Letztes Konzert vor Sommerpause Saisonfinale in der Tonhalle mit Gershwin

Düsseldorf · Die Symphoniker unter Axel Kober beschäftigten sich mit Komponisten, die sich eine „alternative“ Ästhetik entwickelt haben.

 Rund 300 Zuschauer sahen und hörten das letzte Konzert der Düsseldorfer Symphoniker vor der Sommerpause.

Rund 300 Zuschauer sahen und hörten das letzte Konzert der Düsseldorfer Symphoniker vor der Sommerpause.

Foto: Susanne Diesner

Es war das letzte Tonhallenkonzert der Saison und das bestbesuchte seit dem 10. März dieses Jahres. Auch wenn Corona-bedingt nur etwa 300 Zuhörer das weite Rund des Mendelssohn-Saales besetzten, die Zuhörerzahl wird weitaus größer gewesen sein, denn das Abschlusskonzert dieser Saison „Mit Gershwin in den Sommer“ wurde im Internet per Livestream übertragen. Es war ein denkwürdiger Abend, zum einen, weil das Hygiene-Konzept lange Warteschlangen mit maskierten Besuchern zur Folge hatte, zum anderen, weil die dargebotene Musik mit Bearbeitungen alter Musik durchaus als zeitgemäße musikalische Maskierung gedeutet werden kann.

Ottorino Resphigi und Igor Strawinsky (geboren 1879 und 1882) gehören der „Generazione dell’ottanta“, der um 1880 geborenen Komponisten-Generation an, die sich der atonal orientierten zweiten Wiener Schule eines Arnold Schönbergs und  Anton Weberns (ebenfalls dieser Generation angehörend) entgegenstellten und eine andere, konservative Musikkultur kreierten. Sie waren beide Vertreter des sogenannten „Neoklassizismus“, wendeten sich der Musik des 16. und 17. Jahrhunderts zu, mit der Absicht, die Klarheit der barocken Ästhetik zurückzugewinnen und dieser Musik einen gehörigen Schuss Gegenwart zu verpassen. „Antiche Danze ed Arie“ sind alte Tänze in Form einer Suite, die Resphigi quasi als musikalische Maskerade mit neuem Arrangement in seine Zeit holte. Ähnliches vollführt Strawinsky, wenn er seine „Pulcinella-Suite“ (1922), die auf alten Musiken von  Pergolesi, Gallos und van Wassenar  beruht, zu einem neoklassizistischen Erfolgsstück machte — voller rhythmischer und harmonischer Widerhaken. „Italiana“ und „Aria di Corte“ aus Respighis Suite Nr.3 (1932 uraufgeführt) wurden von den Düsseldorfer Symphonikern in kleiner Kammer-Besetzung mit 23 Streichern aufgeführt. Generalmusikdirektor Axel Kober führte seine Musiker zu einer für Resphigi typischen Klangästhetik, indem er einen schlanken Ton, polyphone Transparenz, feine Dynamik, aber auch einen satten homogenen Klang einforderte.

Es muss die Sehnsucht nach einer neuen (italienischen) Identität sein, die nach den verheerenden Ereignissen des ersten Weltkrieges  Resphigi leitete, die Rückbesinnung auf alte Musik zu wagen und sie in „neue Kleider“ zu stecken. Die neoklassizistische Musik ist eine Maske ihrer Zeit, um sich von der Atonalität der zweiten Wiener Schule abzugrenzen und eine neue, nationale Identität zu generieren. Respighis Musik war bei der faschistischen italienischen Regierung beliebt, er selber ließ sich aber nicht enger mit ihr ein.

Der 1898 geborene George Gershwin, dritter Komponist dieses Abends, gehört zwar nicht der „Generazione dell’ottanta“ an, hat aber auf seine Weise in den Zwanziger Jahren eine neue „alternative“ Ästhetik kreiert, indem er Blues-, Rag- und Jazz-Elemente mit klassischer Musik verknüpfte und als Oper in die Opernhäuser brachte. In „Porgy & Bess“ wird das Leben von Afroamerikanern geschildert, entsprechend war seine Forderung, dass die Rollen von Schwarzen gesungen werden sollten, eine bahnbrechende Forderung seiner Zeit.

In diesem Konzert kamen Auszüge dieser Oper im Arrangement für Blechbläser (David Purser) sowie ein Arrangement von „Ein Amerikaner in Paris“ (Daniel Guyot) zur Aufführung. Elf Blechbläser beeindruckten in „Porgy & Bess“ durch feinsten Wohlklang: Präzision im Zusammenspiel, saubere Anblastechnik und geschmeidige Melodiegestaltung. Das um vier  Percussionisten erweiterte Ensemble entfaltete dann in „Ein Amerikaner in Paris“ mit Imitationen von Autohupen, Straßenverkehrslärm, Straßenschlagern der Zwanziger Jahre einen musikalischen Spaß, der das begeisterte Publikum zu langanhaltendem Applaus animierte. Große Anerkennung für Axel Kobers Dirigat, der mit besonnener Gestik und intensiver Klanggestaltung immer den richtigen Sound kreierte.

Und schließlich Gratulation an den Bratschisten Markus Münchmeyer, der seine Musikerlaufbahn bei den Düsys mit diesem Konzert beendet hat und mit einem Blumenstrauß verabschiedet wurde.

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