Streit um Polizeigesetz Neues NRW-Polizeigesetz - Warum die Kritiker nicht locker lassen

Düsseldorf · Nach monatelangem Streit soll es bald eine Entscheidung zum neuen NRW-Polizeigesetz geben. Ein Bündnis lässt gleichzeitig nicht locker. Das sind die Beweggründe der Kritiker.

 Bereits im Sommer waren Tausende Menschen auf die Straße gegangen.

Bereits im Sommer waren Tausende Menschen auf die Straße gegangen.

Foto: picture alliance/dpa/David Young

Der Landtag entscheidet am Mittwoch nach monatelangem Streit über das neue NRW-Polizeigesetz. Dabei darf Schwarz-Gelb darauf hoffen, die vor den Entschärfungen noch ablehnende SPD nun doch mit im Boot zu haben. Auf die Stimmen der Grünen können die die Regierung tragenden Fraktionen jedoch nicht zählen. Deren innenpolitische Sprecherin Verena Schäffer kritisiert, dass das Gesetz nach wie vor  unverhältnismäßige Grundrechtseingriffe vorsehe. Wie zum Beispiel, dass der Polizeigewahrsam zur Identitätsfeststellung von derzeit zwölf Stunden auf bis zu sieben Tage zu verlängert werden soll.

 Doch auch außerhalb des Parlaments verstummt die Kritik nicht. Für  Samstag haben zahlreiche Gruppen zu einer Demonstration in Düsseldorf aufgerufen. Wie schon einmal im vergangenen Juli. Damals hatten der Protest von Tausenden Demonstranten, aber auch die Bedenken von Experten in einer Anhörung im Landtag dazu beigetragen, dass das Gesetz verschoben und noch einmal nachgebessert wurde.

Doch diese Veränderungen reichen dem Bündnis „Polizeigesetz NRW stoppen“  nicht aus. Auch nach dem veränderten Gesetzentwurf dürfe die Polizei „so früh so viel wie noch nie“, sagt Bündnissprecherin Michèle Winkler.  Sie warnt vor einem Paradigmenwechsel in der Polizeiarbeit: „Es wird in Zukunft anhand von vagen Vermutungen möglich sein, Menschen zu überwachen und einzusperren.“ Der Begriff der ‚drohenden Gefahr‘ als Eingriffsvoraussetzung für polizeiliches Handeln sei nicht gestrichen worden, wie die Politik behaupte. Die Formulierung sei jetzt in Gesetzesbestimmungen zu einzelnen Maßnahmen enthalten.

Die besondere Betroffenheit von Wohnungslosen betonte bei einem Pressegespräch am Donnerstag Julia von Lindern vom  Straßenmagazin fiftyfifty: „Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße haben, sind besonders hart von der geplanten Ausweitung der Videoüberwachung betroffen.“ Dabei seien gerade sie aufgrund ihrer Lebenssituation verletzlicher, hätten kaum Ausweichmöglichkeiten und wären der Überwachung dauerhaft ausgesetzt.

Thomas Eberhardt-Köster, Anmelder der Demonstration,  dehnt den Kreis derjenigen, die durch die neuen Regelungen betroffen sind, aber viel weiter aus. Er warnt vor der oft zu hörenden Argumentation, dass sich derjenige, der sich nichts vorzuwerfen hat, nicht sorgen müsse. „Die neuen Eingriffsbefugnisse der Polizei können jeden betreffen, wenn er zur falschen Zeit am falschen Ort ist“.  CDU und FDP holten zu einem Rundumschlag gegen die eigene Bevölkerung aus, warnt er.

Im Juli zur ersten Demonstration gegen das Polizeigesetz waren weit mehr als 10 000 Teilnehmer in Düsseldorf auf die Straße gegangen. Jetzt hat Eberhardt-Köster nur 6000 angemeldet. Grund für die nicht so hoch angesetzten Erwartungen sei zum einen das schlechtere Wetter. Zum anderen verfange möglicherweise die Argumentation der Parteien, das es ja nun zu einer Abmilderung gegenüber den ursprünglichen Gesetzesplänen komme. Die Demonstrationsveranstalter hingegen sehen in den Gesetzesplänen eine „rechtsstaatliche Erosion“.

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