NRW-Innenminister Reul zieht Fazit Ein Jahr neues Polizeigesetz in NRW - eine Zwischenbilanz

Düsseldorf · NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) präsentiert die Zahlen zum neuen Polizeigesetz und zieht ein positives Fazit. Was die neuen Regeln und ihre Anwendung in der Praxis bedeuten.

 Das neue Polizeigesetz von NRW betrifft viele Bereiche.

Das neue Polizeigesetz von NRW betrifft viele Bereiche.

Foto: dpa/---

Es war hoch umstritten, doch nun ist es schon ein Jahr in Kraft - das neue NRW-Polizeigesetz. Innenminister Herbert Reul (CDU) zog jetzt eine Zwischenbilanz, wie oft die darin vorgesehenen neuen Instrumente von Polizei und Justiz eingesetzt wurden. Um die von ihm am Mittwochabend vor Journalisten in Düsseldorf präsentierten Zahlen besser einordnen zu können, erklären wir jeweils vorher, um welche neue Eingriffsbefugnis der Sicherheitskräfte es dabei geht.

Der neue Unterbindungsgewahrsam

Das Gesetz: Es geht dabei darum, einen möglichen Gefährder festzusetzen, so dass zum Beispiel die Polizei bei akutem Terrorverdacht Zeit gewinnt. Nach der alten Regelung konnten auch als terroristische Gefährder angesehene Personen höchstens bis zum Ende des nächsten Tages festgehalten werden. Mittlerweile ist das bis zu 14 Tagen möglich. Plus Verlängerungsmöglichkeit um weitere 14 Tage.

Die Zahlen: Bis Ende Oktober 2019 wurden nach entsprechender richterlicher Anordnung 29 Personen in Gewahrsam genommen. Sieben Mal geschah das, um ein Verbrechen zu verhindern, drei Mal vor einem terroristischen Hintergrund, so Innenminiser Reul. Die längste Dauer des Gewahrsams betrug dabei 13 Tage. In 15 Fällen war häusliche Gewalt der Grund der Ingewahrsamnahme. In vier Fällen war es die Weigerung von Personen, ihre Identität preiszugeben. In diesen Fällen beträgt die Höchstdauer der Ingewahrsamnahme sieben Tage. Im am längsten andauernden Fall waren es vier Tage.

Die neue Telekommunikationsüberwachung

Das Gesetz: Mit der Telekommunikationsüberwachung kann die Polizei nach richterlicher Anordnung bei unmittelbar bevorstehenden Gefahren für besonders wichtige Rechtsgüter (z.B. Leben) laufende Telefongespräche und Textnachrichten überwachen.

Die Zahlen: Nach den von Minister Reul bekannt gegebenen Zahlen gab es bis Ende Oktober 62 entsprechende Überwachungsanordnungen. Dabei sei es um terroristische Gefährder, Vermisstenfälle und akute Bedrohungslagen gegangen.

Die neue Videobeobachtung

Das Gesetz: Die Möglichkeiten der Videobeobachtung an Orten mit besonders hoher Kriminalität (Drogen- und Gewaltkriminalität) wurden ausgeweitet. Möglich wird dies zum Beispiel im Umfeld eines Hauptbahnhofs, an einem unübersichtlichen Innenstadtplatz oder auf der Partymeile einer Großstadt.

Die Zahlen: Noch wurde nach der neuen Regel keine weitere Maßnahme angeordnet. In Düsseldorf zum Beispiel oder am Kölner Ebertplatz gab es so etwas schon vorher. Doch vorgesehen sind Videobeobachtungen demnächst auch in der Dortmunder Nordstadt, in Dortmund Dorstfeld und in der Bonner Innenstadt.

Die neue strategische Fahndung

Das Gesetz: Die Polizei darf seit einem Jahr Personen auch ohne einen konkreten Verdacht kontrollieren, sie nach ihrem Ausweis fragen und bitten, ihre Tasche oder den Kofferraum des Autos zu öffnen. Anders als bei der in vielen anderen Bundesländern möglichen anlasslosen sogenannten Schleierfahndung muss es nach der NRW-Regelung aber einen konkreten Anlass geben. Zum Beispiel eine Einbruchsserie in einer bestimmten Gegend.

Die Zahlen: Laut Innenminister Reul wurde die strategische Fahndung, für die es ebenfalls einer richterlichen Anordnung bedarf, im ersten Jahr nach der Reform 44 Mal praktiziert. Zum Beispiel gegen sogenannte „Planenschlitzer-Banden“ (die sich über Lkw hermachen) oder im Rockermilieu.

Das neue Aufenthalts- und Kontaktverbot

Das Gesetz: Nach den neuen Regeln kann terroristischen Gefährdern, Pädophilen, gewalttätigen Partnern oder Fußball-Hooligans verboten werden, sich an einem bestimmten Ort (z.B. einer salafistische Moschee, einem Kindergarten, einer Wohnung oder einem Fußballstadion) aufzuhalten oder einen bestimmten Ort (z.B. die eigene Wohnung) zu verlassen. Diese Personengruppen können außerdem zum Tragen einer „elektronischen Fußfessel“ verpflichtet werden, wenn dadurch terroristische Straftaten oder andere schwerwiegende Gefahren verhindert werden können.

Die Zahlen: Zehn Mal kam es zu solchen Aufenthalts- oder Kontaktverboten. Dabei ging es zweimal um die Verhinderung einer terroristischen Straftat, in den anderen Fällen um sonstige Abwehr einer Gefahr für Leib und Leben. In drei Fällen wurde das Tragen einer elektronischen Fußfessel angeordnet. Dabei ging es in einem Fall um einen Stalker, in den beiden anderen Fällen darum, einen Verdächtigen an der Begehung einer terroristischen Straftat zu hindern.

Das Fazit des NRW-Innenministers

Für Innenminister Herbert Reul zeigt die Zwischenbilanz nach einem Jahr, dass die Polizei die neuen Instrumente umsichtig nutze: „Der Orwellsche Überwachungsstaat, den manche schon am Horizont ausmachten, der ist Nordrhein-Westfalen bis heute nicht.“ Dafür aber sei das Land durch das neue Gesetz sicherer geworden, sagte er.

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