Stoschek Collection zeigt Rindon Johnson Der große Bluff mit Häuten und Händen

Düsseldorf · Die Julia Stoschek Collection in Oberkassel zeigt die europäische Uraufführung von Rindon Johnson.

 Künstler Rindon Johnson und Kuratorin Lisa Long in der Düsseldorfer Stoschek Collection.

Künstler Rindon Johnson und Kuratorin Lisa Long in der Düsseldorfer Stoschek Collection.

Foto: Helga Meister

Die Sammlerin und Mäzenin Julia Stoschek lebt seit langem mit ihrer kleinen Familie in Berlin. Deshalb legt sie zunächst für ein Jahr die Programmgestaltung in andere Hände. Lisa Long (30), die in Kalifornien geboren, in Köln und New York studiert hat und nun im Rheinland lebt, übernahm die Auswahl der Ausstellungen. Sie startet ihr Programm mit dem Afroamerikaner Rindon Johnson (28), der gefundene Filmstreifen und eigene Videos, Malerei und Skulptur durcheinander wirbelt. Er versucht dabei die Quadratur des Kreises, oder genauer: Er möchte die verschiedenen Realitäten unter einen Hut bringen.

Auftakt sind im schmalen Eingangsraum zwei sehr hohe Aquarien mit Rheinwasser und Serpentin-Steinen aus Simbabwe. Der Besucher kann nicht von oben in die Becken gucken, sein Blick ist in gleicher Höhe wie das Wasser. Das ist gewollt, denn neben den Becken ist eine Überwachungskamera auf die weiße Wand montiert, die den Betrachter aufnimmt und in den zweiten Raum überträgt. Dort verquickt sich das Alter Ego des Besuchers mit einem filmischen Endlos-Streifen einer von Kühen bevölkerten Szenerie. Der Trick ist bekannt, aber immer wieder neu. Kuratorin Lisa Long beschreibt ihn so: „Ich kann als Körper gleichzeitig an unterschiedlichen Orten sein. Ich kann jedoch nicht sehen, wie ich am anderen Ort bin. Das ist das Problem.“ Das will heißen: Dem Künstler geht es im Grunde um das Sehen und das Gesehen-Werden – und zwar in verschiedenen Wirklichkeitsbereichen.

Youtube, Videospiele und Programme der virtuellen Realität

Um diese Diskrepanz zwischen den verschiedenen Orten und Realitäten zu präsentieren, bedient Johnson sich verschiedener Dinge und Praktiken: Das sind erstens gefundene Video-Clips von Youtube oder aus anderen nicht näher bezeichneten Quellen. Zweitens benutzt er die Programme der virtuellen Realität oder des Videospiel-Simulators. Und drittens tauchen in seinen Szenen und Inszenierungen immer wieder Kuhhäute auf, gleichsam ein Ersatz für die Realität. Mal dienen sie als Malerei an der Wand, versehen mit Vaseline, Kaffee, Indigo, Schmutz und Farbstoffen. Mal schrumpeln sie unter der prallen Sonne von Miami und wirken nun im Ausstellungsraum wie Skulpturen. Allesamt sind es simple Dinge, mit denen er wie ein kleiner Junge spielt.

Bestes Beispiel ist ein gefundener Clip, der eine Endlosschleife eines außer Kontrolle geratenen Motorbootes zeigt. Das Boot fährt ständig im Kreis um einen Strudel herum, in den es spätestens dann stürzen wird, wenn kein Benzin mehr im Motor ist. Die Aufnahmen scheinen von einem unsichtbaren Betrachter aus der Vogelperspektive gefilmt zu sein, vermutlich von einem Helicopter. Geht man um den gläsernen Großbildschirm mit dem trudelnden Boot herum, stößt man auf reale Kuhhäute und wundert sich.

Einen richtigen Gag gibt es im dritten Raum. Setzt man sich dort eine VR-Brille auf den Kopf, rauscht man wie ein körperloses Wesen durch einen virtuellen Raum. Gleichzeitig gestikulieren vor diesem Bilderstrom zwei Hände. Wir als Betrachter meinen, das müssten unsere Hände sein. Dass sie das nicht sind, merken wir erst, wenn wir die Brille wieder abgenommen haben. Die Hände im Film bleiben virtuell, die realen Hände gehören zu uns.

Die Gefahr aller gefundenen Filmstreifen und Fotos liegt darin, dass sie an unserem Auge vorbeiziehen, ohne dass wir damit etwas anfangen können. Erst durch das wiederkehrende Motiv der Häute, als Skulpturen, Wandbilder oder Müll neben Müll im Wasserbehälter, bekommt das Rauschen einen gewissen Halt. Allzu oft geht die Bedeutung allerdings ins Leere. Es ist wie mit den Händen. Man soll das Gefühl haben, man könne sie kontrollieren, weil die filmischen Hände dort sind, wo auch unsere Hände sind. Die Hände machen jedoch, was sie wollen. Die Kombination von Reellem und Virtuellem gelingt nicht. Es ist alles nur Bluff.

Info: Ausstellung Rindon Johnson bis 26. April, Schanzenstraße 54, Hinterhof. Öffnung sonntags 11 bis 18 Uhr. Eintritt 5 Euro. Schüler bis 8 Jahre gratis. Schüler, Studenten, Rentner, Azubis, Arbeitslose mit gültigem Ausweis gleichfalls gratis.

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