, schön, dass DU wenigstens da bist.“ Ein Zeugnis gläubigen Vertrauens. Ein Bekenntnis zu Gott, der unsere menschliche Geschichte teilt, der, wie es christliche Überzeugung ist, in Jesus Hand und Fuß bekommen hat, sichtbar in der Welt erschienen, hörbar, zum Greifen nahe. In vielen Zeichen, Symbolen, Riten und im Brauchtum drücken Religionen, aber auch Menschen ohne einen bewussten Bezug zu einem personalen Gott, die Hoffnung aus, dass unsere Welt „von guten Mächten wunderbar geborgen“ ist (Dietrich Bonhoeffer), dass wir nicht vor die Hunde gehen, weil sich keine „jenseitige Instanz“, kein Schicksal für uns interessiert.
Für drei Weltreligionen spielen die Tage des Dezember auf Wintersonnenwende und kalendarischen Jahreswechsel hin eine große Rolle, weil sie, dich sich im Glauben an den EINEN Gott auf Abraham zurückführen, im Licht einen Ausdruck der Hoffnung auf Gott sehen, einen Verweis auf den Schöpfer allen Lebens. „Licht zur Erleuchtung der Heiden“ nennt das Lukasevangelium DEN, der da mitten in der „Heiligen Nacht“ der Weihnacht auf den Hirtenfeldern von Betlehem geboren wird. Von nun an, so der Glaube der Christen, werden nicht nur die Tage wieder länger. Das Licht der Hoffnung besiegt letztlich die Mächte der Finsternis und der Gottferne. „Weil Gott in tiefster Nacht erschienen, kann diese Welt nicht traurig sein“, heißt es in einem neuen Geistlichen Lied.

Und der evangelische Theologe und Dichter Jochen Klepper wendet sich in der abgrundtief dunklen, menschenverachtenden Zeit des Nazi-Terrors im Gebet an diesen Gott: „In jeder Nacht, die mich umfängt, darf ich in deine Arme fallen, und du, der nichts als Liebe denkt, wachst über mir, wachst über allen. Du birgst mich in der Finsternis. Dein Wort bleibt noch im Tod gewiss!“   Jochen Klepper sucht angesichts der seiner Familie drohenden Deportation nach Auschwitz den Freitod, wie Viele seiner Zeit mit familiären jüdischen Wurzeln und die sich somit den Nazi-Schergen entziehen wollten.

„Schön dass Sie da sind“ ist für mich im Rückblick auf dieses schwierige Jahr auch Erweis des Zusammenhaltes. Was haben Einzelne, Gruppen, Gemeinschaften sich nicht alles einfallen lassen, um sich zu vernetzen, aufeinander Acht zu geben, füreinander da zu sein, einander wertzuschätzen. „Gespräche sind substanzieller geworden“, sagte mir neulich jemand aus der Gemeinde.

Was bleibt   n a c h   Corona? So hört man es dieser Tage oft, da der Impfstoff zum Greifen nahe ist. Was bleibt von der Weihnachtssehnsucht, die für Menschen unterschiedlicher Weltanschauungen und verschiedener Erwartungen und Motivationen dieses Jahr unerfüllt bleibt? ER bleibt! Der Gott-mit-uns bleibt! ER hält mit uns aus. Er hält es auch mit   u n s   aus!  Wenn Viele schon durch die frühzeitige Schließung der meisten Geschäfte sich auf die Feiertage hin neu orientieren mussten, dann hat auch die Reduzierung auf Wesentliches dem Weihnachtsfest einen anderen Charakter gegeben. Vielleicht ist das größte Geschenk dass Menschen sich zum Fest machen können wirklich dieses Bekenntnis von Gemeinschaft im Kleinen: „Schön, dass Du da bist.“ Genau das, so meine ich, hat Gott uns in Betlehem, damals im Stall mit der Krippe sagen wollen. Bleiben Sie behütet und von Gott gesegnet!

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