Drogensucht Stadt sucht Räume für die Sucht

Krefeld · Sozialausschuss beauftragt die Verwaltung, Kriterien für einen Drogenkonsumraum zu entwickeln.

 Ein Drogensüchtiger im Treppenhaus zur Rathaus-Tiefgarage.

Ein Drogensüchtiger im Treppenhaus zur Rathaus-Tiefgarage.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

1997 wird Tony Blair britischer Premierminister und Jan Ullrich gewinnt die Tour de France. Im gleichen Jahr diskutieren in Krefeld Politik und Verwaltung erstmals über ein Thema, das am Dienstagabend wieder einmal den Ausschuss für Soziales, Arbeit, Gesundheit, Integration und Senioren beschäftigt hat: die Einrichtung eines Drogenkonsumraums (DKR). Nach mehr als 20 Jahren scheint sich dazu eine Entscheidung anzubahnen. Den Anstoß dazu hat das im Vorjahr vorgestellte Konzept „Handeln und Helfen“ gegeben.

„Ich hätte heute gerne von ihnen einen Arbeitsauftrag“, stellte der Beigeordnete Thomas Visser vor der Abstimmung klar. Denn für eine endgültige Entscheidung über einen Drogenkonsumraum sollen die Politiker einen belastbaren Beschlussvorschlag mit allen personellen und finanziellen Konsequenzen bekommen. Dieser Auftrag ist nun erteilt.

CDU und FDP sehen
keinen Bedarf

„Die Mitglieder beauftragen die Verwaltung, Kriterien für mögliche Standorte und ein in Frage kommendes Betreibermodell für Krefeld zu entwickeln.“ So heißt es im Beschluss, dem allerdings nur SPD, Grüne und Linke zustimmten. Sprecher von CDU und FDP sahen unter Verweis auf die zuvor zur Kenntnis genommene Suchthilfekonzeption 2019 keine Notwendigkeit für eine solche Einrichtung. „Experten sehen den Bedarf nicht. Dem schließen wir uns an“, so Britta Oellers (CDU). Auch die Caritas hatte jüngst erklärt: „Ein Drogenkonsumraum bringt Kosten, aber kaum Änderung auf dem Theaterplatz.“

„Inhaltlich extrem dünn“ – so lautete dagegen das Urteil von Simon Streit (SPD) zum entsprechenden Passus in der Suchthilfekonzeption. Sein Kollege Wolfgang Pasch hielt fest, dass darin viele Spekulationen enthalten seien.

Sicher ist: Viele Süchtige konsumieren bisher ihre Drogen rund um den Theaterplatz – etwa in der Rathaus-Tiefgarage. Kann und soll ein Drogenkonsumraum diesen Zustand verbessern? Die Verwaltung hatte sich dazu schon vor Wochen geäußert: „Die Stadt Krefeld sieht in der Einrichtung eine Möglichkeit, die täglichen Handlungen der Drogenabhängigen in einem deutlich besseren räumlichen und hygienischen Umfeld verrichten zu lassen.“ Ein Drogenkonsumraum sei „kein Instrument eines Verdrängungskonzeptes“.

Die Verwaltung hat Erfahrungswerte aus fünf Städten eingeholt, die eine solche Einrichtung schon betreiben, darunter Düsseldorf, Essen und Wuppertal. In Berlin und seit Kurzem auch in Köln gibt es zudem ein „Drogenkonsum-Mobil“. Auch dies wäre ein Möglichkeit für Krefeld.

In den genannten Städten liegen die Standorte im Zentrum. Die Räume sind meist besetzt mit ein bis zwei medizinischen Fachkräften, Sozialarbeitern sowie fortgebildeten Hilfskräften. Eine Abstimmung mit Polizei und Staatsanwaltschaft wäre notwendig, denn rechtlich bewege man sich „in einer Grauzone“, sagte Visser. Die jährlichen Kosten lägen unter der Million, die man in der Vergangenheit schon einmal genannt hab. In den befragten Städten lagen sie zwischen 176 000 Euro und 650 000 Euro.

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