Meinung Bafög-Reform - Im Geist der Knauserigkeit

Meinung · Das Bafög ist die Leiter der Chancengerechtigkeit. Wenn sie immer weniger Menschen nutzen können, bedeutet das nichts anders als eine Verfestigung sozialer Unterschiede.

 Werner Kolhoff.

Werner Kolhoff.

Foto: k r o h n f o t o . d e

Immer weniger junge Menschen bekommen Bafög. In den letzten vier Jahren sank die Zahl um 180.000. Unter anderem, weil viele Eltern mit steigenden Löhnen die sehr niedrigen Einkommensgrenzen überschritten.

Die Kompliziertheit der Antragstellung und der Darlehensanteil dürften ebenfalls zu der Entwicklung beigetragen haben. Das Bafög ist die Leiter der Chancengerechtigkeit. Wenn sie immer weniger Menschen nutzen können, bedeutet das nichts anders als eine Verfestigung sozialer Unterschiede.

Die am Mittwoch vom Kabinett beschlossene Reform hilft dem in Teilbereichen ab. Aber nur halbherzig und lückenhaft. Die neuen Fördersätze sind hoch genug. Aber warum werden sie nicht jedes Jahr mit der Inflation angepasst? Der Wohnzuschlag wird angehoben. Aber 325 Euro maximal reichen in vielen Universitätsstädten nicht für ein Zimmer. Die Freibeträge der Eltern werden um 16 Prozent erhöht. Aber die Basis ist so niedrig, dass Kinder von vielen Normalverdienern weiter kein oder nur ein reduziertes Bafög bekommen. Familien, bei denen am Monatsende oft nichts übrig ist.

Warum dürfen Bafög-Studenten sich nicht irren bei der Studienwahl und auch nach mehr als vier Semestern noch einmal wechseln? Warum verzichtet man nicht ganz auf die Rückzahlung des Darlehensanteils, sondern nur auf die Zinsen? Bafög-Studenten sind später keine reichen Erben. Sondern sitzen durch den Darlehensanteil zu Beginn ihres Berufslebens gleich auf Schulden.

Es sind viele gute Ansätze in dem Reformwerk. Aber immer nur Ansätze. Dabei wäre gerade hier ein Geist der Großzügigkeit angesagt, so etwas wie eine zeitlich begrenzte bedingungslose Grundsicherung fürs Studieren. Als Bildungsansporn und um die soziale Kluft wenigstens für die nächste Generation ein wenig zu schließen. Doch der Geist der Knauserigkeit und des bürokratischen Misstrauens gegenüber den Antragstellern behält die Oberhand.

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