Glauben Dominikaner wollen Single-Gottesdienste einführen

Düsseldorf · Als die Kirchen geschlossen waren, gingen die Dominikaner neue Wege, um die Gläubigen zu erreichen.

 Pater Elias der Dominikaner-Mönche in der Kirche St. Antonius.

Pater Elias der Dominikaner-Mönche in der Kirche St. Antonius.

Foto: Zanin, Melanie (MZ)

In der Zeit, als die Kirchen wegen Corona komplett geschlossen waren, gingen die Dominikaner-Mönche in Düsseldorf völlig neue Wege, um die Gläubigen zu erreichen. Weil aber auch viele Mönche aufgrund ihres hohen Alters zur Risikogruppe gehören, verzichtete der Orden auf persönliche Kontakte und verschickte in regelmäßigen Abständen Videos von Gebeten, Liedern und Gedanken zum Tag per Mail oder stellte sie auf seine Internetseite. Auch die beliebte Fahrradsegnung wurde als Stream übertragen. Über Ostern wurde gar der Lieferdienst „Palmerando“ ins Leben gerufen. „Wir haben den Menschen eine Osterkerze, Palmzweige und eine Karte mit einem Ostergruß vor die Tür gestellt. Das kam super an, wir haben über 800 Kerzen verteilt“, erklärt Pater Elias.

Die nächste Herausforderung war, die Kirche einzurichten, als die Corona-Schutzverordnung Gottesdienste mit gedrosselter Besucherzahl wieder zuließ. Allerdings können nun anstatt 350 Menschen nur 40 Kirchenbesucher plus Begleitung den Gottesdiensten beiwohnen. Auf der Empore haben noch einmal zwölf Leute Platz. Alle Sitzplätze sind markiert. Die Sonntagsgottesdienste kann man nur mit Voranmeldung besuchen. „Dementsprechend weniger kommt auch bei der Kollekte ins Körbchen“, sagt Pater Elias.

Die Situation in der Altstadt bereitet Pater Elias Sorge

Viel mehr Sorge bereitet ihm die Situation der Wirte in der Altstadt. „Das werden sicherlich viele Betriebe nicht überleben. Wir müssen in dieser Situation auch einmal darüber nachdenken, ob wir nicht vielleicht dafür mehr Wohnraum in der Stadt schaffen. Allerdings bezahlbaren Wohnraum, nicht nur im der Luxussegment. Diese Diskussion fehlt mir völlig.“

Der Prior der Dominikaner macht sich auch Gedanken, warum sich immer mehr Menschen von der Kirche abwenden. Einen Grund sieht der Pater im Umgang der Kirche mit den Missbrauchsfällen. „Anfangs war es ein schambesetztes Thema und die Angst herrschte vor, dass die Heilige Kirche beschmutzt wird. Da war ein dringender Mentalitätswechsel nötig, der inzwischen auch größtenteils vollzogen ist.“ Die Bistümer versuchen laut Pater Elias immer mehr, sich ihrer Verantwortung bewusst zu werden, diese Vorgänge aufzuarbeiten. Aber weil die Kirche immer mit einem hohen moralischen Anspruch auftrete, sei die Fallhöhe natürlich besonders hoch. „Aber Vertuschung ist das größere Problem.“

Die Kritik, dass Gottesdienste zu häufig keinen aktuellen Bezug haben, kann der Pater aber nicht teilen: „Die Predigt ist immer auch Bibelauslegung, bei der aktuelle und soziale Themen eine Rolle spielen. Aber die Bedürfnisse der Gläubigen zu befriedigen, bedeutet auch immer einen Spagat hinzulegen, weil die immer sehr unterschiedlich sind. Da kann man es nicht allen Recht machen. Aber nach den Gottesdiensten sind wir immer für Jedermann ansprechbar.“

Es stellt sich für ihn die Frage, ob Kirchen überhaupt noch systemrelevant sind. „Immer mehr Menschen sagen Nein. Aber wir dürfen uns nicht nur auf das theologische Personal reduzieren lassen. Wir müssen uns deutlich mehr im Alltag zeigen.“

Dazu gehören die Tier- und die Fahrradsegnung. Aber auch die Nacht der Liebenden, bei der über Beziehungen, den lieben Gott und eine gute Streitkultur gesprochen wird. Kerzen, Weihrauch und Musik gehören aber auch dazu. „Das Angebot richtet sich nicht nur an Paare, sondern an Liebende allgemein. Egal ob verheiratet, geschieden oder homosexuell.“ Denn Pater Elias ist der Meinung, dass die Kirche sich nicht so sehr mit Verboten beschäftigen und mit dem erhobenen Zeigefinger arbeiten sollte. Denn leider hätte die Kirche oft ein negatives Bild von Singles.

Und weil man in der Kirche meist nur Kinder, Familien und Senioren sieht, aber das mittlere Alter zwischen 30 und 50 Jahren fast gar nicht vorkommt, hat der Pater für Kirchenverhältnisse eine beinahe schon revolutionäre Idee – den Single-Gottesdienst. „Düsseldorf hat in Deutschland eine der höchsten Quoten bei den Single-Haushalten. Dazu kommt, dass viele Menschen beruflich nach Düsseldorf kommen und keine Freunde in der Stadt haben. Denen wollen wir helfen. Wir haben diese Gottesdienste schon lange geplant, aber Corona hat uns leider einen Strich durch die Rechnung gemacht.“ Sobald es möglich ist, soll es losgehen.

Der Gottesdienst soll auch völlig anders aussehen. Meditativer, mit Gesprächen und vielleicht auch einem Glas Bier, Wein und Käse. „Und die Musik soll auch sehr modern sein, es kann auch aktuelle Pop-Musik laufen.“ Offiziell handelt es sich selbstverständlich um keinen Kuppel-Gottesdienst, aber Pater Elias sagt mit einem verschmitzten Lächeln: „Wenn sich dabei zwei Menschen finden und eine Liebesbeziehung beginnen, dann habe ich natürlich auch nichts dagegen. Aber an erster Stelle soll es keine Partnerbörse werden.“

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