Verfassungsschutzbericht : Gegen Hetze: Reul fordert „Vermummungsverbot im Internet”
Düsseldorf Bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes für NRW warnte der Innenminister nicht nur vor rechter Gewalt, sondern auch der ungehinderten Verbreitung der Gedanken, die ihr zugrunde liegen. Er will, dass Menschen im Netz nur noch unter Klarnamen unterwegs sein dürfen.
Der Mordfall Walter Lübcke ist in den Augen von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) beispielhaft für eine Entwicklung, die er auch im eigenen Bundesland beobachtet: „Der Rechtsextremismus in Nordrhein-Westfalen ist gewalttätiger und vernetzter geworden.“ Die Radikalisierung gehe im Internet immer schneller voran und bilde den Nährboden solcher Taten. Er fordert deshalb „ein Vermummungsverbot im Internet“. Sprich: Menschen, die ihre Meinung kundtun, sollen das nur unter Klarnamen dürfen. Reul stellte am Mittwoch in Düsseldorf den Verfassungsschutzbericht 2018 für NRW vor.
Rechtsextremismus:
Die Zahlen sind weitgehend konstant: Die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten stieg um drei von 3764 auf 3767, die Zahl der Gewalttaten von 206 auf 217. Mit 3255 registrierten Rechtsextremisten lag die Zahl sogar unter dem Vorjahr (2017: 3280), darunter gelten 2000 als gewaltbereit. Laut Verfassungsschutzchef Burkhard Freier werden 14 Rechtsextremisten als Gefährder geführt, allerdings weitere 120 als Intensivtäter, die immer wieder Straftaten begehen.
Reul treibt vor allem das Beispiel Lübcke um. „Die Verbindungen nach Nordrhein-Westfalen werden intensiv geprüft“, versprach er. Aber es gehe ihm auch generell um Menschen wie den mutmaßlichen Täter, die glaubten, mit ihrer Gewalt „einen gerechten Kampf ums Überleben“ zu führen. „Wir müssen gegen diesen Irrsinn ein Rezept finden“, forderte der Innenminister.
Das Problem beim Rechtsextremismus liege nicht bei der Anzahl von Fällen: „Gefährlich sind nicht nur die Taten, sondern auch die Gedanken“, glaubt Reul. Die Ideologien kämen heute „geschmeidiger daher“ und seien deshalb so gefährlich. Der Minister sprach von „Hitlerjungen in Hipsterklamotten“, die in gefährlicher Weise die Demokratie zu unterwandern versuchten und letztlich Täter wie im Fall Lübcke oder den Attentäter von Christchurch antrieben: „Sie sind Mittäter. Sie säen Hass und ernten Gewalt.“
Um das Problem der Ermittler zu verdeutlichen, nannte Reul ein Beispiel: Jeden Tag würden allein auf Youtube 720.000 Stunden neuen Videomaterials hochgeladen - zehn Ermittler mit einer 40-Stunden-Woche bräuchten zur Sichtung dieses Materials 40 Jahre. „Wir müssen aufpassen, dass wir technologisch den Anschluss nicht verpassen“, warnte Reul und fordert deshalb, dass Nutzer im Internet nur noch unter ihrem Klarnamen unterwegs sein dürfen. Auch der Zugriff auf die IP-Adressen müsse erleichtert werden. Er wisse, dass dies „vermintes Gelände“ sei. Zudem seien weiterhin die Provider im Netz gefragt, Hass-Posts zu „löschen, löschen, löschen“, so Reul: „Da ist offensichtlich noch Luft nach oben.“